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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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hinschaust und du findest Kleinigkeiten wie ein Lächeln, das dich an ihre Mutter erinnert, an diese Frau, die du irgendwann einmal in einem wackeligen Hochbett geliebt hast, dann willst du deine Tochter in den Arm nehmen und heulen, weil dieses Gefühl verschüttgegangen ist und nie zurückkommen kann. Aber das darfst du nicht. Auch wenn du sie gezeugt hast, sie ist dir fremd. Beschissene zwanzig Jahre stehen zwischen euch.
    »Wieso hast du das getan?«, fragte Lena. »Es ist völlig unvernünftig!«
    »Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber vernünftig war ich noch nie.« Was sollte Frankie anderes sagen? Rein pädagogisch gab er einen hundsmiserablen Vater ab. Hoffentlich nahmLena ihn sich niemals zum Vorbild. Da sollte sie lieber auf ihre Mutter zurückgreifen, die hatte alles! »Hüffart stand da am Wegesrand und ist freiwillig eingestiegen, das schwöre ich!«
    »Aber er ist dement, Frankie! Einen Menschen wie ihn darf man nicht entführen, der braucht ärztliche Hilfe. Seine Frau hat ihm regelmäßig Tabletten verabreicht.«
    »Seine Frau ist eine Schlange!«
    Lena schaute sich noch einmal ängstlich um. Dabei könnte sie cool bleiben, schon von hier aus, nur wenige Meter vom Höhleneingang entfernt, konnte man die Stelle nicht mehr sehen, an der Frankie den alten Mann gestern gebettet hatte. Der hatte es auch bequem mit den zwei üppigen Daunenjacken, die im Kofferraum des Autos gelegen hatten. Die rochen zwar gelinde gesagt auch etwas unangenehm nach Kotze, waren aber weich und mollig. So schlimm konnte es wirklich nicht sein, Hüffart schlief schon seit mehr als acht Stunden eingerollt wie ein kleines Baby.
    Die Höhle war ein super Versteck. Sie befand sich in der Nähe eines Lavafeldes, das täglich unzählige Touristenströme anzog, die sich mal wieder die Finger wund knipsten, weil die braunschwarzen Haufen wie Ruinen oder Kathedralen aussahen, schön gruselig. Doch dieses Loch hier war weit genug entfernt und befand sich unter einem Gesteinsbrocken, der eher wie ein gewaltiger Kuhfladen wirkte. Wer wollte davon schon einen Erinnerungsschnappschuss?
    Drinnen war es sogar fast warm  – in diesem Land war es immer an den ungewöhnlichsten Stellen heißer oder kälter als erwartet.
    Sie hatten gestern den Tank fast leer gefahren, waren dann von der Straße abgebogen und hatten diesen Ort gefunden. Das Tolle an Island war, dass es genügend Orte zum Untertauchen gab. So viel Landschaft für so wenige Menschen, und dann tummelten sich die Leute auch immer nur an einigen Stellen, weilim Reiseführer stand, dass es dort am schönsten sei. Einen Kilometer weiter war man schon wieder absolut für sich, hatte eine Höhle mit Naturheizung, einen geilen Blick auf bizarre Felsen und paradiesische Ruhe.
    Hüffart, der den ganzen Tag über so gut wie gar nichts gesagt hatte – bis auf jede Menge schlaue Sprüche über diverse Wasservögel, die ihnen während der Fahrt begegneten –, war völlig erschöpft eingeschlafen und Frankie hatte sich auf die Suche nach einer Telefonzelle gemacht, die noch mit Münzen funktionierte, nicht nur mit einer scheiß Kreditkarte, die er nicht besaß und bestimmt auch nie besitzen würde. Nur Lena wusste, wo er steckte. Und heute Morgen war sie gleich zu ihm gekommen.
    Die Begrüßung war eher nüchtern ausgefallen. Es war erst das zweite Mal, dass sie sich gegenüberstanden. Beim ersten Mal hatte sich ein strenger Justizbeamter knapp zwei Meter daneben postiert. Hallo, ich bin deine Tochter Lena, hatte sie damals gesagt und ihn damit dermaßen von den Socken gerissen, dass er sein Gleichgewicht bis heute, ein Jahr später, noch nicht wiedererlangt hatte.
    Entsprechend hilflos fühlte er sich jetzt.
    Sie hatte heißen Tee in der Thermoskanne mitgebracht, schenkte etwas in die Deckeltasse und reichte sie ihm. »Was sollen wir denn bloß machen? Die suchen jetzt alle nach Hüffart.«
    »Du wolltest doch Aufmerksamkeit, oder nicht?«
    »So habe ich das aber nicht gemeint. Wir hatten einen anderen Plan, was mit Hüffart geschehen und wann die Öffentlichkeit etwas mitbekommen soll.«
    »Das heißt, Hüffart sollte ohnehin verschwinden?«
    »Nicht direkt. Wir wollten ihn sozusagen in unsere Obhut nehmen, weniger um ihm zu schaden, dazu ist er zu alt und gebrechlich, man sollte uns da nichts vorwerfen können.«
    » Entführung light sozusagen?« Frankie konnte darüber nur bitter lachen.
    »Wir hatten ein paar Sachen geplant, die an die Geschichte von damals erinnern

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