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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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umgerechnet fünf oder sechs Euro die Flasche.«
    »Finden Sie das nicht reichlich kleinkariert?«
    »Vielleicht.« Sie musste bei ihrer These bleiben, auch wenn sie damit das Bild, das Lena sich von ihrer unbekannten Mutter gemacht hatte, zerstörte. Es war ein falsches Bild. Es hatte nichtsmit der wirklichen Doro zu tun. »Fragen wir doch Karl Hüffart selbst, er wird ja schließlich am Rande erwähnt.«
    Lena lachte bitter. »Frau Tydmers, Sie wissen genau wie ich, dass er so gut wie alles vergessen hat.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte Wencke und wandte sich an Hüffart, der sich inzwischen erschöpft auf einem der Holzstühle niedergelassen hatte und schwer zu atmen schien. »Herr Dr. Hüffart?« Tatsächlich horchte der alte Mann auf. »Erinnern Sie sich noch an den Tag, an dem Ihr Sohn verschwunden ist?«
    Hüffart hustete, blinzelte gegen die Sonne an, die auf sein Gesicht fiel. Er lächelte. Doch er schwieg.
    »Bitte versuchen Sie, sich zu konzentrieren. Was haben Sie mit Jan an Ihrem allerletzten Tag unternommen?«
    Hüffart zuckte mit den Schultern.
    »Sie wissen doch noch so viel von ihm, Sie wollten mit ihm spielen gehen hier in Island. Das haben Sie im Flugzeug gesagt. Was haben Sie mit ihm gespielt, bevor er verschwunden ist?«
    »Welcher Vogel!«, sagte er langsam und deutlich. Es machte leider überhaupt keinen Sinn.
    Lena rollte mit den Augen. »Ich habe es doch gesagt: Hüffart ist nicht mehr in der Lage, etwas zu erzählen, was Sie für Ihre konfuse Theorie verwenden könnten.«
    »Ich glaube, ich weiß, was er meint«, sagte Götze. »Vielleicht hat er seinem Sohn erklärt, welcher Vogel gerade singt oder in der Gegend herumfliegt. Das macht er nämlich ständig, damit hat er mich die letzten Stunden schon tierisch genervt. Scheint so was wie ein Hobby von ihm zu sein.«
    Wencke näherte sich Hüffart behutsam und ging vor ihm in die Hocke. »Haben Sie Jan etwas über Vögel beigebracht?«
    Er nickte. »Welcher Vogel!«
    »Und welcher Vogel hat an dem Tag gesungen, als Sie das letzte Mal mit Ihrem Sohn zusammen gewesen sind?«
    »Ein Pirol!«, kam es wie aus der Pistole geschossen. Kein Zweifel, das konnte Hüffart sich nicht so schnell ausgedacht haben.
    »In diesem Brief steht, dass Sie mit Jan Drachen steigen ließen. Können Sie sich daran erinnern?«, fragte Wencke.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ganz sicher?«
    Er nickte.
    »Was soll das schon groß beweisen!« Lena nahm Wencke den Brief aus der Hand und formte ihn zu einem festen Ball, den sie gleich darauf fortschleuderte. »Nichts, gar nichts! Sie stellen sich hier hin und wollen mir weismachen, dass mir jemand seitenweise gefälschte Notizen meiner Mutter untergejubelt hat. Doch die Frage nach dem Warum lassen Sie unbeantwortet.«
    Hier musste Wencke tatsächlich passen. »Ich kann da bestenfalls etwas vermuten!«
    »Ach, und stellen Sie sich vor: Diese tolle Vermutung höre ich mir ganz bestimmt nicht mehr an!« Lena schnappte sich ihre Tasche und zog die Autoschlüssel heraus. Es sah aus, als würde sie gleich explodieren  – tatsächlich, sie glich in diesem Moment ihrem Vater bis in die elektrisiert aufgestellten Haarspitzen! Wenn es bislang an verwandtschaftlicher Ähnlichkeit gemangelt hatte: Jetzt war der gemeinsame Hang zum cholerischen Ausbruch unverkennbar.
    »Warte bitte, Lena. Ein Kollege wird mir schon sehr bald einen weiteren Beweis per MMS schicken: Ich habe ihn zu Doros Eltern geschickt mit der Bitte, uns eine Handschriftenprobe ihrer Tochter zukommen zu lassen …« Wencke zeigte auf das Handydisplay. Leider war noch keine Rückmeldung von Boris eingetroffen. Aber bald, hoffentlich! »Wir haben Grafologen,die für das LKA arbeiten, die können eine Handschrift fast so sicher einem Menschen zuordnen wie einen Fingerabdruck. Dann wissen wir, ob die Briefe von deiner Mutter geschrieben wurden oder nicht!«
    »Ich scheiß auf Ihre tollen Beweise!« Lena trat mit einer schnellen Bewegung auf Wencke zu, griff sich das Telefon – und warf es dorthin, wo gerade eben noch der Papierball gelandet war: auf den steinharten Boden des isländischen Hochlandes. Plastikteile sprangen in alle Richtungen, das Gerät war auf jeden Fall hinüber. »Wir fahren jetzt!«
    Hüffart und Götze sahen beide aus, als würden sie lieber bleiben, wo sie waren. Das war verständlich, kein klar denkender Mensch würde sich jetzt freiwillig mit einer brandgefährlichen Person wie Lena in einen klapprigen Twingo setzen und hinaus in die

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