Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
Mann so schnell so viel lernen sehen. Er ist mutig, wenn nicht sogar verwegen, wird nicht müde und übt alles so lange, bis er es ganz und gar beherrscht. Bereits jetzt hat er sich großes Ansehen bei den Soldaten erworben; wenn es so weit ist, werden sie ihn als ihren Herrn achten.«
»Bilde ihn weiter aus, Phanes. Und bleibe unnachgiebig.«
»Ihr könnt Euch auf mich verlassen, Majestät.«
Amasis begab sich zu seiner Frau, die gerade mit den Vorbereitungen für ein großes Festmahl beschäftigt war, zu dem alle wichtigen Offiziere geladen waren. Ein ermüdendes und langweiliges Abendessen, das der Pharao aber für unumgänglich hielt.
»Ich habe sehr gute Neuigkeiten, meine Liebe! Unser Sohn entwickelt sich zu einem richtigen Feldherrn und wird die Zwei Länder zu verteidigen wissen. Wir können stolz auf ihn sein.«
Tanit lächelte traurig.
»Bringt Ihr ihm auch bei, wie man das Land vernünftig verwaltet?«
»Das werde ich übernehmen, sobald es an der Zeit ist«, versprach der Pharao. »Heute Abend wollen wir die Tapferen ehren und sie dazu ermutigen, wachsam zu bleiben.«
»Ist Psammetich auch dabei?«
»Selbstverständlich. Ich werde meine letzte Sitzung am Vormittag kurz halten, dann können wir vor dem Mittagessen noch einen kleinen Ausflug mit dem Boot machen.«
Amasis eilte in sein Arbeitszimmer, wo ihn bereits Siegelbewahrer Udja und Henat erwarteten. Ihre Miene verhieß nichts Gutes.
»Fasst euch kurz«, verlangte der König. »Meine Zeit ist kostbar, und ich möchte mich noch etwas an der frischen Luft erholen.«
»Richter Gem hat in Theben alle zur Verfügung stehenden Wachleute aufgeboten«, sagte der Siegelbewahrer. »Er ist überzeugt, dass sich Kel dort versteckt.«
»Mag sein, aber das kümmert mich nicht mehr. Nachdem der Verräter Pef beseitigt ist, sind die Verschwörer zur Untätigkeit verurteilt. Das Einzige, was sie jetzt noch anrichten können, ist, meinen Helm zu zerstören. Aber der Richter soll meinetwegen weitermachen: Solange er Theben bewacht, gibt es dort jedenfalls keinerlei Widerstand. Und die nächste Gottesdienerin wird uns keinen Ärger machen. Ist Freund Krösus bereits auf dem Weg zu uns?«
»Seine Ankunft verzögert sich«, antwortete Henat.
Amasis wirkte verärgert.
»Weiß man warum?«
»Einem unserer Kundschafter zufolge, der jetzt als Übersetzer arbeitet, reist er zuerst nach Samos, um sich dort mit Polykarpes zu treffen. Meines Wissens ist er kein Verbündeter, auf den wir uns verlassen können.«
»Da täuschst du dich, Henat! Wie ganz Griechenland bewundert auch er Ägypten und ist mir ein treuer Helfer. Außerdem ist er mehr als froh, dass er uns mit Söldnern versorgen darf und dafür an unserem Reichtum teilhat. Wir schreiben ihm jetzt einen herzlichen Brief und lassen Krösus ausrichten, dass wir ihn so bald wie möglich bei uns empfangen möchten.«
Weil Amasis es eilig hatte, zur Königin zu gehen und gemeinsam mit ihr ein paar köstliche Stunden auf dem Wasser zu verbringen, verabschiedete er sich von seinen Beratern.
Die Stadt lag in tiefem Schlaf.
Nur der Anführer der Verschwörer betrachtete den nächtlichen Himmel und dachte daran, dass sein Vorhaben unerbittlich vorankam. Der letzte Schritt stand unmittelbar bevor. Noch hätte er den Lauf des Schicksals ändern und sich mit den Gegebenheiten abfinden können.
Aber er stand jetzt so kurz vor dem Erfolg und dem Sieg, den ihm keiner mehr abspenstig machen konnte. Die Überraschung würde gewaltig sein, die Gegenmaßnahmen lächerlich. Und sollte sich bei einigen Leichtsinnigen doch Widerstand regen, würden sie ihn mit dem Leben bezahlen.
Ein Hindernis gab es aber noch … Deshalb musste sich der Anführer der Verschwörer jetzt sehr überzeugend zeigen und alles in Bewegung setzen, um auch noch den letzten Zauderer für seine Sache zu gewinnen.
Sollte ihm das nicht gelingen, liefe trotzdem alles wie vorgesehen.
In äußerst schlechter Stimmung machte sich Richter Gem auf den Weg in den Palast des Haushofmeisters. Sein letztes Gespräch mit Henats wichtigstem Verbindungsmann in Theben hatte nichts ergeben. Dieser unfähige Kerl lebte sorglos dahin, da er ja ein gutes Gehalt bekam, und verlangte auch von seinen Untergebenen keinerlei Anstrengungen. Auf ihn konnte man nicht zählen, wenn man die Spur des flüchtigen Mörders und seiner Bande wiederfinden wollte.
Der Diener des Haushofmeisters empfing den Richter.
»Geh deinen Herrn holen.«
»Er ruht sich gerade ein wenig aus
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