Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
Gem, ich bin gekommen, um Neuigkeiten über das Verschwinden der Priesterin Nitis zu erfahren.«
»Das Gesetz verbietet mir, Euch diese Frage zu beantworten.«
»Sie war meine wichtigste Mitarbeiterin, und ihr Fehlen bereitet mir ernsthafte Sorgen.«
»Vergesst sie am besten, Menk.«
»Soll das etwa heißen, sie ist …«
»Nein, Nitis wurde nicht entführt – sie ist geflohen.«
»Geflohen! Aber warum denn?«
»Diese Priesterin ist kein Opfer, sondern die Helfershelferin eines Mörders. Und ich werde alle beide festnehmen. Deshalb noch mal mein Rat: Vergesst sie.«
Menk war leichenblass und hätte sich beinahe übergeben. Als er von Bord ging, wäre er fast gefallen.
Also hatte der Schreiber Kel Nitis gezwungen, ihm zu folgen. War sie verliebt in einen Mörder? Nein, ausgeschlossen! Und angesichts eines derartigen Unglücks konnte er nicht untätig bleiben. Da dem betagten Richter durch die Gesetze die Hände gebunden waren und es ihm nicht gelang, das Ungeheuer zu finden, musste man eben anders vorgehen.
Menk begab sich zum Palast und bat um eine Unterredung mit Henat, der ebenfalls dabei war, Sais zu verlassen.
»Ich habe keine Zeit, lieber Freund«, bedauerte Henat. »Was macht Ihr denn für ein trauriges Gesicht? Seid Ihr etwa krank?«
»Nitis soll mit Kel geflohen sein.«
Henat wirkte verlegen.
»Das sagt Richter Gem, habe ich recht?«
»Dieses Ungeheuer hat sie gezwungen, ihm zu folgen.«
»Möglich.«
»Mit Sicherheit! Der Richter täuscht sich, und sein Eingreifen könnte verheerende Folgen haben. Nitis könnte verletzt oder sogar getötet werden. Das muss ich unbedingt verhindern.«
»Wie wollt Ihr das anstellen?«
»Ich habe doch schon für Euch gearbeitet«, sagte Menk, »und den inzwischen verstorbenen Hohepriester der Neith beobachtet. Gebt mir einen neuen Auftrag: Nitis finden und befreien. Ich brauche nur ein paar erfahrene Söldner, ein schnelles Schiff und einen Hinweis, wo ich mit meiner Suche beginnen soll. Alles andere kann ich selbst bewältigen. Wenn jemand nach mir fragen sollte, bin ich krank. Meine Gehilfen werden die Arbeit für mich erledigen, und die neuen Tempelleiter sind ohnehin für die Ausrichtung der bevorstehenden Feste verantwortlich.«
»Ich kann Euch doch nicht einfach so zu meinem Mitarbeiter machen … Das halte ich für äußerst heikel.«
»Nitis soll meine Frau werden«, gestand Menk. »Versteht Ihr jetzt, dass ich zu allem entschlossen bin?«
Henat nickte.
»Ich bewundere Euren Mut, Menk. Sollte ich einverstanden sein, versprecht Ihr mir dann, sehr vorsichtig zu sein? Der Schreiber Kel ist ein gefährlicher Verbrecher.«
»Ich verspreche es.«
»Der Mörder hat Memphis Richtung Süden verlassen«, sagte Henat. »Er versucht vermutlich, nach Theben zu gelangen und die Gottesdienerin für seine Sache zu gewinnen; und er wird wohl einen Aufstand in Nubien anzetteln. Es ist äußerst schwierig, ihn ausfindig zu machen, aber vielleicht habt Ihr ja Glück. Falls Ihr ihn finden solltet, begnügt Euch damit, die entsprechenden Hinweise den Behörden zu melden.«
»Einverstanden.«
»Mein Sekretär kümmert sich um alles Erforderliche. Noch heute Abend wird alles bereit sein.«
»Ich danke Euch, Henat. Und ich werde mich dieses Auftrags würdig erweisen.«
»Das hoffe ich.«
Menk erwähnte allerdings nicht, dass er in Wahrheit nur ein Ziel hatte: den Schreiber Kel zu töten und Nitis zu befreien, um sie auf der Stelle zu heiraten.
Aber Henat war sich der wahren Beweggründe seines neuen Untergebenen durchaus bewusst. Und im Übrigen – vielleicht hatte er ja Anfängerglück.
23
A ber so schnell gab Bebon nicht klein bei. Hartnäckigen Gerüchten zufolge wachten angriffslustige Gesellen über Sakkara und die Seelenruhe von Pharao Djoser, dessen Stufenpyramide – Sinnbild einer Treppe, die Himmel und Erde miteinander verbindet – die Nekropole beherrschte. Kein Mensch wagte sich dort hin.
»Du als kluger Schreiber solltest eigentlich wirklich wissen, wie gefährlich das ist«, sagte er zu seinem Freund. »Die Mächte des Jenseits sind um uns, und wir sind nur zwei arme kleine Menschen, die dagegen nicht ankämpfen können.«
»Hast du etwa Angst?«
»Nein, natürlich nicht! Ich erinnere nur an den klugen Menschenverstand.«
»Bestimmt beschwören wir nicht den Zorn der Götter herauf, wenn wir Nitis befreien. Ohne deren Hilfe hätten wir die Wahrheit nie erfahren. Warum sollten sie uns jetzt aufgeben?«
Der Schauspieler hatte keine
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