Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
weiterleiten.
Alles Übrige ging ihn nichts an.
Als der Anführer der Verschwörer von der Befreiung von Nitis erfuhr, konnte er nicht umhin, so etwas wie Bewunderung für den Schreiber Kel zu empfinden. Kel war wirklich ein außergewöhnlicher Mann, dessen heftige Leidenschaft ihn Berge versetzen ließ.
Dabei hätte er sich nach dem, was man über ihn in Erfahrung gebracht hatte, wie ein ängstlicher kleiner Beamter benehmen sollen, der zu keiner eigenen Entscheidung fähig und leichte Beute war. Dieser Kampf hatte ihn aber in ein Raubtier verwandelt – lauernd und angriffslustig zugleich. Den Wachmannschaften zu entkommen und Nitis zu finden, um sie zu befreien, waren zwei erstaunliche Erfolge. Der Anführer der Verschwörer hätte Kel gern in seinen Diensten gehabt, wäre er doch bestimmt zu weiteren großen Taten fähig.
Zu spät. So wie die Dinge lagen, mussten Kel und Nitis jetzt irgendwie beseitigt werden. Einem der Verfolger, die er auf sie angesetzt hatte, würde das früher oder später auch gelingen.
Ob es Helfershelfer gab? Es sah ganz danach aus. An erster Stelle war da der frühere Hohepriester der Neith, der zum Glück mittlerweile verstorben war; er hatte offensichtlich mehrere Male eine Verbindung zwischen seiner Schülerin Nitis und Kel hergestellt. Das hieß, dass die Tempel den Flüchtigen vermutlich als Unterschlupf dienten und deshalb besonders streng überwacht werden mussten.
Und dann Theben und die Gottesdienerin: unerreichbare Ziele! Der Verschwörer verabscheute diese Stadt voller Tempel und diese alte Priesterin, die beinahe den Rang eines Pharaos besaß und sich dem Dienst an den Göttern verschrieben hatte. Das Volk war so einfältig, sie weiterhin zu verehren, weil es an ihre magischen Kräfte und ihre angebliche Fähigkeit glaubte, Unheil abwenden zu können! So viel Aberglaube war unerträglich, und sein entschlossenes Handeln würde damit aufräumen.
Ägypten hatte etwas Besseres verdient. Und diese Entwicklung würde der Schreiber Kel auch mit seinem Mut und seinem Glück nicht aufhalten können.
Gute Reise, der größte Hafen in Memphis, glich einem Ameisenhaufen. Schiffe wurden beladen und entladen, legten an und liefen aus, man suchte nach der besten Anlegestelle und überprüfte, ob an den Booten alles in Ordnung war, es wurde gehandelt, auf die übertriebenen Sicherheitsmaßnahmen geschimpft und über die Preise für Schiffspassagen gestritten. Und es gab immer mehr Griechen, die sich als ernst zu nehmende Geschäftsleute erwiesen.
Bebon mischte sich unter die Schaulustigen und entdeckte bald die Wachleute, die mit Pavianen auf Streife gingen, die Diebe dingfest machten, indem sie ihnen in die Waden bissen. Anschließend wurden die Täter ins Hauptgefängnis gebracht und zu harten Strafen verurteilt.
Schlecht rasiert und wie ein Mann in Trauer mit einem einfachen syrischen Umhang und billigen Sandalen gekleidet, sah Bebon aus wie die meisten Memphiter, weder arm noch reich und immer auf der Suche nach einem guten Geschäft.
Seit der beeindruckenden Anzahl an Wachtruppen, die Richter Gem aufgeboten hatte, verhielten sich die Übeltäter aus Angst vor Verhaftung unauffällig. Ladenbesitzer und fliegende Händler begrüßten diesen Zustand sehr, weil dadurch ihr Geschäft blühte.
Am Landesteg eines stattlichen Handelsschiffs standen fünf Soldaten und ein Offizier. Mit gesenktem Kopf ging Bebon langsam auf sie zu.
»Ich möchte einen Verantwortlichen sprechen«, sagte er zu dem Offizier.
»Verantwortlich wofür?«, fragte der.
»Für die Sicherheit unseres Landes.«
»Lass mich in Ruhe, mein Freund. Wir haben viel zu tun.«
»Es ist wirklich sehr wichtig. Hört mich an, Ihr werdet es nicht bereuen.«
Der Offizier seufzte.
»Hat dich deine Frau verlassen? Oder hast du deine Arbeit verloren? Kein Grund zum Verzweifeln, das kommt schon wieder in Ordnung.«
»Ich verfüge über Neuigkeiten, die der Pharao erfahren sollte.«
Jetzt lächelte der Offizier.
»Mir scheint, du bist übermüdet, guter Mann. Jetzt ist es auch gerade Zeit für ein Nachmittagsschläfchen.«
»Kel, der Mörder, wollt Ihr etwas über ihn wissen?«
Das Lächeln erstarb.
»Solche schlechten Scherze kann ich nicht ausstehen.«
»Ich will wissen, wie hoch die Belohnung ist.«
»Rühr dich nicht von der Stelle. Ich bin gleich wieder da.«
Wie alle anderen Soldaten auch hatte der Offizier den Befehl erhalten, sämtlichen Hinweisen nachzugehen – seien sie auch noch so
Weitere Kostenlose Bücher