Göttergetöse
gesichtet worden waren. Dort, wo der Kampf am wütendsten getobt hatte, lag immer noch Schnee. Es gab Augenzeugen, die berichteten, sie hätten gedacht, das Ende der Welt sei nah. Andere waren davon überzeugt, daß TunFaire für seine Verderbtheit bestraft würde. Und natürlich machten sich eine Vielzahl von kleinen Halunken diesen Glücksfall zunutze.
Was nur die Richtigkeit des Spruches beweist: Was dem einen seine Eule, ist dem anderen seine Nachtigall.
Ich kam wieder zu Atem und schlich auf Zehenspitzen zu der Stelle, wo Adeth gestanden hatte. Aber ich hatte Pech, was allerdings auch daran liegen konnte, daß die Menschenmenge so dicht war.
Der Gottverdammte Papagei tauchte aus dem Nichts auf, landete auf meiner Schulter und erschreckte mich. Einige Leute in meiner Nähe zuckten ebenfalls zusammen. Er erschreckte sie noch mehr, als er krächzte: »Warum stehst du hier blöd rum?«
»Ich kann sie nicht sehen.«
»Sie hat sich keinen Zentimeter bewegt. Mach weiter. Ich brauche ein freies Gehirn, um mit Miss Winger fertigzuwerden.«
Ein langer, dünner Typ mit einer typischen Gaunervisage beäugte den Vogel. »Wieviel willst du für die Krähe?« sagte er.
»Ha! Komm mit, guter Mann. Laß uns handeln!« Als ich mich scharf umsah, bemerkte ich eine wilde Mähne roten Haares, das von dem Wind zerzaust wurde. »Mach mir ein Angebot.« Nenne eine Zahl größer als Null. Ich würde Morpheus anlügen. Der arme Mr. Big. Ein wahrer Held. Er ist in ein brennendes Haus geflogen, um schlafende Babies zu wecken.
Vermutlich war ich zu beflissen. Der Halunke schöpfte Verdacht. »Kapiere. Du bist einer von diesen Bauchquatschern, und das ist dein Trick. Du verkaufst sprechende Vögel.«
»Er hat dich durchschaut, Garrett, Krahhaha!« Es gibt nichts, was mit dem Lachen eines Papageis vergleichbar wäre.
»Ich würde ja gern ein Bier trinken, um dir zu beweisen, daß eigentlich du für uns beide redest, aber dann würdest du kein Wort mehr sagen, nur um mich zu ärgern.«
Ich erhaschte wieder einen Blick auf rotes Haar. Sie stand noch genau an der Stelle, an der ich sie zuletzt gesehen hatte. Sie wurde nur von einer Traube großer Menschen verdeckt.
Mein neuer Freund gab nicht auf. »Könnte aber ganz nützlich sein, den Trick zu lernen. Wie schaffst du es, daß er seinen Schnabel bewegt?«
»Man nimmt ein Stück Spinnwebfaden, bindet es an seinen kleinen Eiern fest und läßt es in dem Ärmel verschwinden. Dann bindet man es um seinen kleinen Finger und wackelt damit, wenn man will, daß er den Schnabel aufreißt.«
»Heh! Clever!« Dann begriff er, daß ich ihn auf den Arm nahm. Er schlug mir einen Akt der Selbstbefriedigung vor, der für die meisten Exemplare meiner Spezies körperlich unmöglich ist, und verschwand in der Menge. Er war so wütend, daß er seine Konzentration verlor und Augenblicke später in ein Handgemenge verwickelt wurde, weil er zu hart an einer Geldbörse zog und zahllose Zwerge ihn mit ihren Knüppeln bearbeiteten.
»Beeil dich bitte, Garrett. Daraus könnte eine neue Schlägerei entstehen!«
Der Tote Mann hatte recht. Einige Menschen wollten schon wissen, warum die Zwerge ihren Bruder mißhandelten. Wenn sie zu der Sorte gehörten, die glaubte, daß Zwerge schon deshalb ausgeraubt werden durften, weil es Zwerge waren, dann würden bald die Fetzen fliegen.
63. Kapitel
Ich stieg auf eine Treppe vor einem Haus gegenüber von meiner Hütte, um so Adeth besser sehen zu können. In dem Augenblick mischte sich ein sehr großer Bursche in die Menschenmenge. Er mußte einige Nichtmenschen unter seinen entfernten Vorfahren haben. Und er wollte wissen, was den Aufruhr ausgelöst hatte. Die Leute schwiegen, als er verkündete, daß er erst die Geschichte des Zwergs hören wollte. Etwas an ihm roch nach Geheimpolizei. Und keiner legte sich mit Schraubers Leuten an. Als ich Adeth endlich sah und meine Richtung änderte, hatte der Lulatsch dem Zwerg seine Geldbörse wiedergegeben. Die anderen standen nur herum und sahen zu, wie die Gerechtigkeit ihren Lauf nahm.
Als ich die Treppe hinunterging, fragte mich ein Witzbold von Nachbar: »Was stellst du denn jetzt dar, Garrett? Spielst du Pirat?«
»Kräh! Da brat mir doch einer mein Holzbein! Holt den Schwätzerkiel.«
Ich stürzte mich ins Getümmel, bevor noch mehr Leute mich ablenken konnten.
Da ich größer als die meisten anderen Leute war und nun auch dichter dran war, fiel es mir leichter, Adeths Standort im Auge zu behalten.
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