Göttergetöse
Mamas Liebling: soll heißen, für mich.
Mich kennen heißt: mich lieben.
Ich machte mich schleunigst auf den Heimweg, angetrieben von einem Getümmel hinter mir, aus dem ich schloß, daß da vielleicht ein Empfangskomitee gewartet hatte. Es klang, als hätten eine Menge Leute plötzlich ausgesprochen schlechte Laune bekommen. Einschließlich eines ganzen Feenvolks, das zur Unzeit aus seinem Schlaf gerissen wurde. Zwischen diesem Geschrei, das wie ein Tumult in einem Hühnerhaus klang, hörte ich Cats Stimme, die eins ihrer Pferde anschrie. Anscheinend wollte sie sich wieder in die Lüfte schwingen.
Der kleine geflügelte Kerl summte kaum einen Meter von mir entfernt vorbei. Er pflanzte seine pummelige Gestalt auf die ausgestreckte Hand einer der wenigen Bronzestatuen im Park, die keinen Militär abbildeten. Er hielt den Bogen schußbereit, und mir war klar, und seine Miene, die vom Mondlicht beleuchtet wurde, sagte mir, daß er ihn auch benutzen würde. »Ich weiß, daß du hier irgendwo bist, Schlaumeier. Und daß du mich hören kannst. Das war keine schlechte Nummer, sich einfach hintenrum dünne zu machen, um der Kleinen eins auszuwischen.« Sein Kopf war von Rauch umnebelt. Er mußte eigentlich zu stoned sein, um überhaupt noch atmen zu können. »Aber Spaß ist Spaß, und ich glaube nicht, daß du noch viel mehr davon erleben wirst, wenn du jetzt nicht rauskommst. Du hast keine anderen Freunde als uns.«
Vermutlich hatten die Godoroth versucht, mich rauszuhauen, und waren genervt, weil ich mit dem Feind kollaborierte. Und jetzt waren sie noch wütender, weil ich einen Abgang gemacht hatte. Ich überlegte, ob ich meine Unsichtbarkeit nutzen sollte, um sie mir genauer anzusehen. Aber ich war erschöpft und wollte nur noch nach Hause. Die Vernunft sagte mir, daß es nirgendwo sicherer war als hier draußen, aber das Tier in mir wollte mich etwas anderes glauben machen. Es wollte sich in seinen Bau verkriechen und die Wunden lecken. Ich blieb in dem Unsichtbarkeitssack, bis ich davon überzeugt war, daß der fliegende Knirps verschwunden war.
Doch als ich gerade den Park verlassen wollte, hörte ich wieder sein Summen. Ich trat tief in die Schatten zurück und blieb reglos stehen. So war ich außer Sicht und stand völlig bewegungslos da, als zwei große Eulen einen Augenblick später mit leisen Flügelschlägen vorüberglitten. Obwohl sie Eulensprache redeten, schienen die Mädchen sich heftig zu zanken.
Ich lachte. Lautlos, versteht sich.
Sollten Sie sich doch mit den Godoroth anlegen.
Da ich nun wußte, daß die Shayir auch hinter mir her waren, legte ich noch einen Zahn zu. Es war eine gute Idee. Allmählich wurde mir kalt. Die Kälte nahm zu, und ich versteckte mich in einen anderen tiefen Schatten. Kaum kauerte ich dort, sah ich Schlund, den Kutscher. Er folgte meiner Spur wie ein schwarzes, windgebeuteltes Gespenst. Anscheinend sollte er den Weg vom Park zu meinem Haus bewachen.
Erwartete mich eine Falle? Hatten sie etwa einen Fluchtversuch erwartet?
Man wird so langsam paranoid.
Ich hatte immer gedacht, daß Götter gut in Dingen wie Allmacht und dergleichen waren. Vielleicht verlieren sie ja mit abnehmender Zahl von Gläubigen auch die Fähigkeit, die Macht aus ihrem Alten Land zu nutzen. Wenn die beiden Bandenführer allwissend gewesen wären, hätten sie wohl kaum meine Hilfe gebraucht. Und ich müßte nicht herumirren.
Paranoia. Ich hatte so ein komisches Gefühl. Wenn die Erde aufhörte zu beben und der Staub sich legte, würde wahrscheinlich keiner der beiden Götterclubs weitere Verwendung für einen sterblichen Mops haben, der seinen Rüssel in zu viele göttliche Geheimnisse gesteckt hatte.
Das durfte ich nicht vergessen.
Ich hörte ein Rascheln. Es kam von Süden. Und wurde schneller lauter. Nog? Nein. Das war nicht Nog, der Übelriechende. Wunderbar. Ich verschwand im nächsten Schatten. Irgend etwas flog über mir hinweg. Es sah aus wie ein Schwarm Fledermäuse, aber es waren keine Fledermäuse. Eher etwas wie große Papierschatten, die sich sehr zielstrebig und mit großer Eile bewegten, als jagten sie etwas. Konnte das dieses Ding sein, das man Federlappen, den Schatten, nennt? Ich hatte keine Lust, hierzubleiben und es rauszufinden.
Ich drückte mich durch Gassen und Passagen, die ich zu jeder anderen Zeit gemieden hätte. Ich durchquerte sogar den Slum, das tödlichste Viertel der Stadt. Neun von zehn Bewohnern hätten mir schon allein wegen der Schuhe, die ich trug, die
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