Göttergetöse
abgeben: Sie mit ihrem ständig plappernden Was-es-auch-war, und ich mit Dem Gottverdammten Papagei.
Ich schloß die Augen, holte tief Luft, dachte kurz an den Krach, den der Alte schlug, öffnete die Augen wieder, grüßte ihn militärisch und machte einen Satz nach draußen. So was hatte ich im Alter von neunzehn Jahren mit links hingelegt, aber dabei war ich nur einer aus einer Horde von Verrückten, die sich im Angesicht eines erbarmungslosen Feindes und eines zu frühen Todes gegenseitig in Mutproben überboten. Mittlerweile jedoch war ich dreißig. Mein Leben verlief geordnet und in gemütlichen Bahnen. Jedenfalls einigermaßen. Warum fielen mir solche Situationen eigentlich nicht ein, wenn der Alte Weider mir einen Vollzeitjob in seiner Brauerei anbot?
Ich erwischte das Seil und kletterte zum Dach empor. Meine Armmuskeln ließen mich nicht im Stich, wie ich befürchtet hatte. Ich war zwar nicht mehr so anmutig wie in meiner Jugend, aber ich schaffte es.
»Ist das zu glauben, Baby? Der Penner hat es doch tatsächlich geschafft, seinen faulen Arsch aufs Dach zu hieven!«
»Schnell!« Das Mädchen winkte mir vom Dachfirst zu. »Sie schlagen Alarm!«
Ach wirklich. Ich beeilte mich. Nachdem ich sieben Meter rutschige und trügerische Schieferplatten hinaufgekrabbelt war, zog ich mich auf den flachen Teil des Daches, der groß genug war, daß ihn ein ganzes Regiment als Exerzierplatz hätte benutzen können. Man hätte sogar Getreide anbauen können, wenn man sich die Mühe machen wollte, erst die ganze Erde hinaufzuschaffen. Ich stand auf. Das Mädchen winkte mich ungeduldig weiter. Das konnte sie wirklich gut. Vermutlich lief die ganze Angelegenheit langsamer als geplant.
Das fliegende Baby mit dem Joint sah uns mürrisch vom Rücken eines Pferdes aus an, das groß genug war, um einen Riesenritter zu tragen. Dem kleinen wuchsen Flügel aus den Schulterblättern. Sie hatten in etwa die Größe von Taubenflügeln. Vermutlich mußte der Knirps ganz schön schuften, wenn er flog.
Es waren zwei Pferde. »O nein«, sagte ich. »Nein. Für heute bin ich genug geritten.« Pferde und ich kommen nicht miteinander aus. Meine Rippen erzählten mir noch sehr deutlich, daß das Roß der Schwarzen Mona mir meine nächsten paar Tage nachdrücklich versaut hatte. Das passierte mir bei Pferden immer. Wollte ich wirklich so dringend entkommen, daß ich mich der Gnade dieser Monster auslieferte?
»Sieh dir nur diesen Clown an, Baby. Er begreift einfach nicht…«
»Bitte zieren Sie sich nicht länger, Mr. Garrett.« Das Mädchen klang gestreßt.
»Sie verstehen das nicht. Die haben Sie auch eingelullt.«
Das Haus bebte unter unseren Füßen. Irgend etwas Großes war da unten aufgeschreckt worden. Etwas sehr Großes.
»Bis später, ihr Zuckermäuschen.« Die Flügel des Kleinen surrten, und er schoß davon.
Ich kletterte auf das Pferd, das die Blondine mir gelassen hatte. Es war ein Monster und hatte die Farbe von altem Elfenbein. Vielleicht hätte es sogar einen Troll in den Kampf tragen können. Eine Zeitlang glaubte ich, daß ich Seile und einen Flaschenzug brauchte, um überhaupt hinaufzukommen.
Schließlich war ich oben, schwang mein rechtes Bein über den Rist und stellte erfreut fest, daß das Pferd und ich in dieselbe Richtung blickten. Die zusätzliche Höhe gab mir einen guten Überblick über das Dach.
Das Dach?
Jetzt erst wurde mir klar, daß ich meine Flucht auf einem Pferderücken von einem Hausdach aus startete. Wie weit würde ich kommen? War ich etwa das Opfer eines Schabernacks? Ich habe Freunde, die sich über meine Lage totlachen würden.
Aber ich konnte niemanden herumstehen sehen, der hinter vorgehaltener Elfenkralle kicherte.
Allerdings würden meine Freunde auch kaum das Geld aufbringen, und könnten es auch gar nicht, das so eine Falle verschlingen würde.
Das Mädchen kreischte wie eine ausgelassene Banshee. Offenbar amüsierte Kindchen sich prima. Sie hieb ihrem Gaul die Hacken in die Rippen. Er galoppierte in einem mörderischen Tempo das Dach entlang. Mein Roß war genauso heimtückisch, wie ich es von jeder Mähre erwartete. Es setzte sich in Bewegung und trabte seinem Kumpan hinterher, ohne auch nur meine Meinung einzuholen.
24. Kapitel
Diese verfluchten Mähren waren noch bescheuerter, als ich geglaubt hatte. Sie starteten ein Wettrennen. Als meines beschleunigte, holte es auf. Ich schrie und klammerte mich fest, während mein tapferer, aber dummer Hengst gleichzog.
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