Götterschild
bezahlen, und wenn ich ihm dafür inmitten seiner zweihundert Männer einen Pfeil in die Kehle jagen muss. Mir ist völlig gleichgültig, was danach mit mir geschieht.«
»Aber du kannst doch nicht erwarten, dass wir alle für so einen Wahnsinnsplan unser Leben aufs Spiel setzen«, entgegnete Rai, so ruhig er das vermochte. »Versteh mich nicht falsch, ich würde dich bei jedem wohldurchdachten Vorgehen gegen Megas unterstützen, aber Selira hat recht. Was du im Moment vorhast, ist glatter Selbstmord.«
Targ funkelte Rai böse an und wollte schon heftig widersprechen, da fiel ihm Meatril ins Wort: »Ich glaube, wir sollten uns alle ein bisschen beruhigen. Megas ist wirklich ein tiefer Stachel in unserem Fleisch und die Frustration darüber, dass wir gegen ihn bisher nichts ausrichten konnten, sitzt besonders bei Targ und mir sehr tief. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass sich Tarana, Daia und die Kinder jetzt wahrscheinlich in seiner Gewalt befinden. Dennoch halte auch ich nichts von überhasteten Rachefeldzügen. Ich denke, bevor wir irgendetwas gegen ihn unternehmen, müssen wir drei wichtige Dinge in Erfahrung bringen: erstens, wo er ist, zweitens, wo Tarana, Daia und die Kinder sind, und drittens, mit wie viel Unterstützung wir rechnen können. Die ersten beiden Fragen, da muss ich Targ recht geben, können wir vermutlich am besten klären, indem wir selbst in die Istaebene gehen, um dort nach Spuren Ausschau zu halten und die Nomaden zu befragen.« Er wandte sich an Shyrali. »Und Letzteres wirst vermutlich du am besten beantworten können, denn was unsere Unterstützung betrifft, fallen mir im Moment nur deine geheimnisvollen Verbündeten ein. Wäre es vermessen, noch mehr Hilfe von ihnen zu erwarten? Sind sie überhaupt zahlenmäßig in der Lage, uns gegen Megas irgendwie zur Seite zu stehen? Ist es eine Frage des Geldes?«
Shyrali schien überrascht, dass plötzlich wieder ihre Gehilfen zur Sprache kamen, und strich sich erst einmal umständlich ein paar Strähnen ihres langen roten Haares aus dem Gesicht, bevor sie zu einer Antwort ausholte: »Das ist ein Thema für sich, fürchte ich.« Sie setzte ein schüchternes Lächeln auf, wie sie es immer tat, wenn sie sich in einer unangenehmen Situation befand. Diese gespielte Verletzlichkeit verfehlte so gut wie nie ihre Wirkung.
»Als ich hierherkam und von eurer Verhaftung erfuhr«, sprach sie mit gesenktem Blick weiter, »war mir rasch klar, dass ich für eure Befreiung Hilfe benötigen würde. Allerdings gab es da nicht so viele Möglichkeiten, denn wie ihr wisst, steht nahezu alles unter der strengen Aufsicht der Citkirche. Jeder, der euch früher einmal gewogen war, wurde inzwischen verhaftet, steht unter Hausarrest oder befindet sich zumindest nicht mehr in einer Position, in der er irgendetwas zu euren Gunsten unternehmen könnte. Daher musste ich sozusagen etwas tiefer graben, um auf ein paar Willige zu stoßen, die durch ihre Unzufriedenheit mit der Herrschaft der Kirche als Verbündete infrage kamen. Und so geriet ich schließlich an ein paar Leute, die über recht ansehnliche Beziehungen, ausreichend Geldmittel und auch die nötige Zahl an Kämpfern verfügten, um mir bei meinem Vorhaben behilflich zu sein. Sie nennen sich selbst die ›Silbergilde‹.«
Rai hielt vor Schreck den Atem an. Er hatte nicht vergessen, was ihm Kawrin über diese Organisation berichtet hatte, und er konnte sich noch sehr gut an die Szene im Speisesaal der damals gerade erst eingenommenen Festung Andobras erinnern, als Arton Kawrin gezwungen hatte, sein Wissen über die Verwicklung der Silbergilde in den Überfall auf die Kriegerschule Ecorim preiszugeben. Nun befürchtete Rai, dass Meatril und vor allem Targ, um dessen Geduld es momentan ohnehin nicht zum Besten zu stehen schien, gleich einen weiteren Wutausbruch bekommen würden, wenn sie hörten, dass sich Shyrali mit diesen Halsabschneidern eingelassen hatte.
»Das sagt mir nichts«, gestand Meatril kopfschüttelnd. »Ist das ein Zusammenschluss verschiedener Handelshäuser?«
Rai entspannte sich ein wenig. Offenbar wussten die beiden Ecorimkämpfer nichts über die Seewaither Unterwelt.
Auch Shyrali wirkte erleichtert. »Ja, so was Ähnliches.«
»Wieso habe ich dann noch nie etwas von dieser Gilde gehört?«, fragte Targ misstrauisch dazwischen. »Wenn sie so einflussreich sind, müssten sie ja ein unmittelbarer Konkurrent des Handelshauses Soldarin sein. Dennoch hat weder mein Vater noch einer seiner
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