Götterschild
dir gehen, Targ«, ließ sich plötzlich Belena vernehmen. Ihre Stimme klang fest und entschlossen wie lange nicht mehr. Als sich daraufhin alle Blicke teils überrascht, teils zweifelnd auf sie richteten, setzte sie unbeirrt hinzu: »Falls ich dich aufhalten sollte, kannst du mich jederzeit einfach zurücklassen.«
Rai räusperte sich voller Unbehagen und sah Selira fragend an. Diese nickte nach kurzem Zögern. »Dann kommen wir beide auch mit, Targ«, erklärte er. »Schließlich bin ich immer noch an mein Versprechen gebunden, Belena zu ihrer Tochter zu bringen, und wo sie ist, wird auch Megas nicht fern sein.«
Meatril hatte den anderen mit ernster Miene zugehört, aber obwohl sich nun alle erwartungsvoll ihm zuwandten, schwieg er sich über seine eigenen Pläne vorläufig aus.
»Also gut«, sagte schließlich Shyrali mit versteinerter Miene. »Ich werde es der Silbergilde ausrichten. Sie sind sicherlich nicht begeistert darüber, aber es ist natürlich eure Entscheidung.« Sie drehte ihnen den Rücken zu, trat vor die Geheimtür und öffnete sie einen Spaltbreit. »Ich muss jetzt gehen.« Im nächsten Augenblick war sie in den Vorraum entschwunden und gleich darauf fiel die als Regal getarnte Tür wieder ins Schloss.
»Meatril, wie steht es mit dir?«, erkundigte sich Targ, als Shyrali fort war. »Hast du etwa Lust, dich für die Pläne dieser Silbergilde einspannen zu lassen? Oder willst du dich nicht lieber mit uns auf die Jagd nach dem verdammten Brudermörder begeben?«
»Hast du mal daran gedacht«, entgegnete Meatril bedächtig, »dass Shyrali mit der Silbergilde so eine Art Handel abgeschlossen hat, damit sie ihr helfen, uns zu befreien?«
»Auf was willst du hinaus?«, fragte Targ stirnrunzelnd.
Meatril sah ihn an. »Was glaubst du wohl, werden die tun, wenn zwar ihr Teil der Abmachung erfüllt ist, Shyrali aber die Gegenleistung nicht erbringen kann?«
Targ zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Sie kann ja nichts dafür, dass wir uns weigern.«
»Nur hat die Silbergilde den Handel nicht mit uns abgeschlossen, sondern mit Shyrali«, erklärte Meatril. »Das heißt, sie muss dafür geradestehen, wenn etwas nicht wie vereinbart klappt. Ich weiß nicht genau, wie übel diese, Gilde’ wirklich ist, aber wenn sie nur mit einem Bruchteil der dunklen Machenschaften zu tun hat, gegen die unter anderem auch Arton als Ratsmitglied vorgegangen ist, dann haben wir Shyrali gerade in höchste Gefahr gebracht.«
»Du meinst, sie werden sie dafür büßen lassen, wenn wir nicht das tun, was sie von uns erwarten?« Targs kompromisslose Entschlossenheit von vorhin schien verflogen.
»Also ich bin mir sicher, die lassen nicht mit sich spaßen«, meldete sich Rai zu Wort und berichtete in einigen knappen Sätzen, was Kawrin ihm erzählt hatte, ohne dabei aber die Beteiligung der Gilde an dem Überfall auf die Kriegerschule zu erwähnen. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass dieses Detail nur für noch mehr unnötige Aufregung sorgen würde.
»Und warum hat sie davon nichts gesagt?«, fragte Targ.
»Sie ist stolz«, erwiderte Meatril mit dem Anflug eines Lächelns auf den Lippen. »Sie wollte sich nicht die Blöße geben, uns deswegen um Hilfe zu bitten, besonders nachdem gerade du, Targ, dich nicht eben übermäßig dankbar gezeigt hast, dass sie uns alle aus dieser fauligen Gefängniszelle befreit hat.«
Targ schwieg zerknirscht.
»Sollen wir dann doch erst einmal hier bleiben?« Rai stellte diese Frage nur äußerst zaghaft und schielte dabei voll von schlechtem Gewissen zu Belena hinüber.
»Nein«, entschied Meatril. »Targ hat recht. Wir müssen wissen, was Megas tut oder bereits getan hat. Daher werdet ihr zusammen aufbrechen, so wie ihr es gerade beschlossen habt. Ich bleibe alleine in Seewaith.« Er ging zur Tür und entriegelte sie. »Ich werde jetzt zusehen, dass ich Shyrali noch einhole, bevor sie von der Silbergilde zur Rede gestellt wird. Wollen wir hoffen, dass ihre so genannten Verbündeten sich mit mir allein als Anführer des Aufstandes zufrieden geben.«
Targ wirkte alles andere als begeistert von dieser Ankündigung und einen Moment sah es so aus, als wolle er Meatril aufhalten. Dann besann er sich jedoch eines Besseren und ließ ihn gehen. Vermutlich keimte in ihm die Erkenntnis, dass er durch das unnachgiebige Durchsetzen seines eigenen Vorhabens seinem Schwertbruder gar keine andere Wahl gelassen hatte, als hier bei Shyrali zu bleiben.
Rai bedauerte Meatrils Entscheidung mindestens
Weitere Kostenlose Bücher