Götterschild
Pferd steht kurz vor seinem letzten Atemzug.«
»Verdammt«, fluchte Targ angesichts des zerschundenen Reittieres zornig. »Ich hatte gedacht, dass sich das Meer schon längst alle Überbleibsel der Schlacht geholt hat. Aber es scheint, Techel hat uns da noch eine späte Rache zurückgelassen.«
Mittlerweile war auch Belena angekommen, betrachtete die ganze Szene aber in ihrer gewohnten Teilnahmslosigkeit.
Selira betastete vorsichtig Rais Oberschenkel und als sie auf Höhe des Hüftgelenks angekommen war, zuckte dieser vor Schmerz zusammen. »Tut mir leid, tut mir leid«, entschuldigte sie sich erschrocken.
»Es ist schon wieder ausgerenkt«, stöhnte Rai mit zusammengebissenen Zähnen. »Es ist dasselbe Gelenk, das mir Ulag damals verdreht hat. Seitdem ist es nicht mehr so stabil wie früher. Wahrhaft ein schönes Andenken an diesen haarigen Knochenbrecher.« Er versuchte, sich aufzusetzen, sank aber mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder in den feuchten Sand zurück. »Kann jemand von euch das wieder einrenken?«
Selira und Targ wechselten einen kurzen Blick, dann meinte der Ecorimkämpfer: »Wir haben in der Kriegerschule auch Unterricht in Wundversorgung und dergleichen erhalten, aber das ist schon ziemlich lange her und ich war nicht besonders aufmerksam. Ich weiß nicht, ob ich das noch zusammenbringe.«
»Arton hat mein Bein nach dem Kampf mit Ulag wieder ziemlich gut hinbekommen.« Rai beschrieb Targ kurz, wie der Ältere der Erenorbrüder vorgegangen war. »Es hat zwar noch ein paar Tage wehgetan, aber ich konnte schon bald wieder ganz vernünftig laufen.« Er sah Targ hilfesuchend ins Gesicht. »Hier ist nicht gerade der Ort, an dem ich gerne länger bleiben würde, weißt du.«
»Also gut«, meinte Targ, »versuchen wir’s.« Er setzte sich vor Rai in den Sand, packte dessen verletztes Bein und zog kräftig daran. Der gequälte Aufschrei des Tileters gellte über den Strand.
»Hör auf!«, rief Selira entsetzt und beendete den missglückten Versuch, indem sie Targ vehement zur Seite stieß. »Er ist vor Schmerz schon ganz weiß im Gesicht.«
Ärgerlich, wohl vor allem über die eigene Ungeschicklichkeit, sprang Targ auf. »Ich bin schließlich kein Arzt«, schimpfte er mit hochrotem Kopf und versetzte dem morschen Katapultgestänge einen heftigen Tritt. »Verflucht und noch mal verflucht! Musste das ausgerechnet hier passieren? Jetzt zieht Megas wahrscheinlich in aller Seelenruhe im Norden am Furchenstein vorbei und wir verpassen ihn.«
»Hör endlich mit diesem Megas auf«, fauchte ihn Selira an, während sie Rai dabei half, sein Bein in eine für ihn erträgliche Position zu bringen. »Wir haben jetzt andere Sorgen. Rai muss hier weg, der Sand ist feucht und kalt, da kann er nicht länger liegen bleiben. Außerdem muss sich jemand um das Pferd kümmern oder wollt ihr es einfach hier verenden lassen?«
Targ holte tief Luft und nickte dann. »Du hast recht. Bringen wir Rai hinüber zur Festung, dann beratschlagen wir, was jetzt zu tun ist.«
Ganz behutsam, so als wolle er ihm auf keinen Fall erneute Schmerzen zufügen, hob Targ Rai hoch und trug ihn dann die etwa zweihundert Schritt bis zur Festung Königswacht hinüber. Dort richteten sie ihm hinter den Palisaden ein provisorisches Krankenlager her, bestehend aus zwei Decken und einer Satteltasche, um Rais Kopf darauf zu betten. Während ihre drei verbliebenen Pferde neben ihnen damit begannen, das Gras in den Ritzen der steinernen Bodenplatten abzuweiden, verschwand Targ mit Rais verletztem, stark hinkendem Tier hinter einem vorspringenden Felsen auf der Westseite der Festung in der Nähe der Stelle, an der es gestürzt war. Dort bereitete er dem unglücklichen Vierbeiner ein rasches Ende.
Als er wieder zurückkehrte, hatten Selira und Belena bereits damit begonnen, sich ein wenig an den mitgebrachten Vorräten zu stärken. Rai lag jedoch nur bleich auf dem Boden und rührte sich nicht.
»Willst du auch etwas?«, fragte Selira und hielt Targ einen Streifen Dörrfleisch hin.
»Danke nein«, lehnte dieser ab und konnte dabei seinen Blick nicht von Rai nehmen. »Der sieht aber nicht gut aus«, stellte er betroffen fest. »War das meine Schuld? Ich bin wohl ein wenig grob gewesen.«
»Das kann man wohl sagen«, bestätigte Selira und verzog das Gesicht. »Man hätte meinen können, du willst ihm das Bein abreißen.«
Targ verschränkte die Arme vor der Brust. »Sonst wollte es ja keiner versuchen«, grummelte er, ließ dann aber das Thema auf
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