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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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gefangenen Istanoit in Kontakt zu treten und diese in sein Vorhaben mit einzubeziehen.
    Dennoch würde Selira und vermutlich auch Rai dieser Plan sicherlich nicht gefallen und deshalb zögerte Targ, den anderen von seinem Einfall zu erzählen. Erst als es vollkommen dunkel geworden war und nur mehr der Strand und ein Streifen innerhalb der Festung von den Wachfeuern mit Licht überzogen wurde, wandte er sich endlich an seine Gefährten.
    »Hört zu«, begann er mit gedämpfter Stimme zu sprechen. Rai war inzwischen wieder eingenickt, während Belena immer noch keinerlei Regung zeigte. Sie saß wie zuvor mit dem Rücken gegen den Stein, die Beine angewinkelt und den Blick ins schwarze Nichts gerichtet. Lediglich Seliras aufmerksame Augen glänzten ihm durch die Dunkelheit entgegen.
    »Ich werde mich unter die Verwundeten mischen«, kündigte er ohne Umschweife an.
    Es folgte zunächst nur eine nachdenkliche Stille. »Du willst uns also hier alleine lassen«, stellte Selira schließlich fest. Targ konnte ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen, aber der Klang ihrer Stimme deutete Enttäuschung, wenn nicht gar Verachtung an.
    »Ich kann nicht erwarten, dass du das verstehst«, meinte Targ, der sich auf keine längere Diskussion einlassen wollte, »aber ich denke, dass ich dort unten sowohl gegen Megas als auch für Tarana und Daia mehr ausrichten kann als hier oben für euch. Das ist eine einmalige Gelegenheit. Ihr werdet ohne Eile zurück nach Seewaith gehen können, sobald Megas mit seinen Truppen abgezogen ist. Es droht euch keine Gefahr, wenn ihr in angemessenem Abstand hinter ihm bleibt.«
    »Wir haben keine Pferde mehr«, erinnerte sie ihn. »Das heißt, Belena und ich werden Rai den ganzen Weg nach Seewaith tragen müssen.«
    »Ich weiß«, erwiderte er zerknirscht, »aber vielleicht findet ihr ja wenigstens eines der Tiere während eures Rückwegs wieder. Sie werden wohl kaum alle bis nach Seewaith galoppiert sein.«
    Selira widersprach nicht, trotzdem war Targ klar, dass sie seine Entscheidung als zutiefst rücksichtslos und eigennützig ansah. Doch damit tat sie ihm unrecht, zumindest empfand er das so. Denn sie hatte keine zwei Brüder an diesen feigen Meuchelmörder verloren, sie wusste nicht, was das für ein Gefühl war. Sie kannte nicht jenen gähnenden Schlund in Targs Innerem, der ihn irgendwann verschlingen würde, wenn er nicht recht bald seinen Hunger nach Rache zu stillen vermochte.
    »Ich gehe jetzt«, erklärte er entschlossen. »Hier hast du mein Schwert.« Er reichte Selira die Klinge. »Das fällt zu sehr auf, wenn ich mich als verwundeter Schwarzlanzer ausgeben will. Für das, was ich vorhabe, genügt ohnehin ein Messer.«
    Es kam keine Antwort von Selira, aber Targ hatte auch nichts dergleichen erwartet. Er vergewisserte sich, dass das gebogene Messer, welches Shyrali ihm gegeben hatte, sicher in seinem Gürtel steckte, dann wagte er sich geduckt aus ihrem Versteck heraus und begann den Abstieg, ohne sich noch einmal umzublicken. Behutsam setzte er einen Fuß vor den anderen und überprüfte bei jedem Schritt, ob er auf dem losen Geröll festen Halt hatte, bevor er sein Gewicht verlagerte. Wenn er versehentlich auch nur einen kleinen Felsrutsch auslöste, würde das unweigerlich die Aufmerksamkeit der Wachen auf das Gelände hinter der Festung lenken. Dann war alles verloren.
    Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er endlich im Schutze der hinteren Palisaden der Festung Königswacht angekommen war. Er wäre am liebsten sofort darübergeklettert, aber um sich glaubhaft als Verwundeter auszugeben, musste er sein Äußeres erst noch entsprechend anpassen. Also schlich er zum nordwestlichen Eck der Anlage, wo er hinter den Palisadenpfählen bereits die Schmerzlaute vom Krankenlager der Schwarzlanzer vernehmen konnte. Er zögerte einen Augenblick, weil ihm Zweifel kamen, ob er diese grauenvollen Geräusche der Dahinsiechenden für mehr als ein paar Augenblicke ertragen konnte, aber sogleich rief er sich sein Ziel wieder vor Augen und das stählte seinen Willen.
    Er pirschte weiter an der westlichen Festungsumgrenzung entlang, in deren Schatten er sich halbwegs sicher fühlte. Die nur noch gut ein Dutzend Schritt entfernten Wachleute, die vom Wehrgang aus im Schein zweier Fackeln auf den Strand hinausblickten, würden ihn hier unten nur entdecken, wenn sie sich umdrehten und sich dabei weit über die Mauer lehnten. Er musste von der Palisade zur gegenüberliegenden Bergflanke hinüber, wo hinter einem

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