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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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hatte der Mann gesehen? Wusste er, dass Targ über die Palisade hereingekommen war, oder dachte er, einer seiner Kameraden wolle ihn bestehlen? Wenn Targ nun falsch reagierte und der Mann nach den Wachen rief, dann wäre alles umsonst gewesen. Kurz flammte der Gedanke in Targs Kopf auf, dem geschwächten Mann einfach die Hand auf Mund und Nase zu pressen, bis sich das bisschen Leben, das noch in ihm verblieben war, verflüchtigt hatte. Immerhin handelte es sich um einen Feind, der mit Targ in einer ähnlichen Situation bestimmt ebenso erbarmungslos umgesprungen wäre. Aber dann musste der Ecorimkämpfer an seinen Freund Eringar denken und was dieser wohl von einer solch ehrlosen Tat gehalten hätte. Den aufrechten Etecrari hätte schon allein die Tatsache entsetzt, dass sein Schwertbruder eine derartige Niedertracht auch nur erwog. Also unterdrückte Targ den spontanen Impuls, den Mann zu töten.
    »Was redest du denn da?«, entgegnete er stattdessen. »Ich hab mich nur hier rübergelegt, weil der Kerl neben mir die ganze Zeit gejammert hat. Das hält kein Mensch aus.«
    »Na gut«, erwiderte der Schwarzlanzer offenbar ein wenig beruhigt, »aber rück mir nicht so auf die Pelle, sonst hängst du mir noch Wundbrand an oder so etwas.« Seine Stimme klang rau und kaum hatte er aufgehört zu sprechen, schüttelte ihn ein bellender Husten.
    »Brauchst du etwas zu trinken?«, erkundigte sich Targ und wunderte sich über sich selbst, da er erst vor ein paar Augenblicken noch darüber nachgedacht hatte, den Schwarzlanzer umzubringen.
    Der Mann stutzte und dreht dem Ecorimkämpfer den Kopf zu. »Etwas Wasser wäre wirklich eine verdammte Wohltat«, knurrte der Söldner. »Vorhin bei der Wasserausgabe hat man mich einfach übersehen. Schaffst du es denn bis zum nächsten Eimer?«
    Targ setzte sich bewusst langsam auf und tippte dann an seinen improvisierten Kopfverband. »Mein Schädel dröhnt zwar, als würde darin ständig eine Glocke schlagen, aber wenigstens machen meine Beine noch, was ich will. Ich besorge dir eine Kelle Wasser.«
    »Mach doch gleich zwei draus«, meinte der Lanzer.
    »Ist recht«, gab Targ zurück, kroch auf allen vieren zum nächsten Wassereimer und schleifte diesen dann zu dem Verwundeten. Er schöpfte mit der am Eimer hängenden Kelle etwas Flüssigkeit heraus und flößte sie dem Söldner behutsam ein. Nachdem er den Schöpflöffel das dritte Mal geleert hatte, seufzte der Mann erleichtert.
    »Das ist aber wirklich anständig von dir«, bemerkte der Lanzer dankbar. »Zu welchem Zug gehörst du?«
    Targ zuckte bei dieser Frage unwillkürlich zusammen, was in der Dunkelheit zum Glück unbemerkt blieb. Vor einer Frage dieser Art hatte er sich die ganze Zeit gefürchtet. »Zum fünften«, murmelte er möglichst undeutlich, um sich eventuell noch auf ein Missverständnis herausreden zu können.
    »Na, da hast du ja noch Glück gehabt, dass du nur mit einem dicken Kopf davongekommen bist«, schnaubte der Söldner. »Ihr seid da am Flussufer von diesen verlausten Nomadenschlampen ziemlich übel zusammengeschossen worden, stimmt’s?«
    Targ dankte im Stillen den Göttern, dass er zufällig den richtigen Zug gewählt hatte. »Ja genau«, bestätigte er. »Das war kein Spaß.«
    »Mir haben sie beim Kampf im Lager drei Pfeile ins Bein gejagt und dann ist noch so ein verdammter Gaul über mich hinweggetrampelt. Ohne meinen Schild hätte der mich wahrscheinlich zu Brei getreten, aber so hat’s nur meinen Schildarm erwischt. Um den mach ich mir keine großen Sorgen, das wächst wieder zusammen. Aber wenn wir nicht bald zu einem Wundarzt gebracht werden, dann verlier ich noch mein Bein.« Er senkte seine Stimme. »Wenn du mich fragst, war es eine verfluchte Schnapsidee von unserem hochgeschätzten Herrn, völlig ohne Tross in diese Steppe hinauszuziehen. Jetzt haben wir keine Transportwagen, kaum Vorräte und schon gar kein Verbandszeug oder jemanden, der damit umzugehen versteht. Und wer muss das wieder ausbaden? Wir natürlich.«
    »Da hast du vollkommen recht«, stimmte Targ zu. »Weißt du eigentlich, was mit den Gefangenen geschehen soll, wenn wir wieder in Seewaith sind?«, fragte er dann so beiläufig wie möglich.
    »Na, soweit ich weiß, hatte unser Herr es nur auf die hübsche Blonde und die schwarzhaarige Furie abgesehen«, gab der Lanzer bereitwillig Auskunft. »Die beiden wollte er unter allen Umständen lebend fangen, die Übrigen haben wir nur als Geiseln dabei. Könnte ja sein, dass die anderen

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