Götterschild
haben. Plötzlich traf es ihn wie ein Blitz. Das war Seine Heiligkeit, der Citarim persönlich! Targ hatte ihn nur einmal bei Ardens Krönungszeremonie gesehen, aber das unduldsame, herrische Auftreten des Kirchenoberhaupts hatte einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen.
Targs Blick wanderte hinüber zu Megas, der etwa hundert Schritt entfernt am Wasser stand und ebenfalls dem Ruderboot entgegensah, das den Citarim zum Strand brachte. Gedankenverloren betastete Megas seinen rechten Arm, so als bereite ihm dieser Schmerzen. Obwohl der Ecorimkämpfer das Gesicht seines Erzfeindes nur von der Seite sehen konnte, glaubte er dennoch, eine gewisse Unruhe darin zu erkennen, vielleicht sogar einen Anflug von Furcht. Seltsamerweise schenkte dieser seltene Anblick Targ eine gewisse Genugtuung, sah er doch den verhassten Brudermörder endlich einmal in einer Situation, die dieser nicht mit ganzer Überlegenheit zu kontrollieren vermochte. Vielleicht war diese Ablenkung genau der Moment, auf den Targ gewartet hatte. Er glitt vom Pferd.
»He, du«, protestierte der verwundete Lanzer, mit dem Targ den Sattel geteilt hatte, »dir scheint’s ja schon wieder prächtig zu gehen, so wie du dich bewegen kannst. Willst du mir nicht auch von diesem Nomadengaul herunterhelfen?«
»Gleich«, murmelte Targ, ohne den Blick von Megas zu nehmen. »Ich muss nur kurz austreten.« Er wies zu den nahen Bäumen.
»Na, das muss aber verdammt dringend sein«, maulte der Lanzer, doch Targ ignorierte ihn einfach und verschwand im Unterholz.
Er schlich in einem großen Bogen durch den Wald und näherte sich dem Strand wieder an der Stelle, an der Megas auf die Ankunft des Beibootes wartete. Überall liefen die Schwarzlanzer herum, sattelten Pferde ab und stapelten abgelegte Ausrüstung, Waffen und Harnische auf verschiedenen Haufen, um sie dann in die Boote zu verladen. In dieser Betriebsamkeit würde er hoffentlich nicht weiter auffallen.
Targ trat aus dem Wald und schlenderte möglichst beiläufig zu einem der gerade eintreffenden Ruderboote hinüber, mit denen der Transport von Menschen und Material zu den ho’nebischen Schiffen erfolgen sollte. Er begann, beim Beladen des Bootes zu helfen, und beobachtete Megas dabei unauffällig. So nahe war er dem Inselherrn seit Andobras nicht mehr gekommen. Vielleicht zehn oder zwölf Schritt trennten ihn jetzt noch von dem feigen Mörder. Unbewusst tastete er nach dem Messer unter seinem blutverkrusteten Wams. Die Berührung des harten Stahls schenkte ihm Zuversicht. Es galt, nur noch den richtigen Moment abzuwarten.
Plötzlich zogen schrille Schreie seine Aufmerksamkeit auf sich. Etwas weiter den Strand hinunter konnte er die gefangenen Istanoit ausmachen, von denen die erste Gruppe gerade auf eines der Boote verladen wurde. Die Lanzer gingen nicht gerade zimperlich mit den Nomaden um. Die Kinder wurden an ihren Gliedmaßen oder Haaren wie Paketbündel auf das Schiff geworfen, die übrigen meist alten oder verwundeten Stammesmitglieder trieben die Söldner durch Stöße und Schläge zur Eile an, als handle es sich bei den Gefangenen um eine Viehherde. Nur Tarana und Daia blieb diese rüde Behandlung erspart, sie wurden gefesselt am Strand zurückgelassen, bewacht von vier Bewaffneten. Unversehens musste Targ an die Worte des Lanzers denken: Sobald die Schiffe das offene Meer erreicht hatten, würden die Istanoit über Bord gehen.
Sein Gewissen meldete sich mit unausweichlichem Nachdruck. Wie hatte er die bevorstehende Ermordung der Gefangenen nur so einfach verdrängen können? Aber Megas war so nah …
Und was war mit Tarana und Daia? Wenn seine Rache an Megas sein Leben forderte – was unter den gegebenen Umständen durchaus wahrscheinlich war –, überließ er seine beiden Schwertschwestern einfach ihrem Schicksal. Zwar bestand für sie keine unmittelbare Lebensgefahr, da Megas andere Pläne mit ihnen zu haben schien, aber was auch immer er mit ihnen vorhatte, es würde sicherlich nichts Angenehmes sein.
»Was hältst du hier Maulaffen feil?«, wurde Targ in diesem Moment von einem der Schwarzlanzer unsanft aus seinen Gedanken gerissen. Es handelte sich offenbar um einen Hauptmann, der das Beladen des Bootes überwachte. Unwillig musterte der Soldat Targs blutbesudeltes Gewand und Gesicht, das halb von dem improvisierten Kopfverband verdeckt wurde. »Wenn du verletzt bist, dann geh zu den anderen Verwundeten hinüber, aber steh hier nicht im Weg herum.«
Targ senkte den Kopf und
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