Götterschild
Euren Glauben an die vier großen Götter und die heilige viergöttliche Kirche habt Ihr erst jüngst beschworen, das könnt Ihr schwerlich schon wieder vergessen haben. Und offen gesagt weiß ich Euch auch lieber an meiner Seite als in meinem Rücken. Schließlich ist in Tilet nur noch eine kleine Garnison stationiert und so, wie ich Euch einschätze, könnte diese geringe Truppenpräsenz von Euch als eine günstige Gelegenheit angesehen werden, um Euren Machtgelüsten nachzugeben. Ich will Euch vor dieser Versuchung bewahren.«
»Und wenn ich mich weigere, Euch zu folgen?« Megas’ Frage hing in der Luft, so unheilvoll wie ein Schwarm Pfeile. Allen war klar, auf was eine solche Weigerung hinauslaufen würde.
»Ich bitte Euch, Inselherr Arud’Adakin, macht Euch nicht lächerlich«, entgegnete der Citarim vollkommen ungerührt.
»Ihr mögt die wendigeren Schiffe besitzen, aber Ihr wisst sehr genau, dass Ihr voll ausgerüsteten und besetzten Tileter Galeeren in einem Stellungskampf hoffnungslos unterlegen seid. Auf meinen Schiffen befinden sich doppelt so viele Krieger, wie Ihr aufbieten könnt. Zudem sind alle Geschütze auf den Strand ausgerichtet und bei einer einzigen Handbewegung von mir werden sie dieses Ufer in ein Flammenmeer verwandeln.«
»Das würdet Ihr aber auch nicht überleben.« Megas’ Körper spannte sich, als mache er sich bereit zum Angriff. Die Ordenskrieger im Gefolge des Citarim tasteten nervös nach den Griffen ihrer Schwerter. Die Schwarzlanzer taten es ihnen gleich, sofern sie noch eine Waffe griffbereit hatten.
»Wenn es der Wille der Götter ist, dass ich hier sterbe, dann wird es so sein.« Das Kirchenoberhaupt berührte andächtig das goldene Symbol auf seiner Stirn. »Ihr solltet mittlerweile wissen, dass ich bereit bin, jedes Opfer zu erbringen, das von mir verlangt wird. Seid Ihr das auch, Megas Arud’Adakin?«
Gespannt beobachtete Targ, wie Megas reagiert. Gab er nach, so stellte das einen gewaltigen Gesichtsverlust dar, blieb er aber hart, kam das einem Todesurteil für ihn und seine Einheit gleich.
»Ihr wisst sehr genau, dass Techel noch nicht endgültig geschlagen ist und weiterhin mein Heimatland bedroht«, gab Megas zu bedenken und vermied es damit, klein beigeben zu müssen. »Jeden Tag, den ich nicht zu Hause weile, wächst die Gefahr eines erneuten Angriffs aus Tar’Tianoch.«
»Ich denke, Eure Sorge ist unbegründet«, wies der Citarim das Argument zurück. »Schließlich verfügt Ihr immer noch über die größte Flotte der Ostlande und mit Joshua Tabuk steht einer der fähigsten Kapitäne an der Spitze Eurer Seestreitkräfte. Außerdem habt Ihr Techel bei seinem Angriff auf Lechia schon eine schwere Niederlage beigebracht. Solange Ihr Eure Schiffe nicht für irgendwelche unüberlegten Abenteuer einsetzt, sondern nur zur Verteidigung Eurer Heimatinsel, wird Techel es nicht wagen, Euch noch einmal anzugehen. Also steht Eurem Mitwirken bei der Drachenhatz nichts mehr im Wege, oder seht Ihr das anders?«
Auch wenn Megas es zu verbergen versuchte, fand der ohnmächtige Zorn, den er empfand, dennoch überdeutlichen Ausdruck in seinem Gesicht. Sein Kopf lief rot an, er schluckte mehrmals, doch schließlich hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Wir haben eine ganze. Menge Schwerstverwundete, die müssen auf jeden Fall nach Ho’Neb zurückgebracht werden«, meinte er dann gefasst. »Außerdem befinden sich die beiden Ecorimkämpfer Meatril und Targ noch immer im Ratsgebäude von Seewaith in Haft. Wir müssen sie erst herholen, bevor wir ablegen können.«
»Kein Grund, Zeit zu verlieren.« Der oberste Citdiener winkte ab. »Das können Eure Männer für Euch erledigen. Ihr selbst, Eure kampffähigen Soldaten und die zwei Ecorimkämpferinnen werdet uns mit zwei Schiffen folgen, die anderen zwei sollen mit den Verwundeten und einer kleinen Wachmannschaft nach Seewaith fahren. Dort werden diese Wachen von Bord gehen, die Ecorimkämpfer unauffällig auf einen kleinen Segler des Tempels bringen und mit ihnen zur Charamra-Bucht fahren. Eure beiden Schiffe dürfen dann nach dem kurzen Halt in Seewaith mit den Verwundeten heimkehren.« Ohne Megas die Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben, wandte er sich ab und stieg wieder in das Ruderboot, das von seiner Leibwache augenblicklich aufs Wasser hinausgeschoben wurde. »In einer halben Stunde legen wir ab!«, rief der Citarim Megas zu, nachdem er sich wieder breitbeinig in die Mitte des schaukelnden Gefährts gestellt
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