Götterschild
Matrosen, die bisher die Vorgänge auf dem anderen Schiff verfolgt hatten. Binnen weniger Herzschläge herrschte Chaos an Deck. Es wurde nach Wassereimern gerufen, Befehle gellten durch die Nacht, Waffen blitzten auf. Targ sah sich bald schon einem Dutzend grimmiger Matrosen gegenüber, die dem Brandstifter mit Knüppeln, Messern und Enterhaken bewaffnet zu Leibe rücken wollten. Doch Targ war schneller als sie. Jeder, der ihm zu nahe kam, trug klaffende Schnitte oder tiefe Stichwunden davon. Nachdem er drei Matrosen auf diese Weise in die Knie gezwungen hatte, wagten die anderen es nicht mehr, ihn anzugreifen. Sie standen nur da, umringten ihn wie ein Rudel mutloser Jagdhunde und mussten hilflos zusehen, wie das Feuer ihr Schiff in Besitz zu nehmen begann. Die Flammen hatten bereits den vorderen Mast erreicht und schlugen bis zum Focksegel hinauf. Der Fahrtwind fachte den Brand noch zusätzlich an. Über kurz oder lang wäre das Schiff verloren, wenn sie nichts unternahmen.
Plötzlich wurde Targs Schulter zur Seite gerissen. Ein brennender Schmerz fuhr ihm in den linken Arm. Eine rote Linie begann sich abzuzeichnen, die rasch zu einem Fleck anwuchs. Endlich verstand er. Man hatte einen Pfeil auf ihn abgeschossen. Glücklicherweise hatte das Geschoss seine Schulter nur gestreift.
Er machte ein paar Schritte rückwärts. Heiß loderten die Flammen in seinem Rücken und verhinderten ein weiteres Zurückweichen. Die Meute der Schiffsbesatzung lauerte auf seine erste Unachtsamkeit. Zischend schnellte ein weiteres Geschoss heran und bohrte sich knapp einen Fingerbreit vor ihm in die Schiffsplanken. Targ konnte den Schützen in der Dunkelheit außerhalb des hellen Feuerscheins nicht sehen, aber er war sich sicher, dass er irgendwo auf dem Achterdeck stand und von dort in aller Ruhe auf ihn zielte. Ein Wunder, dass er ihn nicht schon längst getroffen hatte. Offenbar handelte es sich um keinen besonders guten Schützen. Doch es war nur eine Frage der Zeit.
Das Schiff vollführte einen deutlichen Schwenk nach backbord. Targ atmete auf. Draufhatte er gewartet. Der Kapitän nahm das Schiff aus dem Wind, um an Fahrt zu verlieren. Dadurch beabsichtigte er, die Ausbreitung des Feuers, das durch den Fahrtwind weiter angefacht worden war, zu verlangsamen und den Brand effektiver bekämpfen zu können.
Es gab nichts mehr zu überlegen. Targ sprang. Hinter ihm surrte ein weiterer Pfeil durch die Luft, doch er hatte sich bereits mit einem Hechtsprung über die Bordwand gerettet. Die schwarzen Wasser der Istara schlugen über seinem Kopf zusammen und umschlossen ihn mit eisiger Nässe. Er hatte nicht vermutet, dass das Wasser so kalt sein würde. Dabei wusste er eigentlich, dass die Gewässer nördlich von Seewaith sich auch unter der Sommersonne nie wirklich aufwärmten, da sie an das ewig frostige Eismeer des hohen Nordens grenzten.
Kurzzeitig verlor er unter Wasser die Orientierung. Alles war dunkel. Dann durchstieß er mit dem Kopf prustend die Wasseroberfläche. Gleich darauf traf ihn etwas am Kopf. Der Aufprall war zwar schmerzhaft, ließ aber keine offene Wunde zurück. Er hörte Schreie über sich. Die Mannschaft warf alles nach ihm, was sie gerade in die Finger bekam, um seine Flucht zu verhindern. Er musste weg vom Schiff, und zwar schnell.
Targ tauchte wieder ab. Er machte unter Wasser ein paar kräftige Schwimmstöße und änderte mehrmals die Richtung. Ein gutes Dutzend Schritt entfernt kam er wieder an die Oberfläche. Mit behutsamen Bewegungen brachte er noch etwas mehr Abstand zwischen sich und das Schiff, dann begann er wasserzutreten. Hier würde ihn erst einmal niemand entdecken. Jetzt hieß es in sicherer Entfernung abwarten und beobachten.
Bis aufs Äußerste gespannt suchte er mit den Augen nach dem zweiten Schiff, das inzwischen bereits ein gutes Stück weitergefahren war. Alles hing jetzt davon ab, wie der Kapitän des anderen Seglers auf die Notlage des Schwesterschiffs reagieren würde. Targ rechnete fest damit, dass er wenden und der vom Feuer bedrohten Besatzung zu Hilfe eilen würde. Aber reichte diese Ablenkung aus, um die Istanoit vor dem Über-Bord-Gehen zu bewahren?
Endlich erfolgte die ersehnte Wende. Targ konnte zwar nicht erkennen, was mit den Istanoit geschehen war, aber das zweite Schiff machte kehrt und kam bis auf zweihundert Schritt heran. Der Kapitän ließ die Segel einholen, der Anker wurde aber nicht ausgeworfen, weil sie sich bereits in zu tiefen Gewässern befanden. Kurze Zeit
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