Götterschild
eingedämmt ist, der Kahn wird mit Mann und Maus sinken, das könnt ihr mir glauben.«
Ein grauhaariger Mann mit roter Schärpe unter einer dunklen Uniformjacke trat näher. Die anderen Besatzungsmitglieder machten ihm respektvoll Platz. Es musste sich um den Kapitän handeln, vermutete Targ.
»Was ist das für eine Geschichte von einem Loch im Rumpf?«, verlangte der Mann unwirsch zu erfahren.
»Dieser Kerl, den wir gerade aus dem Wasser gefischt haben, behauptet, das Feuer hätte der Windlanze ein Loch in den Bauch gebrannt«, gab der Matrose sogleich Auskunft, der zuvor mit Targ gesprochen hatte. »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, Käpt’n.«
»Nichts, würde ich sagen«, grollte der Schiffsführer mit finsterer Miene. »Das Feuer ist doch offensichtlich auf dem Oberdeck ausgebrochen. Bis es von da den Rumpf erreicht, dauert es eine ganze Weile.« Er stieß den am Boden liegenden Targ unsanft mit dem Fuß an. »Aber vielleicht kannst du mir verraten, wie das Feuer überhaupt erst ausbrechen konnte? Du hast nicht zufällig etwas damit zu tun, oder?«
Targ wusste, dass sein Täuschungsmanöver gescheitert war. Es gab nur noch eine Möglichkeit. Seine Gewandtheit war zwar durch die zurückliegenden Strapazen beeinträchtigt, aber er würde dennoch auf sie setzen müssen. Schnelligkeit war im Kampf schon immer seine größte Stärke gewesen. Damit hatte er sogar immer den zwei Köpfe größeren Deran besiegt. Und sein Bruder sollte stolz auf ihn sein, wenn er ihm in Xelos’ Hallen gegenübertrat.
Targ sprang auf. Gleich darauf hatte er das Messer in der Hand. Bevor irgendeiner der Umstehenden wusste, was geschah, saß die scharfe Klinge auch schon am Hals des Kapitäns.
»Wenn sich einer bewegt, ist er tot«, zischte der Ecorimkämpfer. Der Ausdruck in seinen Augen ließ keine Zweifel am Ernst seiner Worte aufkommen. Er war zu allem entschlossen. Keiner rührte sich.
»Wo sind die Gefangenen?«, fragte er den Kapitän.
»Unter Deck«, antwortete dieser mit erstickter Stimme.
»Alle? Oder habt ihr schon einen ins Wasser gestoßen?«
»Nein«, versicherte der Schiffsführer, »sie sind alle noch da.«
»Gut«, sagte Targ, »ich möchte, dass ihr mir jetzt genau zuhört.« Die Besatzung hatte inzwischen den ersten Schrecken überwunden. Man konnte am Funkeln ihrer Augen erkennen, dass sie darüber nachdachten, auf welche Weise sich Targ am leichtesten überwältigen ließ. Der Ecorimkämpfer wusste, dass er sich unverzüglich aus dieser bedrohlichen Umkreisung lösen musste, wenn er überleben wollte.
»Zunächst einmal werdet ihr sofort all eure Waffen über Bord werfen«, begann er seine Anweisungen zu erteilen, während er sich bereits rückwärts auf die Treppe im hinteren Teil des Schiffes zubewegte. »Ich werde inzwischen mit dem Kapitän aufs Achterdeck hinaufgehen und dort will ich außer ihm und mir niemanden sehen. Ansonsten sollt ihr wie sonst auch den Anweisungen eures Kapitäns Folge leisten. Wenn ihr euch daran haltet, wird niemandem etwas geschehen. Tut ihr nicht, was ich sage, ist er der Erste, der stirbt. Und wenn ihr mich angreift, werden ihm mit Sicherheit noch ein paar von euch in Xelos’ Reich folgen, das kann ich garantieren. Überlegt es euch gut, ob ihr das riskieren wollt.«
Einige zähe Augenblicke lang geschah nichts, doch endlich ließ einer der Männer sein Messer über die Reling fallen. Nachdem der Anfang gemacht war, taten es ihm die anderen Seeleute gleich und machten danach widerwillig Platz, um Targ mit dem Kapitän in seiner Gewalt aufs Achterdeck hinaufsteigen zu lassen. Die ganze Zeit über hielt der Ecorimkämpfer sich eng an den Rücken seiner Geisel gepresst, die Messerklinge grub sich dabei tief in die weiche Haut unter dem bärtigen Kinn des Kapitäns. Als sie vor dem Steuerrad angekommen waren, lockerte Targ seine Umklammerung ein wenig.
»Als Erstes werdet Ihr Befehl geben, die Gefangenen freizulassen«, erklärte Targ, »danach setzt ihr die Segel und bringt uns nach Seewaith.«
»Seewaith?« Der Schiffsführer lachte verächtlich. »Eine gute Idee. Da wird euch die Stadtwache gleich bei der Ankunft verhaften.«
»Das glaube ich eher nicht«, entgegnete Targ selbstsicher, »schließlich segeln wir unter der Flagge Ho’Nebs. Und wenn dann ein paar Matrosen und Soldaten in den entsprechenden Uniformen das Schiff verlassen, wird sich niemand etwas dabei denken. Dass Ihr dann gefesselt und geknebelt im Bauch des Schiffes liegt, wird man erst
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