Götterschild
Handschuhe und Kopfbedeckungen. Der Citarim selbst hatte noch in Tilet dafür Sorge getragen, dass absolut jeder eine taugliche Waffe mit sich führte, meist einen metallverstärkten Speer, ein Schwert, Bogen oder Armbrust. Sogar mehrere Kompanien Axtschwinger aus Südantheon standen unter Ardens Befehl und zwanzig Züge Söldlinge, die mit beinahe zwei Schritt langen Bidenhändern ausgerüstet waren. Dabei handelte es sich um zweihändig geführte Schlachtschwerter, die in den Händen eines kundigen Schwertgesellen eine wahrhaft furchterregende Waffe darstellten. Doch in die großen Geschützarmbrüste, auch Bailisten genannt, setzte Arden die größte Hoffnung, dem Drachen eine ernsthafte Verwundung beizubringen. Ganze fünfundzwanzig Stück dieser Geschütze waren auf Karren montiert bis in diese Höhen befördert worden. Eine vierköpfige Geschützmannschaft konnte damit über große Distanz balkendicke Pfeile mit massiv eisernen Spitzen verschießen, die, dessen war sich Arden sicher, auch die Haut eines Drachen durchschlagen würden, mochte sie auch noch so zäh sein.
Arden umschloss den Griff von Ecorims Schwert. Er fühlte die Macht der Klinge durch seinen Geist pulsieren. Das Wohlwollen der Götter hüllte ihn ein wie ein schützender Mantel, daran bestand für ihn nicht der geringste Zweifel. Seine Truppen waren bestens ausgerüstet, hoch motiviert und zahlenmäßig jedem anderen jemals ausgehobenen Heer weit überlegen. Der Drache konnte nun nicht mehr in die Luft entkommen. Sie verfügten über massenhaft Schnee und Wasser, um sich vor dem Drachenfeuer zu schützen. Jeder nur erdenkliche Vorteil lag auf ihrer Seite. Was scherten ihn da diese lächerlichen Flattertiere aus Etecrar, in die der Citarim so vernarrt zu sein schien. Er brauchte sie nicht. Hier war alles, was er benötigte. Der Drache würde an diesem Ort durch seine Hand sterben. Am Kahlen Haupt würde Ardens Ruhm unsterblich werden.
»Solange das Heer noch nicht vollzählig ist«, sagte Arden schließlich an den Kundschafter gewandt, »möchte ich, dass ihr weiterhin in eurer Deckung bleibt und dem Drachen keinerlei Grund liefert, seinen Bau zu verlassen. Gib diesen Befehl an die anderen weiter. Der Rest meiner Armee wird unten bei dem See Aufstellung nehmen und auf dem Teil der Schneezunge ein Nachtlager aufschlagen, der vom Drachenhort aus nicht einsehbar ist. Während der Nacht sollten eigentlich alle noch fehlenden Truppen hier eintreffen, sodass wir morgen früh losschlagen können.« Er blickte noch einmal versonnen zu der Öffnung im Fels hinüber. »Morgen wird ein großer Tag, Zeral, morgen werden wir das Böse endgültig besiegen.«
Ecorims Schwert glänzte in der Morgensonne. Arden bewegte sich wie im Rausch. Er fieberte der kommenden Auseinandersetzung entgegen, pure Kampfeslust brodelte in seinem Geist. Und seine Männer fühlten ebenso wie er, denn sein Wille war durch Fendralins Einfluss auch der ihre. Sie alle kannten an diesem Tag nur das eine Ziel, die Existenz des größten Feinds der Götter zu beenden.
Arden stieg an der Spitze einer Kompanie Gardesoldaten, die er als seine zuverlässigste Einheit für diesen ersten Ansturm ausgewählt hatte, den Geröllhang hinauf zum gähnenden Schlund der Drachenhöhle. Vor ihnen marschierten in breiter Front die Schildträger mit den riesigen Setzschilden, zwischen denen jeweils eine Lücke für die langen, von vier Soldaten gehaltenen Lanzen gelassen wurde. Bei Bedarf konnten diese mit den Enden in den Boden gerammt werden, sodass sich der Drache durch die Wucht eines eventuellen Frontalangriffs dann selbst aufspießen würde. Dahinter holperten die auf Karren gezogenen Ballisten, die bereits geladen und so eingestellt waren, dass sie über den vorangetragenen hölzernen Schildwall hinwegschießen konnten.
Als sie unmittelbar vor dem Eingang der Drachenhöhle angekommen waren, kam der Zug abrupt zum Stehen, ohne dass Arden einen Befehl dazu gegeben hätte. Aber die schiere Größe des Spalts war so ehrfurchtgebietend, dass die Männer nicht anders konnten, als staunend innezuhalten. Arden packte den Griff von Ecorims Schwert noch etwas fester und bahnte sich entschlossen einen Weg durch die Schildreihen vor ihm. Er wollte der Erste sein, der den Ort des Schreckens betrat. Kurz bevor er vom Schatten des Echsenhorts verschluckt wurde, wandte er sich noch einmal zu seinen Männern um. Die Soldaten, mit denen er bis hierher geklettert war, stellten nur eine winzige Vorhut dar.
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