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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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wieder bei den Ejas erspüren konnte. Deshalb fragte sie mittlerweile nicht mehr. Sie redete überhaupt nur noch das Nötigste und flüchtete sich ansonsten in die Geistsprache mit ihrem Bruder Arlion.
    Trotzdem entging ihr nicht, dass an diesem Tag eine seltsame Aufregung das Lager der Istanoit Ejas ergriffen hatte. Eine der zahlreichen Kundschafterinnen, die seit dem Überfall auf die Istanoit Ril durch die Steppe streiften, war heute am frühen Vormittag zurückgekehrt und hatte ganz offensichtlich etwas Wichtiges zu berichten gehabt. Seither herrschte erwartungsvolle Spannung im ganzen Stamm, denn die Kunde hatte sich rasch verbreitet. Nur bis zu Thalia war nichts davon durchgedrungen und aus den verwirrenden Bruchstückchen, die sie aus dem Geist ihrer neuen Stammesbrüder und -Schwestern aufzuschnappen vermochte, ließ sich nichts Verständliches zusammensetzen. Fragen wollte Thalia jedoch auch niemanden, denn dann hätten sich nur wieder irgendwelche mitleidvollen, trübsinnigen Gedanken über sie ergossen, die ihre Traurigkeit in Form von unkontrollierbaren Tränen zum Überlaufen gebracht hätten. Das wollte sie um jeden Preis vermeiden.
    Daher drückte sie sich nun zusammen mit Arlion zwischen den Zelten herum und wartete ungeduldig auf jenes mysteriöse Ereignis, dessen Bevorstehen solche Unruhe im Stamm hervorrief. Die Istanoit Ejas lagerten am Fuße einer niedrigen Hügelkette in der Nähe eines großen Teichs, der von lichten Auwäldern umgeben war. In alle Richtungen konnte man höchstens ein- oder zweihundert Schritt weit sehen, und durch diese grüne Barriere war das Lager vor den Blicken feindlicher Kundschafter gut geschützt. Der Umzug an diesen eigentlich für die kalte Jahreszeit vorgesehenen Ort lag erst ein paar Tage zurück. Nach dem Überfall auf die Istanoit Ril sahen die Stammesältesten dieses Winterlager im Vergleich zu dem in der offenen Steppe gelegenen Sommerlager als sicherer an.
    Aufgrund der eingeschränkten Sicht bemerkte Thalia das Näher kommen der Fremden wieder zuerst in ihren Gedanken. Der Wind schien Hunderte Denkfragmente heranzuwehen wie kleine Staubkörnchen, die durch die Luft wirbelten. Eine plötzliche Welle von Panik überrollte Thalia, da sie sofort an die Unheil verkündenden Gedankenfetzen erinnert wurde, die sie vor dem Überfall auf ihren Stamm wahrgenommen hatte. Aber diesmal war es anders. Diese Denkstückchen erschienen ihr nicht so scharfkantig und unangenehm. Sie wirkten eher sanft und rund, vielleicht sogar ein bisschen träge, jedenfalls in keiner Weise bedrohlich.
    Bald verriet auch das Rascheln und Knacken im Unterholz, dass sich eine große Gruppe von Menschen näherte. Schließlich konnten Thalia und Arlion vier Istanoitreiterinnen erkennen, denen ein über hundertköpfiger Zug Bewaffneter folgte. Ganz vorn sah Thalia zwei groß gewachsene, kräftige Männer, die ihr vage bekannt vorkamen, doch sie fand keine Zeit, ihre Erinnerung nach den Gesichtern der beiden zu durchforsten. Weiter hinten waren ihr nämlich mehrere Wagen aufgefallen, die sich inmitten des näher kommenden Zuges auf dem einzigen Pfad ins Lager zwischen tief hängenden Ästen voranquälten. Auf dem vordersten saß neben dem Wagenlenker ein Junge auf dem Kutschbock, den Thalia augenblicklich wieder erkannte. Das war eindeutig Felb! Sie quietschte vor Freude und lief los. Arlion blieb zunächst verdattert zurück, sandte ihr dann einen Protestruf hinterher und versuchte, sich an ihre Fersen zu heften.
    »Felb! Felb!«, rief Thalia aufgeregt, während sie auf den Wagen zurannte, ohne sich um die blutigen Striemen zu kümmern, die ihr die Dornen auf ihren Armen beibrachten.
    Als er seinen Namen hörte, stand der Junge auf und blickte sich suchend um. Nachdem er Thalia entdeckt hatte, die mit wehenden Haaren auf ihn zugelaufen kam, lachte er und sprang von dem Karren hinab. »Du hast es geschafft!«, jubelte er. »Sie haben dich nicht gefunden.«
    »Nur weil du uns nicht verraten hast, Felb.« Sie fiel ihrem Stammesbruder stürmisch um den Hals. Doch schon im nächsten Atemzug fragte sie: »Wo ist Mama?«
    Sogleich war die Wiedersehensfreude aus Felbs Gesicht gewischt. »Sie haben sie mitgenommen.«
    Tränensäume bildeten sich an Thalias Lidern. »Was heißt, sie haben sie mitgenommen? Wohin denn?«
    »Das weiß ich nicht genau«, räumte Felb bekümmert ein. »Sie wurde auf ein Schiff gebracht, aber wo es hingefahren ist, kann ich dir nicht sagen.« Er sah auf und deutete über Thalia

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