Götterschild
ebenfalls vorgehen würde. Als sich das feindliche Heer zur Flucht wandte, versuchte er, möglichst viele der gegnerischen Soldaten unschädlich zu machen, damit sie sich nicht wieder sammeln und ihm ein weiteres Mal gefährlich werden können. Das ist nicht gegen dich gerichtet, Arden, wir wissen ja jetzt alle, welch unglückliche Vorbedingungen dazu geführt haben, aber Fakt ist, dass du der Angreifer warst und sich der Drache lediglich verteidigt hat. Ich denke, wir sollten nicht außer Acht lassen, dass er ein Feind der Kirche ist, und das macht ihn für uns zu einem potenziellen Verbündeten.«
Arden sprang auf. »Weißt du eigentlich, was du da redest?«, rief er aus. »Dieses Wesen hat nahezu zweihundert Tausendschaften meines Heeres in Grund und Boden gestampft und du sprichst hier von einem Bündnis. Das ist eine Bestie! Die Ausgeburt des größten Dämonenpfuhls der Zwischenwelt!
Genauso gut könntest du dich mit den ruhelosen Geistern vor Xelos’ Feuer verbünden. Es mag sein, dass es einmal Frieden zwischen Drachen und Menschen in diesem Land gab, aber war es nicht auch Skardoskoin, das im zweiten Drachenkrieg von dem entfesselten Drachen verheert wurde? Vielleicht war der Drache früher einmal ein Freund der Menschen, wenn ich es mir auch nur schwer vorstellen kann, aber jetzt ist das Gegenteil der Fall, das könnt ihr mir glauben.«
Thalia hielt es nicht mehr aus. Lange hatte sie der Diskussion in atemlosem Staunen gelauscht, gänzlich fasziniert davon, wie sehr sich vieles, was sie hier hörte, mit dem deckte, was Zottelbart gesagt hatte. Doch das Geheimnis des Drachenamuletts, welches sie um den Hals trug, hatte noch niemand erwähnt. War es möglich, dass sie etwas wusste, was all diesen Erwachsenen nicht bekannt war? Ohne weiter darüber nachzudenken, sprang sie auf, um den anderen von Zottelbart zu erzählen. Als sich daraufhin alle Blicke auf sie richteten, verließ sie jedoch der Mut. Sie lief augenblicklich puterrot an und setzte sich wieder kleinlaut auf ihren Schemel.
»Thalia«, sagte Tarana milde, »wenn du lieber gehen möchtest, dann kannst du das gerne tun. Das wird hier wohl noch eine Weile dauern.«
»Ich glaube, sie möchte uns etwas mitteilen«, meinte Arton freundlich, aber bestimmt. Sein eines Auge fixierte Thalia, so dass sie das Gefühl beschlich, er wisse genau, was sie gerade gedacht hatte. »Keine Angst, sag einfach, was du sagen wolltest«, forderte er sie auf. »Wir hören zu.«
»Ich …«, erwiderte sie zaghaft, »habe aber versprochen, das Geheimnis nicht zu verraten.«
»Wem hast du das versprochen?«, fragte Tarana beunruhigt.
»Na, diesem Zottelbart«, gab Thalia zögerlich Auskunft, »mit dem ich vorhin gesprochen habe, als du mich gesucht hast. Bei dem Steinhaufen.«
»Du meinst den Einsiedler?«, erkundigte sich Arden überrascht. »Den hatte ich ganz vergessen. Als wir nach Arch Themur kamen, haben wir hier einen verrückten, alten Eremiten angetroffen, der mit seinen Schauergeschichten die Soldaten irre gemacht hat. Wir haben ihn in seinem Unterschlupf im Nordteil der Festung eingesperrt, damit er niemanden mehr behelligen kann.« Er fuhr sich nachdenklich über die Stirn. »Im Nachhinein wünschte ich, ich hätte den Worten dieses sonderbaren Kerls mehr Beachtung geschenkt, denn er hat versucht, mich unter anderem vor dem Drachen zu warnen.«
»Und mit diesem Einsiedler hast du dich unterhalten?«, fragte Tarana ungläubig. »Über was denn?«
»Na ja«, stammelte Thalia, der zunehmend unwohl in ihrer Haut wurde, »das soll ich eben für mich behalten.«
»Ich kenne da einen einfachen Trick, Thalia«, meinte Arton mit einem kaum merklichen Lächeln auf den Lippen. »Du musst nur deinen Geist ein wenig für mich öffnen und mich darin nach den Worten des Einsiedlers suchen lassen. Auf diese Weise brauchst du nicht dein Versprechen zu brechen, denn du musst dein Geheimnis nicht verraten. Du lässt mich sozusagen nur einen kurzen Blick darauf werfen. Was meinst du?«
Ein wenig ratlos sah Thalia von Arton zu Tarana, die ihrerseits Arton einen fragenden Blick zuwarf. Als dieser ihr aber beruhigend zunickte, wandte sie sich wieder an Thalia und sagte immer noch mit merklichen Vorbehalten: »Das ist in Ordnung, wenigstens in diesem besonderen Fall.«
Thalia schluckte und versuchte dann, ihren Geist zu öffnen, wie Arton vorgeschlagen hatte. Da sie aber nie so bewusst mit ihrer Gabe umgegangen war, hatte sie eigentlich nicht die geringste Vorstellung davon,
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