Götterschild
bestens aufgehoben.«
Shyrali hob erstaunt die Brauen. »Ist das dein Ernst? Ich dachte …«, sie zögerte. »Nun, ehrlich gesagt, dachte ich, dass du mich nicht besonders leiden kannst.«
»Das stimmt nicht«, beteuerte Targ regelrecht erschrocken. »Wenn ich manchmal ein bisschen unwirsch dir gegenüber war, dann hatte das nichts mit dir persönlich zu tun, sondern eher mit Meatril … und dir … du weißt schon.« Besorgt wanderte sein Blick zu Daia hinüber, die aber keine Reaktion zeigte.
»Ich verstehe«, antwortete Shyrali nachdenklich. »Vielleicht werde ich dein Angebot wirklich annehmen. Wenn auch nur die Hälfte der Gerüchte wahr ist, die man so hört, dann sollte das Handelshaus Soldarin in der Tat reichlich Verwendung für eine Spionin haben.«
»Nun gut«, Rai seufzte, »dann müssen wir uns also von euch allen verabschieden. Doch nur bis zu einem baldigen Wiedersehen, wie ich hoffe.«
Der Abschied dauerte lange, denn die Trennung fiel ihnen allen nach dem, was sie gemeinsam durchgestanden hatten, sehr schwer. Trotzdem wurden nur noch wenige Worte gewechselt, denn es gab schlichtweg nichts mehr zu sagen. Jeder wusste, was die anderen durchlitten hatten, und es war müßig, dies noch einmal zu erwähnen oder zu bedauern.
Schließlich verließen die Gefährten nacheinander das Zelt und gingen auf die Toröffnung zu, vor der sich bereits die andobrasischen Truppen zum Abmarsch sammelten. Auf dem Weg dorthin wurde Shyrali plötzlich am Arm festgehalten. Sie drehte sich verwundert um und sah sich Daia gegenüber, deren hübsches Gesicht jetzt im Licht des jungen Tages umso farbloser und von Kummer gezeichnet wirkte.
»Ich habe dir noch nicht dafür gedankt, dass du mich unter den Trümmern herausgezogen hast, nachdem der Drache auf das Lager gestürzt ist«, sagte sie mit brüchiger Stimme.
Shyrali schlug ihre Augen nieder. »Das brauchst du nicht. Ich hatte nicht nach dir gesucht …« Sie verstummte.
»Ich weiß«, meinte Daia, »trotzdem.« Sie schien eine Weile mit sich zu ringen, dann endlich überwand sie sich: »Du hast ihn geliebt, nicht wahr?«
»Ja, das habe ich«, bekannte Shyrali ohne Umschweife.
Wieder kämpfte Daia einen Moment mit sich. »Ich wollte dir auch sagen, dass …«, sie stockte, »dass ich dir keinen Vorwurf mache, weil sich Meatril von mir abgewandt und für dich entschieden hat. Es war meine eigene Schuld.«
»Was meinst du damit, er hat sich für mich entschieden?«, fragte Shyrali mit einem Kopfschütteln. »Er ist für dich in den Tod gegangen. Was für einen Liebesbeweis willst du noch?« Sie konnte ihre Verbitterung nicht verbergen.
Diese Erwiderung kappte endgültig den dünnen Faden, an dem Daias Fassung noch gehangen hatte. Tränen liefen ihr über die Wangen und sie sah so unendlich verloren aus, dass Shyrali nicht anders konnte, als sie in den Arm zu nehmen.
»Vielleicht hatten wir ihn beide nicht verdient«, murmelte sie schließlich so leise, dass Daia es über ihrem Schluchzen nicht hören konnte.
Arton starrte auf das windschiefe Holzhaus in der engen, schlammigen Gasse im Herzen Seewaiths, vor dem er nahezu drei Jahre zuvor schon einmal gestanden hatte. Doch der bis zur Skrupellosigkeit ehrgeizige Krieger von damals schien rein gar nichts mehr mit Artons jetzigem Ich gemein zu haben. Dennoch konnte und wollte er sich nicht seiner Verantwortung entziehen. Es galt, etwas aus dieser längst vergangenen Zeit ins Reine zu bringen.
»Bist du bereit?«, fragte er das kleine blonde Mädchen neben sich. Thalia nickte tapfer, aber sie ließ Taranas Hand nicht los. »Ich werde zuerst hineingehen«, sprach Arton weiter, »und dich dann rufen, sobald sie dich sehen will.« Thalia nickte abermals.
Arton atmete tief durch. Er blickte Tarana an, als wolle er sich noch einmal ihrer Zustimmung versichern. Es war nicht leicht gewesen, ihr zu beichten, was Thalias Mutter seinetwegen hatte durchleiden müssen. Aber Tarana hatte ihn nicht verurteilt, sondern stattdessen mit dem Vorschlag überrascht, ihm bei seinem schweren Gang am heutigen Tage zur Seite zu stehen.
Arton strich Arlion, der auf Taranas Arm saß, noch einmal über den Kopf und lächelte. Sein Sohn lächelte zurück. Entschlossener denn je schritt der Krieger auf die niedrige Tür zu, die den Eingang zur Behausung von Belena Sogwin verschloss. Er klopfte. Von drinnen war nichts zu hören. Vorsichtig drückte er gegen die Tür und diese schwang knarrend auf.
»Hier gibt es nichts zu holen«, erklang
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