Götterschild
Festung aufhielten, waren Verwundete und die unermüdlichen Helfer, die sich um sie kümmerten. Alle verfügbaren Soldaten, hauptsächlich Truppen von Barat und Rai, wurden zu Aufräumarbeiten vor den Mauern eingesetzt, was sich in erster Linie auf das Sammeln und Verbrennen von Leichen beschränkte. Kommandant Fadwen, einer der wenigen Überlebenden, hatte unaufgefordert dafür Sorge getragen, dass diese notwendige Aufgabe erledigt wurde.
Die Stimmung in dem ehemaligen Königszelt war äußerst gedrückt, trotz des Sieges über die Fardjani. Von Arden hatten sie bereits am Abend zuvor Abschied genommen und seinen Körper den Flammen übergeben. Nach langem Ringen hatten sie sich schließlich dazu entschlossen, den Priester Nataol die Zeremonie durchführen zu lassen, denn der zwar noch an seinem Glauben festhaltende, aber in seiner Kirchentreue tief erschütterte Citdiener repräsentierte genau jene Zerrissenheit, die sie alle gegenüber den Göttern empfanden. Nach der Einäscherung teilten alle die Ansicht, dass sie in Bezug auf Nataol die richtige Entscheidung getroffen hatten. Dem betagten Glaubensmann war es gelungen, einen würdigen, tief bewegenden Abschied zu zelebrieren, der ihnen allen ein klein wenig von ihrer Verzweiflung nahm.
Ein ähnlicher Trost blieb ihnen bei Meatril versagt. Von ihm fehlte weiterhin jede Spur. Die anfängliche Befürchtung war inzwischen schon beinahe zur Gewissheit geworden: Seine sterblichen Überreste mussten unter dem Drachenkörper begraben sein, wenngleich sich endgültige Klarheit darüber wohl niemals erlangen ließe. Denn der riesenhafte Leib der Echse würde an dieser Stelle liegen bleiben, bis das Fleisch von den Knochen gefault und die mächtigen Gebeine zu Staub zerfallen waren, sodass sie der Wind über das Land verteilen konnte.
Und noch ein Toter war zu beklagen, auch wenn sich zunächst nur Thalia ernstlich betroffen von dieser Begebenheit zeigte. Der zottelige Einsiedler, der einstmals als dunkler Herrscher Hador Badach von der ehernen Feste aus über das Land Skardoskoin regiert hatte, war regungslos in seinem höhlenartigen Unterschlupf aufgefunden worden, ohne jede sichtbare Verletzung. Erst als Thalia in Tränen aufgelöst von seinem großen Opfer berichtete, das letztlich für das Eingreifen des Drachen in die Schlacht ausschlaggebend gewesen war, begannen alle, den Tod Hadors in einem anderen Licht zu sehen. Es war schließlich Arton, der dafür sorgte, dass auch der Leichnam seines Vaters ehrenvoll verbrannt wurde, so wie es einem großen Herrscher und Hüter der Götterklingen gebührte.
»Wir werden heute aufbrechen«, begann Rai zaghaft, in die bedrückende Stille hinein zu sprechen. »Andobras steht gerade ohne Verteidigung da, weil wir die meisten Truppen hierher mitgenommen haben. Deshalb wollen wir jetzt, so schnell es geht, zurück. Von den Skardoskoiner Freiwilligen, die mit uns nach Arch Themur kamen, haben sich viele Kommandant Fadwen unterstellt, um weiter bei den Aufräumarbeiten helfen zu können. Also sollte das auch nach unserem Aufbruch kein Problem darstellen.« Er wechselte einen Blick mit Barat, der ihm ermutigend zunickte. »Bevor wir gehen«, fuhr Rai daraufhin fort, »wollten wir euch alle einladen, mit uns nach Andobras zu kommen. Vielleicht könnt ihr dort Frieden finden, ein bisschen Abstand von den schrecklichen Ereignissen hier gewinnen.«
Das Schweigen hielt eine Weile an, dann hob Arton langsam den Kopf. »Ich fürchte, es gibt noch einige Dinge, die meine Aufmerksamkeit erfordern.« Er blickte zu Tarana hinüber. Arlion saß auf ihrem Schoß, Thalia schmiegte sich an ihre Seite. »Zunächst müssen wir nach Seewaith zurück, wo ich …«, Arton schluckte und senkte den Blick, »… etwas sehr Wichtiges zu erledigen habe. Danach wird Tilet unser Ziel sein, denn ich muss dafür sorgen, dass Ardens Rechte als König gewahrt werden, vor allem, was seine Nachfolge betrifft. Im Augenblick ist das Reich gefährlich geschwächt und einige Machthungrige, wie beispielsweise Jorig Techel, könnten auf die Idee kommen, das auszunutzen.« Er wandte sich Barat und Rai zu. »Es mag durchaus sein, dass wir irgendwann wieder auf die Hilfe von Andobras angewiesen sein werden. Eure freie Insel stellt nun einen wichtigen Verbündeten dar für … das neue Citheon. Deshalb hoffe ich, dass ihr uns vielleicht bald in Tilet besuchen kommt.«
Rai ging unversehens auf ihn zu und ergriff seine Hand. »Auf uns wirst du immer zählen können, Arton,
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