Goettersterben
Himmel, zerbarsten Planken und rissen Taue, um wie tödliche Messerklingen durch die Luft zu pfeifen. Die EL CID schrie wie ein riesiges lebendes Wesen, das unter den Hieben eines unbarmherzigen Gegners wankte … aber sie wehrte sich nicht. Die Geschütze des gewaltigen Schlachtschiffes schwiegen, obwohl es seine Gegner vermutlich mit einer einzigen weiteren Salve endgültig hätte ausschalten können.
Andrej beschloss, sich auch über dieses Rätsel später den Kopf zu zerbrechen und erst einmal dafür zu sorgen, dass er ihn auf den Schultern behielt, half Abu Dun mit einem kraftvollen Ruck auf die Füße und fuhr dann zu Loki herum.
Odins gefallener Sohn hatte aufgehört, sich kreischend hin- und herzuwerfen und lag gekrümmt und wimmernd auf der Seite, die verbliebene Hand auf den Stumpf seines linken Arms gepresst. Blut schoss aus der zerrissenen Arterie wie Wasser aus einem durchschnittenen Schlauch, und er lag in einer gewaltigen, hellrot dampfenden Lache. Aber der rote Strom wurde bereits dünner, und Andrej spürte die gewaltige Willensanstrengung, mit der Loki versuchte, die tödliche Wunde zu verschließen.
Andrej gedachte nicht, ihm so viel Zeit zu lassen. Seine Hand schloss sich um Gunjirs Griff, und diesmal hinderte ihn nichts daran, die Götterklinge zu ziehen. Gunjir schrie in seiner Blutgier tief in seiner Seele auf, hundertmal lauter und wütender als zuvor, fast als spürte die magische Klinge die Nähe einer Beute, die sie schon einmal gekostet hatte, und könne es nicht mehr abwarten, ihr vor so langer Zeit begonnenes Werk zu Ende zu bringen. Andrej schlug mit aller Gewalt zu, die er aufbringen konnte, und doch schien es vielmehr die Klinge zu sein, die ihn nach vorne riss, als seine Hand, die das Schwert führte.
Er stolperte, machte einen hastigen halben Schritt zur Seite, um nicht vom Schwung seiner eigenen Bewegung von den Füßen gerissen zu werden, und der finale Enthauptungsschlag verfehlte Loki um Haaresbreite. Knirschend bohrte sich die armlange Klinge dicht neben Lokis Schulter in die Decksplanken, und Loki rollte nicht nur blitzschnell herum, sondern schlug die Waffe auch mit seinem Armstumpf so wuchtig zur Seite, dass Andrej haltlos zurückstolperte und um sein Gleichgewicht kämpfen musste.
Abu Dun fing ihn auf, schob ihn einfach zur Seite und stürzte sich knurrend auf den Unsterblichen. Sein gewaltiger Krummsäbel blitzte auf und zersprang in tausend Stücke, als Loki das Unmögliche vollbrachte und plötzlich sein eigenes Schwert in der Hand hielt, um den Angriff damit zu parieren.
Abu Dun wäre nicht Abu Dun gewesen, hätte er sich von dieser unerwarteten Gegenwehr aus dem Konzept bringen lassen. Er warf Loki kurzerhand den abgebrochenen Stumpf der Waffe ins Gesicht und stürzte sich mit bloßen Händen auf ihn, um ihn in Stücke zu reißen, und hinter ihm trat ein schwarz und weiß flackerndes Gespenst geradewegs aus dem Nichts in die Wirklichkeit heraus und schleuderte ihn davon.
Andrej konnte nicht sagen, welcher der Unsterblichen es war, Marduk, Ra oder einer der beiden anderen, deren Namen sie nicht einmal kannten, aber es war ihm auch gleich, und Gunjir schien es ebenfalls gleichgültig zu sein, in wessen Fleisch es biss. Der Unsterbliche stieß ein schmerzerfülltes Grunzen aus und brach in die Knie, als Gunjir seine Seite aufriss, und Andrej stürzte vor, hatte das Gefühl, in eine rot glühende Messerklinge zu treten und stolperte zum zweiten Mal.
Diesmal stürzte er. Sofort rollte er sich herum und wieder auf die Füße, doch jetzt war es zur Abwechslung Loki, dem das Schicksal zu Hilfe kam. Die Kanonen der KingGeorge feuerten eine weitere Breitseite, unter der sich die EL CID aufbäumte wie ein harpunierter Wal, und die Erschütterung riss sie allesamt von den Beinen. Wieder regnete es Feuer und brennendes Holz und Segeltuch. Etwas strich heiß und sengend an Andrejs Wange vorbei, und noch während er den Schmerz wegblinzelte, sah er voller Entsetzen, wie sich der gewaltige Topmast des Schiffes wie ein brennender Riesenbaum zu neigen begann und zersplitterte. Brennende Seile schnitten wie Peitschen über ihnen durch die Luft, und irgendwo tief im Rumpf der EL CID explodierte etwas und löste eine ganze Kette schwächerer Folgeexplosionen aus, unter der sich das Schiff abermals schüttelte, als litte es Schmerzen.
Die Kanonen der EL CID schwiegen noch immer, und auch das Feuer der britischen Schlachtschiffe nahm allmählich an Intensität ab – auch wenn Andrej nicht
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