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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unterbrach ihn Andrej. »Überrascht dich das?«
»Ja«, murmelte Pedro. »Ich … meine natürlich: Nein, Warum sollte mich das überraschen?« Er linste nun doch – schüchtern – zu dem Wachtposten hin, der sich in diesem Moment stöhnend hochzurappeln versuchte, es dann aber vorzog, sich hastig wieder zurücksinken zu lassen und weiter den Bewusstlosen zu mimen, als er Andrejs Blick begegnete. Pedro schluckte hart und fuhr dann mit einem nervösen Lächeln fort: »Ich bin nur überrascht, dass ihr schon mit eurer Arbeit fertig seid.« »Und dass wir sie überlebt haben«, sagte Andrej. Pedro starrte ihn an und schwieg. Zwar sah man ihm das schlechte Gewissen an, fand Andrej … doch schien er in der Tat nicht erstaunt zu sein, sie lebendig zu sehen. »Ich … ähm … verstehe nicht ganz, was ihr von mir wollt«, sagte er, sah noch einmal zu dem halb benommenen Wachtposten hinunter und raffte sich zu etwas wie trotzigem Widerstand auf. »Und was hat dieser Auftritt zu bedeuten? Was fällt euch ein, hier so …« Abu Dun baute sich vor seinem Schreibtisch auf und verschränkte die Arme vor der Brust, und Pedro zog es vor, den Rest seiner Worte herunterzuschlucken. »Ich … äh … nehme an, ihr wollt jetzt euren Lohn?«, fragte er vorsichtig. Abu Dun deutete ein Schulterzucken an. Pedro ließ seine Schreibfeder sinken und zog mit der anderen Hand eine Schublade an seinem Schreibtisch auf, aus der er einen prall gefüllten Lederbeutel nahm. Mit fliegenden Fingern begann er, einige Münzen daraus abzuzählen, doch Abu Dun entledigte ihn schnell des ganzen Beutels und ließ ihn mit unbewegtem Gesicht in der Manteltasche verschwinden.
»He!«, protestierte Pedro schwach. »Was soll denn das!«
»Nimm es als Wiedergutmachung«, sagte Abu Dun. »Oder Schmerzensgeld«, fügte Andrej hinzu. »Jemand hat versucht, Andrej umzubringen«, schloss der Nubier.
»Umbringen?« Pedro riss ungläubig die Augen auf. »Aber das ist ja furchtbar!«
Sein Erschrecken war nicht gespielt, begriff Andrej. Er tauschte einen ebenso fragenden wie überraschten Blick mit Abu Dun, wandte sich dann aber wieder grimmig an den Hafenmeister: »Wie Ihr seht, sind wir noch am Leben. Aber wir hätten da ein paar Fragen an Euch.« »An mich?« Pedro kratzte noch einmal all seinen Mut zusammen und straffte sogar die Schultern, aber irgendwie sah er dadurch beinahe noch erbärmlicher aus. »Ich wüsste nicht, was ich …«
»… was du damit zu tun hast, dass zwei Fremde und Ausländer wie wir Zugang zu dem neuesten und zweifellos geheimsten Schiff der ganzen Flotte bekommen?«, unterbrach ihn Abu Dun. »Ja, darüber haben wir uns auch gewundert.«
Pedro starrte erst sein Gesicht, dann die Manteltasche an, in der sein Geldbeutel verschwunden war. Er schwieg.
»Ja, das ist eine wirklich gute Frage«, pflichtete ihm Andrej bei. »Hast du vielleicht eine Erklärung dafür?« »Ich verstehe überhaupt nicht …«, begann Pedro. Abu Dun ergriff ihn an der Schulter und drückte so fest zu, dass Andrej hören konnte, wie seine Knochen knackten. »Wir haben weder die Zeit noch Lust für Spielchen«, sagte Abu Dun. »Wer hat dich beauftragt, uns auf dieses Schiff zu schicken?«
»Niemand!«, keuchte Pedro. »Ich …«
Abu Dun packte noch fester zu, und Pedro verstummte mit einem entsetzten Japsen. Sein Gesicht verlor die letzte Farbe. In seinen Augen stand die blanke Todesangst geschrieben.
»Sagte ich schon, dass wir ein wenig in Eile sind?«, erkundigte sich Abu Dun lächelnd.
»Bitte!«, wimmerte Pedro. »Ich weiß nicht, was ihr von mir wollt, und …«
Andrej sah, wie Abu Dun dazu ansetzte, seinen Griff noch einmal zu verstärken und dem Hafenmeister damit vermutlich die Schulter zu brechen, und fiel ihm mit einer hastigen Bewegung in den Arm. »Lass ihn«, sagte er rasch. »Er sagt die Wahrheit.«
Verdutzt, aber gehorsam ließ Abu Dun Pedros Schulter los, und der Hafenmeister sank mit einem Wimmern über seinem Schreibtisch zusammen und schlug die Hand gegen den schmerzenden Arm.
»Ihr seid ja verrückt«, keuchte er. »Ihr könnt doch nicht hierherkommen und …«
»Vielleicht sollte ich lieber gehen und dich mit meinem Freund allein lassen«, schlug Andrej vor.
Pedro mied Abu Duns Blick. »Ich weiß überhaupt nicht, was ihr von mir wollt«, sagte er schließlich.
»Siehst du, ich wusste doch, dass du Vernunft annimmst«, antwortete Andrej, setzte für eine Sekunde sein freundlichstes Lächeln auf und wandte sich dann zu Abu Dun um. »Ich denke, ich

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