Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
Vom Netzwerk:
möge diese Aufgabe auch nur daraus bestehen, Kinder zu hüten.«
    »Vielen Dank!« Rowen klopfte dem Priester auf die Schulter und hockte sich neben ihn. »Die beiden werden dir schnell beweisen, dass Kinder hüten schwerer ist, als du denkst.«
    Sie verspeisten schweigend ihr Mahl, während um sie herum Galgenstricke um Hälse geknotet wurden.
    »Wo steckt Salus überhaupt?«, fragte Rowen, nachdem er in der Kammer erfolglos nach ihm Ausschau gehalten hatte.
    »Er ist bereits am Ort des Geschehens«, sagte Yannur zwischen zwei Löffeln Haferbrei. »Ich soll dir ausrichten, dass er dich dort erwartet.«
    »Und wo soll das sein?«
    »Du bist gestern noch dort gewesen, jedoch nicht ganz freiwillig – er will dich in den Laubengängen am Richtplatz treffen.« Der Vieräugige kratzte den letzten Rest Brei aus dem Napf. Jede seiner Bewegungen war wohlbemessen und präzise, ganz so, als würde er auch in diesem Moment einen Götterdienst abhalten.
    »Die anderen werden dorthin kommen?«
    Yannur nickte.
    Gedehnt seufzend, schob Rowen seinen halb geleerten Napf von sich weg. Ihm war so flau, als würde der Brei in seinem Magen rotieren. Jetzt wurde es ernst – jetzt musste er seinen Teil der Abmachung einlösen.
    »Hast du deine Arznei genommen, Clodia?«
    »Klar«, sagte sie zu ihrem Haferbrei. Rowen würde ihr ein neues Kleid aus Samt schenken, wenn sie das einmal ohne Entschuldigung in ihrer Stimme schaffen würde.
    »Gut, dann mache ich mich auf den Weg.« Er stand auf und richtete den Zeigefinger auf Yannur. »Wage es bloß nicht, sie zu missionieren. Die beiden sollen glauben, woran sie wollen.«
    »Oh!« Der Priester hob seine nicht vorhandenen Augenbrauen an. »Dabei können die Menschen, die von den Göttern ihr zweites Augenpaar erhalten, sogar vorhersehen, wer sich einmal in sie verlieben wird.«
    Clodia und Domitia umlagerten ihn, als hätte er plötzlich kandierte Kirschen aus den Tiefen seines Gewandes gezogen.
    Lachend verdrehte Rowen die Augen. »Du alter Wanderprediger verstehst was von deinem Handwerk.«
    Ohne Mühe fand die Maus den Weg durch die Verliese zurück in den Hüpfenden Schwammling . War er einmal einen Pfad entlanggeschritten, prägte er sich auf immer in sein Gedächtnis ein – auf Diebestouren war das unabdingbar.
    Im Wirtshaus angelangt, überwältigten ihn das Wogen der Tanzenden und das Wummern der Trommeln. Bierdunst und der Rauch von Eisenkrautpfeifen vernebelten den Raum. In der fensterlosen Folterkammer hatte er ganz vergessen, dass bereits wieder der nächste Abend hereingebrochen war.
    Er kämpfte sich zwischen den grölenden Feiernden hindurch ins Freie. Seit dem Kreuzzug waren die Spelunken entgegen aller Erwartungen voller statt leerer geworden. Die Sorge um Väter, Söhne, Brüder und Ehemänner, die in den Sladonischen Landen für Orchon kämpften, zerfurchte die Gesichter der Trinkenden. Wer sich dem Kreuzzug anschloss, konnte sich von seinen Sünden reinwaschen, vielleicht sogar einige Reichtümer erbeuten. Es war eine eigentümliche Mischung aus Frömmigkeit, Habgier und der Furcht vor Orchon, die die Leute dazu trieb, in die Eiswüsten Sladoniens zu ziehen. Seit Jahrzehnten war es ein Ziel des Ewigen Konzils, die ungläubigen Sladonier zu missionieren, aber bisher war jeglicher Kreuzzug in der Kälte zugrunde gegangen.
    Bier kann der beste Trostspender sein. Das wusste Rowen nur allzu gut, auch wenn er selbst nie trank. Ein Dieb musste stets über alle seine Sinne verfügen.
    Stille hing über der Stadt wie ein Fallbeil.
    Es war beinahe unheimlich, wie ruhig mehrere Hunderttausend Menschen doch sein konnten.
    Über den Serpentinenpfad entlang des Sichelfelsens, der von Laternen und nun geschlossenen Garküchen gesäumt war, wanderte er zurück in die Oberstadt.
    Mehr und mehr Volk lief ihm über den Weg, je näher er dem Richtplatz kam. Wie Motten, die vom Licht angezogen wurden. Auf dem Platz selbst standen sie wieder so dicht gedrängt wie am Tag von Rowens verunglückter Hinrichtung.
    Auf dem Schafott ragte nicht mehr die schaurige Galgenkonstruktion in die Höhe, sondern die aufgespannte, hausgroße Flagge des Ewigen Konzils – ein goldenes Efeublatt auf rotem Grund. Vor ihr waren vier Würdenträger in blütenweiße Togen aufgereiht, von denen Rowen aus der Ferne nur einen erkannte: Thallius, Scriptor Magnus und Vater von Rosanna. In seinem rollenden Stuhl fiel er immer gleich ins Auge.
    Rowen legte die Arme an, machte sich klein wie eine Maus und zwängte sich

Weitere Kostenlose Bücher