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Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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und die Bauern zu Hunderten fliehen mussten. Willkürliche Hinrichtungen durch die Dutzenden von Übergangsregimen, sinnlose Schlachten, Sekten allerorten. Bis es dem Ewigen Konzil gelungen war, die Ordnung wiederherzustellen, vergingen mehr als vier dunkle Jahre. Und das willst du wirklich zulassen?«
    Vallantus machte einen Schritt auf ihn zu, die Arme wie zu einer Umarmung ausgebreitet. »Was wir dir genau anbieten, ist Folgendes: Du erhältst ein Landgut in den Ährlanden, eine Rente von zweitausend Binaren pro Dekade bis an dein Lebensende und die Hand von Thallius' Tochter. Dafür verlangen wir lediglich von dir, dass du dich von Salus lossprichst und der Revolution den Rücken kehrst.«
    »So ein Angebot erhält man nur ein einziges Mal in seinem Leben«, fügte Thallius im Stile eines Fischhändlers hinzu, der seine letzte Ware zum Schleuderpreis verhökerte.
    Rowen ließ eine Olive durch seine Finger gleiten, die Backen aufgeblasen. Der Greis hatte Recht, so ein Angebot bekam man tatsächlich nur ein einziges Mal in seinem Leben. Würde er es annehmen, hätte er mehr, als er jemals zu träumen gewagt hätte. Ein Leben ohne Sorgen für sich und seine Schwestern, noch dazu Rosanna an seiner Seite.
    Für einen Moment gab er sich dem Bild hin, wie er mit einem Becher Wein auf der Terrasse seines Landguts saß, wie Clodia und Domitia zwischen den Weizenfeldern spielten, wie Rosanna in einem luftigen Kleid neben ihm saß und ihm zulächelte.
    »Lass dir ruhig Zeit mit deiner Entscheidung.« Vallantus lächelte aufmunternd.
    »Ich bin sicher, du wirst die richtige treffen«, sagte Rosanna und ließ ihre weißen Zähne hervorblitzen.
    Rowen seufzte, halb vor Wohlbehagen durch die Vorstellung, halb vor Verzweiflung. Als er die Lider schloss, sah er als Erstes die Augenpaare all der Menschen vor sich, die ihn in den letzten Tagen verfolgt hatten. Diese Augen, die vor Hoffnung gefunkelt hatten wie Edelsteine. Und mit funkelnden Dingen kannte sich ein Dieb wie er aus – sie waren unbeschreiblich wertvoll.
    Also ist das meine Entscheidung? , fragte er sich. Seit wann ist ein Dieb so selbstlos?
    Er beantwortete sich die Frage selbst und legte die Olive wieder zurück ins Schälchen. Wie es alle sagen: Ich bin schon immer ein schlechter Dieb gewesen.
    Die Hände gefaltet, stand er auf. »Nein. So leid es mir tut, aber ich muss Euer Angebot ablehnen.«
    Die Worte waren ihm leichter über die Lippen gekommen, als er gedacht hatte. Das Bedauern über das verflogene, sorgenfreie Leben wurde von dem Gefühl vertrieben, das Richtige getan zu haben.
    »Du bist so ein Idiot!«, knurrte Rosanna und warf sich auf ihr Bett. Ihr Vater schloss wieder kopfschüttelnd die Augen.
    Vallantus hob die Brauen, ansonsten zeigte er keinerlei Regung. »Darf ich wenigstens den Grund dafür erfahren, dass du es ausschlägst?«
    »Ich komme viel in Sichelstadt herum, ich habe mehr von diesem Moloch gesehen, als jeder andere in diesem Raum. In den letzten Tagen ist mir hier etwas zu Gesicht gekommen, das ich schon sehr lange nicht mehr gesehen habe: Hoffnung. Auf ein Leben ohne Angst vor einem zornigen Gott, ohne Angst vor Hunger und Niedergang. Wenn der Preis dafür Jahre des Bürgerkriegs und des Chaos sind, dann ist er es wert. Dann ist die Revolution jedes Menschenleben wert, das sie noch fordern wird. Auch wenn ich Rosanna liebe, auch wenn ich nichts Schöneres wüsste, als mit ihr in den Ährlanden zu leben, lehne ich Euer Angebot ab. Weil ich den Sichelstädtern nicht die Hoffnung rauben will. Nicht die Hoffnung rauben darf.«
    Als er mit seiner Rede am Ende war, holte er tief Luft.
    Ich bin nicht mehr Rowen die Maus,
    mit den Reimen ist's nun aus.
    Gerade hatte er eine Entscheidung getroffen, die vielleicht das Schicksal dieses Landes verändern würde. Er hatte aufgehört, Rowen der Dieb zu sein, als sein Galgenstrick gerissen war. Jetzt lastete Verantwortung auf seinen Schultern und das erste Mal fühlte er sich für sie gewappnet.
    Die Reaktionen der Drei fielen so unterschiedlich aus, wie sie nur hätten sein können. Während Vallantus so regungslos blieb wie zuvor, funkelte Rosanna ihn wütend an und ihr Vater hämmerte erneut mit den Fäusten auf die Armlehnen seines Stuhls.
    »Dann bist du ab jetzt ein Geächteter, ein Vogelfreier«, sagte Vallantus. Es klang mehr wie eine Feststellung als ein Urteil. »Ich halte mein Wort: Du kannst unbehelligt von hier verschwinden. Aber danach wirst du keinen Moment der Ruhe mehr

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