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Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 2: Der Galgenaufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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Vallantus' Stimme war so rau, als wäre sie mit dem Reibeisen bearbeitet worden. Eher die eines Wildhüters als eines Politikers. »Wie gesagt, wir wollen nur mit dir verhandeln.«
    Er trug eine Toga mit einem Streifen aus Blattgold, unter der sich sein silbergraues Brusthaar hervorkräuselte. Wie alle in der Oberschicht hatte er die Haare kurzgeschoren, ließ aber buschige Koteletten stehen. Der Blick seiner stahlgrauen Augen war schneidend wie eine Klinge und Rowen fragte sich, wie viele politische Gegner er schon mit ihnen durchbohrt hatte.
    Er bot ihm den Ohrensessel gegenüber an, in den sich Rowen dankbar fallen ließ. Sogar eine Karaffe mit Wein und ein Schälchen Oliven standen auf einem Beistelltisch bereit. An das letzte Mal, dass er eine Köstlichkeit wie Oliven überhaupt gesehen hatte, konnte er sich nicht einmal erinnern.
    »Ihr habt den Befehl für das Massaker auf dem Richtplatz gegeben, oder?«, fragte Rowen mit verengten Augen. »Habt Ihr überhaupt eine Vorstellung, wie viele Menschenleben Ihr damit auf dem Gewissen habt?«
    »Der Tod dieser friedlichen Bürger zerfrisst mein Herz«, entgegnete Vallantus. Sein Blick hatte alle Schärfe verloren. »Aber ich habe sie nicht auf dem Gewissen. Als der Aufruhr auf dem Platz losbrach, hat mich meine Leibgarde an einen geheimen, sicheren Ort gebracht. Unterdessen hatte das Konzil im Onyxpalast beschlossen, mit aller Härte gegen die Menge auf dem Platz vorzugehen. Vizekanzler Adlatus hatte den Vorsitz über diese Notsitzung und wollte ein Exempel statuieren. Ich wurde erst im Nachhinein informiert, aber schwöre, dass ich die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft ziehen werde.«
    »Das wird die Toten auch nicht wieder zum Leben erwecken«, spie Rowen hervor, allerdings nicht mehr von derselben Wut beseelt wie zuvor. Vallantus schien nicht der gewissenlose, machtbesessene Staatsmann zu sein, für den Rowen ihn gehalten hatte. Trotzdem war es feige von ihm gewesen, sich an irgendeinem sicheren Ort zu verkriechen statt die Notsitzung zu leiten.
    Zum ersten Mal erhob Thallius das Wort. Bisher hatte Rosannas Vater die Augen unter den dichten, pechschwarzen Brauen geschlossen gehabt, beinahe, als wäre er eingenickt.
    »Ich weiß seit einigen Dekaden, dass meine Tochter Herrenbesuch erhält, jedoch hielt ich es für müßig, sie oder dich dafür zur Rede zu stellen. Viele junge Damen leisten sich vor ihrer Ehe ein wenig Zerstreuung mit Herumtreibern wie dir.« Die Worte saßen wie Fausthiebe. War Rowen wirklich nur das für sie? Ein wenig Zerstreuung? »Aber als ich dich das letzte Mal sah, mit einem Galgenstrick um den Hals, wusste ich, wer du bist. Ich habe Rosanna eine Nachricht aufsetzen lassen, die dich hierher führt. Wir müssen reden – es geht um Menschenleben.«
    »Das denke ich allerdings auch«, brauste Rowen auf und deutete mit dem Zeigefinger zum Fenster. »Auf den Straßen der Stadt verhungern tagtäglich Menschen, falls es Euch noch nicht aufgefallen ist.«
    »Ja, und wir bedauern das zutiefst«, erwiderte Thallius. Auch seine Stimme klang träge. Aber seine Wortwahl und Gedankenschärfe bewiesen nur allzu gut, dass er hellwach war. »Der Kreuzzug in die Sladonischen Landen und der damit verbundene Nahrungsmangel sind notwendige Übel. Wenn der Glaube an Orchon nicht wäre, wenn Salus' Revolution Erfolg hätte, würde die Zahl der Toten tausendfach höher sein.«
    »Warum?« Rowen lehnte sich vor, die Handflächen aufeinander gepresst. »Wenn Asht Recht hat, dann brauchen wir Orchon nicht mehr. Ja, dann haben wir ihn sogar niemals gebraucht.«
    »Du bist jung. Jung und dumm!« Thallius bäumte seinen Oberkörper auf und hämmerte mit den Fäusten auf die Armlehnen seines Stuhls, eine Reaktion, die Rowen ihm niemals zugetraut hätte. »Du kannst dir überhaupt keine Vorstellung davon machen, was für Folgen es hätte, wenn sich diese … diese Galgenrevolution ausweiten würde! Wenn die Leute nichts mehr hätten, an das sie glauben können. Wenn sie keine Regierung mehr hätten, der sie folgen können.«
    »Ich habe Bücher über die Zeit gelesen, als die Alten Monarchen gestürzt worden sind«, ergriff das erste Mal Rosanna das Wort, verschüchtert und stockend. »Über die Zeit zwischen ihrer Regentschaft und dem Ewigen Konzil. Als es nichts gab außer der Angst vor Orchon. Es muss schrecklich gewesen sein …«
    Ihr Vater malte das Bild weiter aus: »Hungersnöte, viel größere als jetzt, weil brandschatzende Banden durch die Lande zogen

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