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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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zurück.
    »Man wird versuchen, dem Körper die überschüssige Flüssigkeit zu entziehen. Purgieren etwa, blutverdickende Gerichte reichen, möglicherweise Schwitzbäder.«
    »So lautet die derzeitige Kur. Und was würden Sie vorschlagen, Doktor Jantzen?«
    »Ihr Vertrauen in meine Meinung ehrt mich, aber ich fürchte...«
    »Ich wäre nicht zu Ihnen gekommen, wenn ich nicht eben dieses Vertrauen hätte. Sie machen sich Gedanken, und Sie haben gewisse Erfahrungen gesammelt.«
    Jan Martin mochte den graubärtigen Apotheker, der gut zwanzig Jahre älter war als er. Er hatte ein lebhaftes Mienenspiel und durchdringende graue Augen. Er kam zu dem Schluss, dass er sich nicht blamieren würde, wenn er seine eigenen Gedanken zu der Krankheit äußerte.
    »Ist Ihr Bruder sehr beleibt, Herr Doktor Bevering?«
    »Leider ja. Er ist den Freuden der Tafel bei Weitem mehr zugeneigt als ich.«
    »Man spricht davon, dass Wasserkuren bei dieser Krankheit gerade starken Personen sehr zuträglich sind. Wasserkuren innerlich wie äußerlich übrigens.«
    Bevering lachte. »Ja, das habe ich fast erwartet. Sie sind bekannt als ein großer Verfechter des heilenden Wassers. Aber warum nicht? Zumindest würde es eine angenehmere Art des Purgierens sein als Klistiere, Abführmittel und Blutabzapfen. Ich werde versuchen, ihn zu überreden, nach Godesberg zu gehen und dort ein paar Wochen das Heilwasser zu trinken.«
    »Und Diät zu halten. Möglichst eine aus viel frischem Gemüse und Obst. Verzicht auf Süßigkeiten.«
    »Warum das?«
    »Ich spreche aus eigener Erfahrung. Sie hätten mich vor drei Jahren sehen müssen, Herr Doktor Bevering. Ich war ein regelrechter Fettkloß.«
    »Sie? Tatsächlich? Davon hat Sie Wasser und Gemüse geheilt?«
    »Und körperliche Bewegung.«
    »Und Ihre Jugend. Aber mein Bruder ist fünfundfünfzig. Es wird ihm schwerfallen, so wie Sie stundenlang auf dem Rhein gegen die Strömung zu rudern.«
    »Das hat sich also auch schon herumgesprochen?«
    »Junge Damen hört man allenthalben wispern, der blonde Doktor mache eine gute Figur im Einer, wenn er die Fluten durchmisst.«
    Jan Martin hatte es sich noch immer nicht abgewöhnen können. Bei derartigen Äußerungen errötete er bis über die Ohren. Er wollte das Thema nicht vertiefen, sondern fuhr fort: »Ihr Herr Bruder könnte mit Spaziergängen beginnen. Die Gegend um Godesberg scheint mir dafür sehr geeignet. Übrigens sind es nicht nur meine eigenen Erfahrungen, Herr Doktor Bevering. Auch Vinzenz Prießnitz in Österreich verzeichnet mit seiner Hydrotherapie ansehnliche Erfolge.«
    »Von diesem Arzt habe ich noch nichts gehört.«
    »Er ist nicht eigentlich ein Arzt, sondern ein Heiler, und man belächelt ihn in Fachkreisen gerne. Aber mir scheint seine Vorgehensweisee wert, geprüft zu werden. Auch wenn er natürlich seine Patienten nicht nur zu eiskalten Duschen, sondern auch zum Holzhacken verdonnert.«
    »Sich dieser Kur zu unterziehen, dazu gehört wohl eine gehörige Portion Charakterstärke.«
    »Die entwickelt man, wenn es ums eigene Leben geht, sollte man meinen.«
    »Da könnten Sie recht haben. Danke also für Ihren Rat. Und was haben Sie sich für die Zukunft vorgenommen? Sie werden doch wohl nicht auf alle Zeiten den Gärtner für den guten Sinning spielen wollen?«
    Der Apotheker hatte Jan Martin damit die Frage gestellt, nach deren Antwort er selbst vergebens forschte. Vielleicht war es ganz gut, einmal laut darüber nachzudenken. Bevering war ein verständiger Mann und schien ein ernsthaftes Interesse an ihm zu haben. Darum meinte er: »Ich suche noch nach einer Herausforderung. Mir kommt es vor, als hätte ich bisher nur herumgespielt. Es gibt so viel, was ich erforschen möchte.«
    »Liegt Ihre Leidenschaft mehr in der Medizin oder in der Botanik?«
    »Wenn ich es wüsste! Das Leben als Ganzes hat mich schon immer fasziniert. Beispielsweise das Zusammenwirken von Umweltbedingungen auf die Entwicklung von Pflanzen, Tieren und Menschen. Ich habe auf einer Kakaoplantage gearbeitet und dort bei den Bäumen gewisse Beobachtungen gemacht. Experimente haben anschließend gezeigt, wie man Einfluss auf den Ernteertrag nehmen kann. Ich habe dort die Wunden der Arbeiter behandelt und bemerkt, wie man mit bestimmten Therapien Erfolge erzielen kann und mit anderen scheitert. Ich würde gerne bei meinen Untersuchungen gezielte Bedingungen festlegen, Fakten sammeln, belastbare Beweise ermitteln und daraus Theorien ableiten. Aber das ist nur die

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