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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Wolking gern.«
    »Nun, Birte, ich überlasse es Ihnen, wie Sie sich entscheiden. Wir reisen im Juli ab, bis dahin haben Sie noch Zeit.«
     
    Nachdem die Dame des Hauses gegangen war, werkelte meine Mutter stumm am Herd herum. Irgendwann war mir ihr Schweigen zu viel, und ich fragte: »Du magst ihn doch auch, Mama? Du lachst immer, wenn er kommt.«
    »Ja, ich mag ihn auch. Aber ich hätte nie gedacht...«
    »Dass er um dich anhalten würde?«
    »Du bist ein kluges Mädchen, Amara. Du weißt, warum nicht.«
    Natürlich wusste ich es. Ich war ein Bastard, ein uneheliches Kind, und meine Mutter hatte nie einen Hehl daraus gemacht, indem sie etwa einen verstorbenen Ehemann erfand. Es hatte uns beiden nie etwas ausgemacht, denn die Gräfin sprach nicht darüber, für Nanny war ich ein Kind wie alle anderen auch, und die übrigen Dienstboten mochten vielleicht eine Weile geschwätzt haben, aber so etwas konnte eben passieren und war nicht ungewöhnlich. Nur einmal war ich wegen meiner Abkunft verächtlich behandelt worden. Im vergangenen Sommer weilten Freunde des Grafen auf dem Gut zu Besuch. Der Baron von Briesnitz und seine Gattin hatten ihre beiden Kinder mitgebracht, was mich zunächst erfreute. Das Mädchen, Dorothea, war gleichaltrig mit mir, Maximilian, ihr Bruder, ein Jahr jünger. Leider war die junge Baroness viel zu hochnäsig und übersah die Tochter einer Bediensteten geflissentlich. Doch ich erwischte sie eines Tages in der Speisekammer, wo sie ihre Finger in die frisch angerührte Schokoladencreme steckte. Auf meinen Hinweis, solche Raubzüge seien verboten, erklärte mir die Diebin schnippisch, der Bankert eines liederlichen Küchenmädchens habe ihr nichts vorzuschreiben.
    Ich hatte ihr kommentarlos, aber wütend die Schüssel aus der Hand gerissen, sie wieder in den Vorratsschrank gestellt und die Tür zugemacht. Dann hatte ich mich dagegen gelehnt und schmal lächelnd gemeint: »Vorschreiben vielleicht nicht, aber wegnehmen kann ich Ihnen die Schokolade schon, Fräulein Hochwohlgeboren.«
    Eine Freundschaft fürs Leben war daraus nicht entstanden. Dorothea hatte sich bei ihrer Mutter beklagt, die hatte Lady Henrietta mit großer Missbilligung über das unstatthafte Benehmen ihrer Bediensteten aufgeklärt. Als die Gräfin sich weigerte, meine Mutter zur Rede zu stellen, rügte Baronin von Briesnitz sie selbst in herben Worten. Das hatte wiederum die gnädige Frau mitbekommen – kurzum, auch dieser Freundschaft war kein Blühen beschieden.
    Aber das war Schokoladencreme von gestern, und das Heute beherrschte Fritz Wolking. Darum sagte ich: »Mama, ich glaube, Herrn Wolking macht es nichts aus, dass ich deine Tochter bin. Und wenn du ihn heiratest, hätte ich einen Vater.«
    Meine Mutter hob ruckartig den Kopf.
    »Du hättest gern einen Vater?«
    »Je nun, die meisten Mädchen in der Schule haben einen.«
    »Ja, dann...«
    »Du wirst Herrn Wolking heiraten?«
    »Ich denke schon. Ja, Amara, ich denke, das werde ich tun. Weißt du – in einer eigenen Konditorei zu arbeiten, das habe ich mir schon immer gewünscht.«
    »Das hast du aber nie gesagt.«
    »Nein. Man muss ja nicht alles laut sagen, was man sich wünscht. Manchmal ist es besser zu schweigen und zu beten.«
    »Mhm.«
    Meine Mutter lachte und strich mir über die Zöpfe. »Ich muss dir was erzählen, Amara. Weißt du, meine Eltern sind beide sehr jung an einer bösen Grippe gestorben, genau wie meine beiden Brüder. Meine Großmutter hat mich danach aufgenommen. Sie und Großvater führten eine Bäckerei in Magdeburg. Ich habe, genau wie du, schon sehr früh gelernt, wie man Cremes rührt und Kekse backt. Es hat mir immer sehr gut gefallen. Aber dann starb der Großvater, und wir konnten den Laden nicht alleine betreiben. Großmutter verkaufte ihn und erstand mit dem Erlös ein kleines Häuschen auf dem Land. Ich ging mit sechzehn in Stellung.«
    »Bei der gnädigen Frau?«
    »Nein, Liebes. Bei der Baronin von Briesnitz.«
    »Oh!«
    »Ja. Aber lange war ich nicht dort.«
    Meine Gedanken überschlugen sich. Es dauerte eine Weile, während der ich meine Mutter mit leicht schief gelegtem Kopf betrachtete, bis ich mich traute, die entscheidende Frage zu stellen: »Wer ist mein leiblicher Vater, Mama?«
    »Ein Mann, der schon vor deiner Geburt zu einer langen Reise aufgebrochen ist und nie wieder zurückkehrte.«
    »Er ist gestorben?«
    »Ich weiß es nicht.«
     
    Im Juni heiratete meine Mutter den Konditormeister Fritz Wolking. Graf von Massow hatte

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