Göttertrank
eher der Transport von Übersee, der teuer ist. Die getrockneten Bohnen sind empfindliches Gut. Dann müssen sie von den Häfen weiter zu den Abnehmern gebracht werden, auch das kostet Geld.«
»Dann sollen sie doch die Bäume hier anpflanzen. Warum muss man denn den Negern und Indianern dafür Geld zahlen?«, wollte Margarethe wissen.
»Weil der Baum nur in feuchten und warmen Gegenden wächst«, belehrte ich sie kurz und fuhr fort: »Und schließlich sind etliche Verarbeitungsschritte notwendig, um trinkfertige Schokolade herzustellen. Viele dieser Schritte können nur von Hand durchgeführt werden. Aber... vielleicht erfindet man ja mal Maschinen, die einen Teil davon übernehmen.«
»Du träumst von einer Schokoladenfabrik, mein Kätzchen?« Anton sah mich nachsichtig lächelnd an, aber mir war es plötzlich ernst damit.
»Ja, warum nicht? Alexander Masters könnte uns bestimmt mehr dazu sagen, aber ich stelle mir vor, dass man Mahlen und Mischen durchaus mit Maschinen durchführen könnte.«
»Hört euch Ella Annamaria an!«, krakeelte Hermine los. »Sie will den Inschenschör spielen.«
»Nein, Hermine, Ingenieurswissen maße ich mir nicht an. Aber die Arbeitsvorgänge in der Backstube und in der Küche, die kenne ich genau.«
»Ich finde den Gedanken äußerst originell, Amara. Schildere uns doch bitte mal, wie du den Küchenablauf in eine Fabrik verlegen würdest.«
»Verspotten Sie mich, Anton?«
»Aber ganz bestimmt nicht. Ich habe mir bisher eigentlich keine Gedanken über die Kakaoherstellung gemacht, das ist richtig, aber in meinen Rezepturen geht es ja um ähnliche Aufbereitungsmethoden. Deine Gedankengänge interessieren mich wirklich.«
»Nun gut. Man beginnt mit dem Rösten. Ich stelle mir vor, dass es kein großes Problem ist, denn Kaffee wird ja auch schon im großen Stil geröstet. Dann aber tritt die erste Schwierigkeit auf. Bevor man sie mahlen kann, müssen die Schalen der Kakaobohnen entfernt werden.«
»Hihihi, haben Sie schon mal von Bohnen mit Schalen gehört, Tante Margarethe?«
Hermine amüsierte sich köstlich über diese Vorstellung, und Anton wies sie leicht ungehalten an, zu schweigen und zuzuhören.
»Nach dem Rösten werden die Bohnen mit einer Walze in Stücke zerbrochen und die leichten Schalen entfernt. Wir haben es früher mit Worfelkörben recht gut gelöst. Aber von einer Maschine, die worfelt, habe ich noch nie gehört.«
»Eine Herausforderung an deinen Freund Masters.«
»Bestimmt. Hier wird man sicher noch eine Erfindung machen müssen. Denn selbst aus den geworfelten Stücken haben wir immer noch Schalen herausklauben müssen. Danach werden die Bohnen gemahlen. Wir haben es bei kleinen Mengen im Mörser, bei größeren Mengen mit einer Walze auf einem angewärmten Stein gemacht. Auch hier wird es technische Probleme geben, vermute ich.«
»Aber warum denn? Mühlen gibt es doch zuhauf. Warum ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, einem Müller den Kakao zu geben? Daran will doch nur wieder jemand verdienen!«
»Weil, liebe Margarethe, die Kakaobohne sehr fetthaltig ist und beim Mahlen eine zähe Masse ergibt. Ein Müller würde sich dafür bedanken, weil ihm nämlich die Schokolade das Mahlwerk verklebt. Nein, man wird spezielle Walzen benötigen.«
»Aber das ist doch dummes Zeug, Amara. Du hast doch heute selbst Kakaomehl verwendet«, mischte sich Hermine wieder ein. Geduld, mahnte ich mich, Geduld.
»Der klebrigen Kakaomasse wird... mhm, Anton, ich glaube, man nennt es Alkalisalz … zugesetzt.«
»Das kann man tun, mir leuchtet aber noch nicht ein, welchen Sinn es haben soll.«
»Man tut es, hörte ich, und dazu braucht man ein Rührwerk zum gründlichen Vermischen. Danach gibt man die Masse in eine Presse. Dabei wird die Kakaobutter herausgepresst.«
Anton nickte. »Ah, verstehe. Das Alkalisalz erleichtert die Trennung von Fett und Kakaomasse.«
»Außerdem schmeckt der Kakao anschließend weniger bitter und löst sich leichter in Flüssigkeiten. Das hat der Holländer van Houten erfunden, dessen Kakaopulver wir so schätzen.«
»Sehr gut erklärt, Amara. Deine utopische Fabrik braucht also einen Röstofen, eine Brechvorrichtung, ein Worfelwerk, einen großen Mörser oder ein Zerkleinerungsgerät, mit dem man klebrige Massen verarbeiten kann, einen Mischer, eine Presse und einen Haufen Tüten, um das Pulver zu verpacken.«
»Und wieso wird das dann billiger? Nur weil man Maschinen einsetzt?«
»Weil Handarbeit langsam ist und
Weitere Kostenlose Bücher