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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Café hätte ich sie mit Zuckerguss oder Schokoladenglasur verziert, doch ich hegte die Vermutung, dass den Kindern diese artifizielle Verschönerung herzlich gleichgültig sein würde. Ich schob die Ladung Kekse auf ein Gitter, auf dem sie abkühlen konnten, und wollte gerade damit beginnen, die von Melli vorbereiteten Küchelchen auf dem Blech zu verteilen, als Margarethe und Hermine die Tür öffneten.
    »Was macht ihr denn hier?«, schrillte meine Stieftochter, und Melli zuckte zusammen.
    »Backen, wie du siehst.«
    »Das kann doch die Köchin machen, Ella Annamaria. Es gehört sich nicht für die Dame des Hauses, in der Küche zu wirtschaften«, ermahnte Margarethe mich.
    »Die Köchin hat heute ihren freien Tag, und ganz abgesehen davon ist es mir ein Bedürfnis, selbst die Plätzchen herzustellen.«
    »Aber was sollen denn die Leute nur sagen? Es wirft ein schreckliches Licht auf dich, wenn man es erfährt. Du solltest wegen deiner Vergangenheit ein bisschen vorsichtiger sein.«
    Melli setzte an, etwas nicht Wiedergutzumachendes zu sagen, aber ich schüttelte abwehrend den Kopf.
    »Und überhaupt, das sind ja Uuuunmengen!«, trötete Hermine, als sie die drei wohlgefüllten Körbe auf der Anrichte bemerkte. »Wer soll denn die bloß alle essen?«
    »Die Kinder heute Abend, Hermine.«
    »Waaas? Du willst diese ungewaschenen Blagen mit guten Schokoladenkeksen füttern? Wie kannst du nur? Ist dir nicht klar, was das für eine Verschwendung ist? Der teure Kakao für dieses Gesindel!«
    »Beruhige dich, Hermine. Für deine Morgenschokolade ist noch immer genug Kakaopulver vorhanden«, versuchte ich sie zu dämpfen. Aber auch Margarethe empörte sich und fauchte mich an: »Weiß Anton eigentlich davon, wie du sein Wirtschaftsgeld verschleuderst?«
    »Es wird noch genug für Ihren geliebten fetten Schweinebauch übrig bleiben, gnädige Frau«, säuselte Melisande, und obwohl sie sich auf Margarethes Lieblingsgericht bezog, klang ihre Bemerkung wie eine ausgesucht bösartige Beleidigung.
    So verstand meine Schwägerin sie auch.
    Mit hochrotem Gesicht plusterte sie sich auf und rauschte durch die Tür Richtung Apotheke. Hermine flatterte begeistert hinter ihr her.
    »Na, aber sie hat eine Wampe wie eine trächtige Muttersau«, murmelte Melli, bevor ich noch etwas sagen konnte. Gleichzeitig drückte sie ihr Kreuz durch, schob ihr kaum erwähnenswertes Bäuchlein nach vorne, hob ihre kleinen Brüste und produzierte so etwas wie den Beginn eines Doppelkinns. Obwohl es ihr in jeglicher Form an Fülle mangelte, bildete sie derart genau das Abbild meiner wichtigtuerischen Schwägerin, dass ich unwillkürlich lachen musste.
    »Du bist grässlich, Melli.«
    »Falsch. Sie sind grässlich!«
    Im Gang hörte ich meinen Mann milde protestieren.
    »Margarethe, du kannst mich nicht einfach aus dem Offizin in die Küche zerren. Ich habe wichtige Kunden. Und nur, weil Amara Kekse backt?«
    »Sie vergeudet wertvolle Lebensmittel. Aus unserer Vorratskammer.«
    »Tatsächlich? Amara, es duftet wundervoll hier.«
    Anton stand in der Küche, schnüffelte und sah sich etwas überrascht um. Melli reichte ihm einen Teller mit abgekühltem Gebäck.
    »Probieren Sie mal. Ich finde, sie sind köstlich geworden.«
    »Fräulein Galinowa!«, zischte Hermine, aber Anton ignorierte seine Tochter und nahm einen Bissen.
    »Ja, lecker, aber nun erklärt mir doch mal, warum ich deshalb meine Kundschaft im Stich lassen muss.«
    »Weil deine Frau diese Plätzchen an die Waisenkinder verfüttern will.«
    »Eine treffliche Idee. Die armen Kleinen bekommen selten genug etwas Süßes.«
    »Ja, aber... aber...«
    Das Aufplustern brach in sich zusammen.
    »Ja, Anton, ich nahm mir die Freiheit heraus, einen Teil Ihrer großzügigen Spenden in Naturalien anzubieten«, erklärte ich meinem Gatten lächelnd. »Hermine und Margarethe halten es jedoch für Verschwendung.«
    Ich stellte mit einer gewissen Genugtuung fest, wie Anton die Damen mit gewisser Irritation betrachtete. »Ich glaube, Margarethe, du regst dich ganz zu Unrecht auf.«
    »Aber kostbarer Kakao, und Zucker. Und Mandeln!«
    »Na und? Ich habe jetzt keine Zeit für solche sinnlosen Diskussionen, es wartet eine ganze Traube Menschen auf ihre Arzneien. Lasst Amara und Fräulein Melisande bitte das tun, was sie für richtig halten!«
    »Aber Papa!«
    »Wir sprechen heute Abend darüber!«, beschied mein gewöhnlich sonst so sanfter Gatte seine Tochter harsch, nahm noch einen Keks vom Teller und sah mich

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