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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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und mit brüllendem Hunger kehrte er um die Mittagszeit in der Kneipe ein. Es war weniger belebt als am Markttag, doch Morna war dennoch dabei, Teller mit Fisch und Kartoffeln zu verteilen. Sie lachte ihm zu und brachte ihm unaufgefordert eine große Portion.
    »Ihr habt Euch Freunde gemacht, Sir. Man hört hier gerne Geschichten wie Eure«, erklärte sie.
    »Gute Erzähler gibt es hier auch, ich habe mich ebenfalls blendend unterhalten. Aber heute Mittag möchte ich lieber einen Kaffee statt Bier.«
    Ein Bär von einem Mann betrat den Raum, sah sich kurz um und stapfte auf Morna zu. Was er zu ihr sagte, verstand Jan Martin nicht, aber sein Tonfall erschien ihm drohend. Mornas Lächeln erlosch, und sie funkelte ihn wütend an. Ihre Erwiderung, die aus einem deutlichen »Nay!« bestand, ignorierte der Bär und redete weiter auf sie ein. Mornas Augen wurden schmal wie die einer Katze kurz vor dem Angriff. »Nay!«, zischte sie zum zweiten Mal, was den Kerl nicht daran hinderte, seine Forderungen nun noch lauter zu stellen, wobei er Morna an den Schultern packte und schüttelte.
    Die Gäste hatten aufgehört zu essen und sich zu unterhalten und lauschten gespannt den Streitenden. Morna fegte die Pranken des Mannes von ihren Schultern und sagte ein paar ruhige, von Verachtung triefende Worte vermutlich ablehnenden Inhalts, was ihren Bedränger derartig reizte, dass er ausholte und ihr ins Gesicht schlug.
    Ob je ein anderer ebenfalls an dieser Stelle eingegriffen hätte, blieb ungeklärt. Jan Martin war auf den Füßen, bevor noch einer der Gäste zucken konnte, und knallte dem Mann seine Faust ins Gesicht.
    »Uh?«, grunzte der Bär und schüttelte den Kopf. Dann holte er aus und versetzte Jan einen Schlag in den Magen. Morna kreischte, machte aber klugerweise einen Schritt nach hinten. Jan schnappte nach Luft und wurde gemein. Wie man einen Gegner wirkungsvoll mit Tritten auf Distanz halten konnte, hatte er von den Plantagenarbeitern auf Trinidad gelernt.
    Wohin man sie wirkungsvoll platzierte, hatte ihn das Studium der Anatomie gelehrt.
    Der Bär machte während der kurzen, aber heftigen Schlägerei die wertvolle Erfahrung, dass reine Körperkraft nicht immer Überlegenheit im Kampf gewährleistet.
    Jan wischte sich das Blut von der aufgeplatzten Lippe und betrachtete seinen Gegner, der stöhnend am Boden lag. Dann drehte er sich um und wollte zu seinem Platz zurückgehen. Überrascht sah er, wie Geldscheine und Münzen ihren Besitzer wechselten, und jemand schlug ihm kräftig auf den Rücken. Stolpernd fiel er auf seinen Stuhl, und ein anderer schob ihm ein frisch gezapftes Bier zu. Dankbar stürzte er es hinunter.
    »MacFinn ist ein Trottel«, klärte ihn ein mageres Bäuerlein auf. »Morna hat ihm schon ein Dutzend Mal erklärt, dass sie nichts von ihm wissen will.«
    »Feiner Kampf«, knurrte sein Nachbar und steckte seinen Wettgewinn ein. »MacFinn hat das mal gebraucht.«
    Morna machte einen großen Schritt über den gefällten Helden und setzte sich neben Jan. Mit einem feuchten Tuch wischte sie ihm das Blut vom Kinn und schüttelte den Kopf.
    »Ich hätte ihn schon in seine Schranken gewiesen, Sir. Das war nicht nötig.«
    »Ich fand doch.« Das Lächeln tat ihm ein bisschen weh, aber er konnte es nicht unterdrücken.
    »Na ja. Vielleicht hilft ihm das, sich etwas gründlicher zu merken, dass weder in meinem Bett noch in meinem Herzen ein Platz für ihn ist.«
    »Ich dachte mir schon, dass es um eine solche Angelegenheit ging.«
    Morna betrachtete Jan Martin eingehend und blinzelte ihm plötzlich verschwörerisch zu. »Kräftige Arme habt Ihr, Sir. Kommt vom Rudern, was?«
    »Äh – ja.«
    »Hab Euch heute Morgen auf dem See gesehen.«
    »Brauchte ein bisschen frische Luft – nach gestern Abend.«
    »Gute Entscheidung. Wenn Ihr wieder mal rausfahrt, legt an dem blauen Steg an. Einen Tee und Kuchen habt Ihr bei mir immer gut.« Damit stand sie auf und verschwand in der Küche.
    »Hoppla, eine solche Einladung bekommt nicht jeder von unserer Morna.«
    Anerkennend nickte ihm das Bäuerlein zu. Und Jan Martin beschloss, dieses Angebot tatsächlich anzunehmen.
    Nur auf Tee und Kuchen selbstverständlich.
    Es wurde aber viel mehr daraus.
     
    Zwei Wochen später hatte Jan sein Zimmer im Gasthaus aufgegeben und war zu Morna in das Cottage am See gezogen. Sie teilten ihre Mahlzeiten und das Bett und die Liebe zu den Blumen. In ihrem von Hecken windgeschützten Garten blühte mit Überschwang alles, was die Insel mit

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