Göttertrank
eng beieinanderlagen. Es war eine Menge Rührarbeit im Wasserbad, natürlich, bis ich die Emulsion zur Rose abziehen konnte. Und bei der Zusammensetzung brauchte ich auch nicht viel zu üben. Zehn Teile Fett und dreißig Teile Wasser ergaben nach wenigen Versuchen die beste Konsistenz. Leicht zu verstreichen, schnell in die Haut einziehend, angenehm und nur ganz zart nach Kakao duftend, stand dann eines Abends die fertige Creme in einem Tiegel vor mir.
»Was halten Sie davon, Anton?«
Mein Gatte tauchte den Finger in die Masse, roch daran, verstrich sie dann auf dem Handrücken.
»Erstaunlich. Erheblich geschmeidiger als die Talgmischungen.«
»Und weitaus haltbarer. Kakaobutter hält sich auch bei Wärme einige Zeit. Was meinen Sie – würde diese Creme mit Rosenwasser vermischt als feines Hautpflegemittel die Damen reizen?«
»Durchaus, durchaus.«
Natürlich verkaufte er in der Apotheke nicht nur Arzneien, sondern auch allerlei Schönheitsmittel – Pomaden, Puder, Duftwässer und Cremes. Allerdings keine selbst hergestellten.
»Wir müssten kleine Dosen dafür verwenden. Etwa wie diese Glastiegelchen für die Heilsalben. Und die ersten – sagen wir fünfzig Stück – verschenken.«
»Du bist sehr geschäftstüchtig, scheint mir. Hast du denn auch schon eine Vorstellung, was die Creme kosten soll?«
Ich lachte leise auf und zitierte Nadinas Wahlspruch: »›Wir rechnen, wir probieren, wir sehen.‹ Das Rechnen habe ich schon übernommen. Kakaobutter, Rosenwasser für fünfzig Tiegel, die wir verschenken. Dann für einen Vorrat von Creme für circa zweihundert Tiegel.«
Ich legte ihm die Seite mit meinen Berechnungen vor, und er las ihn eingehend durch.
»Zu billig, Amara.«
»Aber nein, das ist nur der Materialwert. Sie müssen natürlich noch Ihren Gewinn einkalkulieren. Und meinen Lohn, selbstverständlich.« Aber das sagte ich mit einem Augenzwinkern, denn es war wohl kaum zu erwarten, dass der Herr Apotheker seiner Gattin so etwas Schnödes wie Arbeitslohn zahlen würde. Aber Anton überraschte mich.
»Das ist nur recht und billig. Wir können es mit einem guten Gewinn verkaufen. Und davon bekommst du deinen Anteil, mein Kätzchen. Leg schon mal einen Sparstrumpf an.«
Als Erstes überreichte er Margarethe und Hermine jeweils ein Döschen, aber meine Schwägerin rümpfte nur die Nase und belehrte ihn, sie schminke sich nicht. Meine Stieftochter schloss sich dem Naserümpfen an und bemerkte abfällig, man solle den Schmierkram den Bedürftigen geben, um ihre rauen Hände zu heilen.
Anton und ich schwiegen dazu, aber in den folgenden Tagen verschenkte er tatsächlich alle fünfzig Döschen und bat mich dann, einen größeren Vorrat an Creme anzulegen.
Am Ende des Monats überreichte er mir einen stattlichen Betrag für meine »Kakaokasse« und schlug vor, auch eine Creme mit einem frischeren Duft herzustellen, da einige Damen behauptet hatten, der Rosenduft liege ihnen nicht so.
Ätherische Öle und duftende Essenzen gab es in der Apotheke zur Genüge, und ich experimentierte mit den unterschiedlichsten Gerüchen. Eine sehr herbe Mischung brachte mich auf die Idee, auch eine Haarpomade für Herren zu kreieren, die ebenfalls ein Erfolg wurde.
Mein Leben verlief in dieser Zeit in ruhigen Bahnen. Die Beschäftigung im Labor, manchmal auch in der Apotheke selbst, gestattete es mir, auf Distanz zu den Damen Bevering zu gehen. Einmal wagte ich Anton in einer stillen Stunde zu fragen, warum seine Tochter Hermine immer so griesgrämig sei. Er schüttelte nur traurig den Kopf.
»Sie verlor ihre Mutter, als sie gerade siebzehn war und sich auf ihre Einführung in die Gesellschaft freute. Es war für uns ein schmerzlicher Verlust, Amara, denn beide hingen sehr aneinander. Hermine war schließlich Wilmas einziges überlebendes Kind, zwei Töchter und ein Sohn hatten das dritte Lebensjahr nicht überlebt. Als 1832 die Cholera in Köln wütete, wurde meine Frau ihr Opfer.«
»Das mag eine Erklärung sein, Anton, aber nun sind sieben Jahre verstrichen – die Trauer dürfte doch nicht in eine solche Verbitterung umschlagen.«
»Ich hatte auch gehofft, es möge mit der Zeit besser werden, und als sie nach zwei Jahren die Trauer abgelegt hat, habe ich mir alle Mühe gegeben, ihr ein gesellschaftliches Leben zu ermöglichen. Ich war in jener Zeit sehr dankbar, dass ihre Tante Margarethe sie unter ihre Fittiche genommen hat. Aber vielleicht war das ein Fehler«, sinnierte er plötzlich.
»Margarethe
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