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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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selbstverständlich in die Fabrik zu Nettekoven. Josef empfing ihn mit gewohnter rauer Herzlichkeit, und sogar die Arbeiter erwiderten mit Grinsen und Nicken seinen freundlichen Gruß.
    »Und, volle Skizzenbücher, bahnbrechende Ideen, neue Kunden und Lieferanten dabei?«
    »Alles, was du dir wünschst, Juppes. So viele Ideen, dass es für die nächsten fünf Jahre reicht. Wir setzen uns nächstes Wochenende zusammen und schauen, was sich machen lässt.«
    »Und dein Freund, der Doktor, ist auch zufrieden mit der Reise?«
    Alexanders Gesicht verdüsterte sich für einen Moment, dann schüttelte er den Kopf.
    »Für seine Arbeit hat er viel erreicht. Aber er hat eine entsetzliche Tragödie erlebt. Ich möchte darüber im Moment nicht sprechen. Es hat auch mir fast das Herz gebrochen.«
    »Nun, dann warte damit noch ein Weilchen. Du wirst Ablenkung genug haben, Alexander, denn hier hat es auch eine Veränderung gegeben.«
    »Dein Tonfall und dein Gesicht, Jupp, lassen eher auf eine unerwünschte als eine angenehme Veränderung schließen.«
    »Das wirst du selbst beurteilen müssen. Frau Gräfin von Massow ist in dein Häuschen eingezogen.«
    »Was? Meine Mutter?« Alexander wollte auflachen, aber Juppes schüttelte den Kopf. »Nicht? Dann kann es nur Linda sein. Ist meinem Bruder etwas zugestoßen?«
    »Nein, nein, Alexander. Gräfin Paula, deine Frau, wohnt seit zehn Tagen hier.«
    »Verdammte... Verzeih. Was will die denn hier? Oh, ich kann es mir schon denken«, fügte er schnell hinzu. »Na, der fromme Wunsch wird ihr nicht erfüllt. Frau Masters bleibt Frau Masters, danach wird sich Ihre Gnaden schon noch richten müssen. Aber bevor ich mich darüber echauffiere, will ich erst einmal sehen, was du dazu sagst.«
    Und er stellte vor Jupp eine Holzkiste auf den Tisch.
    Es war es wert gewesen, sie den ganzen Weg von London mitzuschleppen – das maßstabsgetreue Miniaturmodell einer funktionstüchtigen Dampfmaschine mit einem Hammerwerk entzückte den Werkzeugmacher wie einen kleinen Jungen.
    Alexander begrüßte anschließend noch Gisa und Hannes und überreichte der Dame des Hauses ein Paket mit irischem Leinen, was eine ähnliche Verzückung hervorrief wie das Dampfmaschinchen bei ihrem Mann. Und Hannes blieb stumm und ergriffen mit einem Plüschbären im Arm sitzen.
     
    Alexanders Erscheinen rief bei Paula erwartungsgemäß weit weniger Entzücken hervor. Sie erwartete ihn in seinem Wohnzimmer und begrüßte ihn freundlich, aber mit einer merklichen Kühle.
    »Lieber Alexander, es sind nun vier Jahre her, und wir haben nie die Möglichkeit gefunden, den Bruch zu kitten, der damals entstanden ist. Ich bitte Sie, lassen Sie es uns jetzt versuchen.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, Paula, dass ich je den Wunsch dazu geäußert habe.«
    »Nein? Nicht?«
    »Nein. Ich habe damals die Trennung gewollt, ich sehe keinen Grund, nur weil Zeit verstrichen ist, ein anderes Arrangement anzustreben.«
    Paula wanderte mit fest verschränkten Fingern einige Schritte auf und ab, sichtlich um Fassung bemüht. Alexander setzte sich auf einen Sessel und blickte aus dem Fenster. Die Äpfel waren rotbackig geworden. Als er das letzte Mal hier gesessen hatte, hatte der Baum geblüht. Zeit verging …
    »Nein, Sie wünschen keine Änderung des Zustands. Aber ich könnte mir denken, dass Julia sie sich wünscht. Sie wird nun neun Jahre alt, und es ist Zeit, dass sie in eine passende Schule kommt.«
    Und damit hatte sie ihn schon wieder in der Falle. Kurz und knapp und innerhalb von Sekunden. Denn welche Art von Schule seine bigotten Schwiegereltern aussuchen würden, konnte er sich ohne Probleme vorstellen. Das Angebot, das sie ihm machten – und er war sich ganz sicher, dass dieses Zusammentreffen nicht auf Paulas Initiative entstanden war -, war die Verfügungsgewalt über seine Tochter. Für einen Moment erlaubte sich Alexander eine bittere Erheiterung und schickte seinem Vater für seine weise Beurteilung des Emporkömmlings Reinecke einen freundlichen Gedanken.
    »Einverstanden, Paula. Schicken Sie Ihrem Vater umgehend Post, dass Julia hier nächste Woche erwartet wird. Sie können bis auf Weiteres ebenfalls bleiben.«
    »Ich wusste, Alexander, dass Sie einsichtig sein würden.«
    »Natürlich. Aber Sie werden im Gegenzug auch Einsicht zeigen, Frau Masters.«
    Wieder knoteten sich ihre Hände fest zusammen, wie er feststellen konnte, aber diesmal kamen keine weiteren Einwände.
     
    Julia traf wirklich eine Woche später mit ihrer

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