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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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geschrien hast. Aber nun muss ich hier wohl erst einmal aufräumen.«
    Die einfache Tätigkeit half mir, mich zu beruhigen. Es war ja nichts passiert, und vielleicht war das dem widerlichen Quacksalber eine Lehre, unbefugt und ungerufen Kranke in diesem Haus zu behandeln.
    Ich verließ Julia, als sie einigermaßen ruhig schlief. Ein paar Tropfen Laudanum waren mir angebracht erschienen, denn das Fieber war durch die Aufregung wieder gestiegen.
     
    Es war ein schwüler Juniabend, und die Luft lastete schwer in den warmen, nach Krankheit und Medikamenten riechenden Räumen.
    Erschöpft begab ich mich in die Küche, um mir einen Happen kalten Braten und etwas Brot zu holen, und als ich an der Nische mit der Marienfigur vorbeikam, erschien es mir unfrommer Protestantin plötzlich sehr angemessen, ihr zu danken, dass sie mich vor der Krankheit bewahrt hatte. Ich wurde langsam wunderlich.
    Nach meinem Imbiss wollte ich mich um Anton kümmern, damit auch Margarethe etwas ausruhen konnte. Sie war nicht in seinem Zimmer, was mich verblüffte. Doch mein Mann schlief ruhig und tief. Ich zündete das Nachtlicht an und füllte seine Wassertasse frisch auf. Dann setzte ich mich neben ihn und schaute ihn an. Eingefallen waren seine Züge, und er sah um viele Jahre gealtert aus. Das Fieber und die Schmerzen hatten ihn ausgezehrt. Doch das war nichts, was man mit Ruhe und gutem Essen nicht wieder beheben konnte. So still, wie er jetzt hier lag, wollte ich fast glauben, dass er den Höhepunkt der Krankheit überschritten hatte. Sanft, um ihn nicht zu wecken, zog ich die Decke über seiner Brust gerade. Dabei fiel der Ärmel seines Nachthemdes zurück, und mit blankem Entsetzen sah ich den Verband.
    Dieser verfluchte Kurpfuscher hatte Anton zur Ader gelassen! Und der ruhige Schlaf war nicht der der Heilung.
    Eine beklemmende Angst packte mich.
    Ich brauchte Jan.
    Und ich konnte jetzt nicht aus dem Haus.
    Margarethe schlief vermutlich, Hermine, das flatterige Huhn, wollte ich nicht aufstöbern. Blieb die Köchin, die unten ihr Zimmer hatte. Sie war eine unwirsche, wenn auch tüchtige Person und die Einzige, die mir helfen konnte.
    Sie hatte sogar einen praktikablen Rat.
    »Ich sag Heinz Bescheid, gnädige Frau. Der kann den Wagen nehmen und nach Bonn fahren, um den Doktor zu holen.«
    Antons Apothekergehilfen hatte ich völlig vergessen.
    »Tun Sie das, Lena. Es geht dem Herrn sehr, sehr schlecht.«
    »Was ist mit Doktor Schlaginhaufn?«
    »Der ist daran schuld. Bitte, schicken Sie Heinz nach Bonn.«
    Es würde Stunden dauern, bis Jan hier sein konnte, sofern Heinz ihn überhaupt zu Hause antraf. Aber es war meine einzige Hoffnung. Denn einen anderen Arzt mochte ich nicht hinzuziehen, mein Vertrauen in diese Zunft war zutiefst erschüttert.
     
    Zurück an Antons Bett saß ich von den wildesten Gedanken und Vorstellungen gehetzt neben ihm und lauschte seinen schweren Atemzügen. Margarethe musste Schlaginhaufn gerufen haben, oder zumindest hatte sie ihm gestattet, den Kranken zu besuchen. Gut, sie waren alte Freunde, und meine Abneigung gegen den schmierigen Arzt teilte sie nicht. Sie hielt ihn für kompetent und trug ihm all ihre kleinen Wehwehchen vor. Vermutlich war er ein guter Zuhörer, denn das und ein paar harmlose Mittelchen heilten bekanntlich schon viele Leiden.
    »Warum haben Sie sich nicht zur Wehr gesetzt, Anton? Sie haben doch schon so viel Blut verloren«, konnte ich nicht unterlassen, tonlos zu fragen. Doch obwohl es kaum hörbar war, flatterten seine Lider, und er öffnete die Augen.
    »Amara!«, krächzte er leise.
    »Ich bin bei Ihnen.«
    »Gut.«
    Er tastete nach meiner Hand, und ich schloss meine Finger um die seinen. Erst hatte ich den Eindruck, er wäre wieder eingenickt, aber dann flüsterte er: »Mir geht’s nicht gut, Amara. So schwach.«
    »Sie müssen schlafen, Anton, dann werden Sie wieder kräftiger.«
    Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. »Nein, Kätzchen.« Seine Finger krallten sich plötzlich um meine. »Verblute.«
    Ich wollte die Decke anheben, aber er schüttelte den Kopf.
    »Ich muss Ihnen doch helfen können, Anton. Man muss doch etwas tun können.« Verzweiflung würgte mir in der Kehle.
    »Priester.«
    »Ja, ja, natürlich. Ich schicke die Köchin oder Hermine zu Gerlach.«
    »Bleib. Erst dir sagen.«
    »Wie Sie möchten, Anton, Liebster.«
    Geisterhaft war sein Lächeln, das um die blassen, aufgesprungen Lippen spielte.
    »War ich dir nie. Verzeih. Alter Mann.«
    »Der gütigste Mann,

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