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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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den sich eine Frau nur wünschen kann. Das sind Sie mir, Anton.«
    »Hab alles für dich geregelt. Richtige Papiere.«
    Er befeuchtete die Lippen, und ich hielt ihm die Schnabeltasse an den Mund. Doch er nahm nur einen kleinen Schluck. Richtige Papiere – mein Gott.
    »Sie wussten, dass ich nicht Ella Wirth war?«
    »Ja. Zu gebildet für ein Dienstmädchen.«
    Es kostete ihn sichtlich Anstrengung, mit mir zu sprechen, also unterließ ich es, weitere Fragen zu stellen, und streichelte ihm dafür die Wange.
    »Mich glücklich gemacht.«
    Ich konnte es nicht verhindern, dass mir die Tränen aus den Augen tropften.
    »Anton, ich liebe Sie. Vielleicht nicht so romantisch und stürmisch wie ein junges Mädchen. Aber ich liebe Sie von Herzen. Sie sind so großzügig und verständnisvoll.«
    »Nicht weinen, Kätzchen.«
    Ich bemühte mich, aber auch wenn ich mir heftig auf die Lippe biss, kamen neue Tränen.
    »Ich habe nach Jan schicken lassen, Anton. Er wird Ihnen bestimmt helfen können. Er ist so ein guter Arzt.«
    Aber Anton antwortete nicht mehr, er war wieder in seine Benommenheit weggedämmert. Also saß ich weiter still an seiner Seite, während der warme Abend in eine von Wetterleuchten erhellte Nacht hinüberglitt. Zeit verlor ihre Bedeutung für mich, während ich die Hand meines sterbenden Mannes hielt. Denn er starb. Davor konnte ich mich nicht mehr verschließen. Der Puls unter meinen Fingern wurde langsamer und langsamer, sein Atem hob und senkte kaum mehr die Brust.
    Hufgeklapper schreckte die lautlose Nacht. Leise gesprochene Worte vor dem Haus, ein leichtes Klopfen sagten mir, dass Jan eingetroffen war. Ich wollte gerade aufstehen, doch die Köchin hatte ihm schon geöffnet. Jan kam die Treppen hoch und machte die Tür vorsichtig auf.
    »Amara! Was ist vorgefallen?« Auch er sprach fast tonlos, und trat an das Bett.
    »Schlaginhaufn hat ihn zur Ader gelassen. Und er blutet stark.«
    Sehr vorsichtig hob Jan die Bettdecke und ließ sie wieder sinken. Die Laken waren blutgetränkt. Wortlos ging er zum Fenster und lehnte, um Fassung ringend, die Stirn ans Fensterkreuz. Ich stellte mich neben ihn und legte meine Hand auf seinen Rücken.
    »Jan! Bitte!«
    »O Gott. Oh, mein Gott. Nicht wieder.«
    Er schluchzte fast, aber was immer er vor sich sah, was ausbrechen wollte, was ihn marterte, musste warten.
    »Jan, du hast einen Patienten.«
    »Ja, verzeih!« Er schüttelte sich und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Dann untersuchte er sehr vorsichtig den Schlafenden. Und mit unsäglicher Trauer in den Augen drehte er sich zu mir um. »Amara?«
    »Ich weiß.«
    »Ja. Er stirbt. Es mag noch eine halbe Stunde oder nur noch Minuten dauern. Hol seine Familie.«
    »Nein. Sie können nichts mehr für ihn tun, und er kann sie nicht mehr sehen. Ich will seine Hand halten.«
    »Gut, wie du wünschst.«
    »Geh du, und sieh nach Julia oben. Ich habe ihr Laudanum gegeben, denn Hauindreck hat sie maßlos verschreckt.«
    »Hat er sie auch...«
    »Nein«, sagte ich grimmig. »Ich wusste es bei ihr zu verhindern.«
    Er verließ mich, und ich setzte mich wieder zu Anton.
    Es blieb ihm keine halbe Stunde mehr, es waren nur noch Minuten, bis der Tod eintrat. Ich fühlte, bevor er eintrat, den sanften Kuss seiner Seele, dann war da die Leere.
    »Anton!«, flüsterte ich noch einmal. Dann öffnete ich die Fenster weit und schaute zum flammenden Himmel empor.
    In der Ferne grollte der Donner.
     
    Jan kam wenig später zurück, und er erkannte die Veränderung. Still zog er mich in seine Arme und ließ mich weinen. Und als ich nach einer Weile aufschaute, merkte ich, dass auch er weinte. Nicht um Anton, gewiss nicht, sondern um eine verlorene Liebe. Um eine Frau, die gestorben war wie Anton, verblutet in ihren Laken.
     
    Was wir beide nicht wussten, war, dass an diesem Tag auch ein anderer Mann sein Leben beendet hatte. Am 7. Juni 1840 starb in Berlin der preußische König, und eine Ära ging zu Ende.

VIERTER TEIL
    Die Süße

Botanische Götterspeise
    O süßer Trunk, Geschenk der Sterne,
Du kannst nur ein Trank der Götter sein.
    Jesuit Farronius

1753, Stockholm
    Draußen war es finster, obwohl bereits die Mittagsstunde nahte. Eisig pfiff der Nordwind um die Ecke des Gutshauses in Hammerby, und gelegentlich heulte es dumpf im Kamin. Das brennende Holz aber wärmte die Arbeitsstube, und Murli, der wildfarbene Kater mit der stolzen Halskrause, reckte sich genießerisch auf dem Webteppich vor dem Feuer. Dann erhob er sich

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