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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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mein »Labor« diente. Wir hatten hübsche, helle Möbel gekauft, um einen Salon und ein Speisezimmer mit Gartenblick auszustatten. Im zweiten Stock bezogen wir unsere Schlafzimmer, darüber blieben zunächst die Räume leer, und in der Mansarde würden ein Hausmädchen und der Wassertank wohnen, dessen Installation soeben seiner Fertigstellung entgegensah.
    Ein schweres Werkzeug polterte, und trampelnde Schritte kamen die Holztreppe herunter. Ich öffnete die Salontür und sah mich einem kreidebleichen Handwerker gegenüber, dem schier die Augen aus dem Kopf quellen wollten.
    »Ist Ihnen etwas passiert, Mattes?«
    »Die... die...« Er würgte an seinen Worten.
    »Mann Gottes, Sie sehen ja aus, als hätten Sie eine Erscheinung gehabt!«
    »Ja... Ja, das war’s. Ich geh da nicht mehr rauf. Nein, das tu ich nicht.«
    »Also hören Sie mal. Sie haben einen Auftrag zu erfüllen.«
    »Nicht hier. Nicht in diesem fluchbeladenen Haus.«
    »Hören Sie auf zu spinnen, Mattes. Es liegt kein Fluch auf diesem Haus.«
    »Doch, gnä’ Frau. Doch. Da oben...« Er schauderte sichtlich.
    »Was ist da oben?«
    Melli war aus der Küche hochgekommen und versperrte Mattes den Weg zur Haustür.
    »Da geht sie um!«
    »Ah, Amara, wir haben ein Gespenst. Wie aufregend.«
    »M...machen Sie keine Witze darüber. D... dat iss die aal Sibille.«
    »Die alte Sibille. So. Sie kannten die Dame?«
    Er nickte heftig.
    »Eine Vorbesitzerin, vermute ich?«
    Wieder heftiges Nicken.
    »Sollte ich annehmen, dass sie eines gewaltsamen Todes gestorben ist?«
    Er nickte abermals und stieß dann hervor: »Hat sich da oben erhängt.«
    »Möge der Herr sich ihrer verlorenen Seele annehmen.«
    »Sie hat gekreischt!«
    Mein Glaube an kreischende, auf Dachböden umgehende Damen war nicht allzu fest, und Mellis Pantomime einer kopflosen Frau machte es mir fast unmöglich, den nötigen Ernst zu wahren.
    »Ich bin die jetzige Hausbesitzerin, Mattes. Ich kümmere mich darum. Sie begleiten Fräulein Galinowa in die Küche und lassen sich ein Bier einschenken. Machen Sie eine kurze Pause, ja?«
    Melli drängte ihn geschickt in die richtige Richtung, und ich stieg nach oben. Der Tank, ein mächtiges Blechgebilde, stand schon auf seinem Gestell, die Rohre waren bereits angeschlossen. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach war nicht mehr viel zu tun außer den letzten Handgriffen. Das beruhigte mich schon mal. Dann aber sah ich mich um und lauschte. Es war durchaus möglich, dass ein Tier gekreischt hatte. Vielleicht eine Ratte, was ich nicht besonders erfreulich gefunden hätte.
    In den Ecken lagen ein paar Decken, ein Stapel Dachschindeln, die der Dachdecker einstmals hiergelassen hatte, falls eine Reparatur notwendig sein würde, weitere Rohrstücke und Werkzeug. Weder Geist noch Ratte zeigten sich. In dem Nebenzimmer, das unser zukünftiges Dienstmädchen beziehen würde, waren die Bodendielen frisch abgezogen, ein leeres Bettgestell, Schrank, Tisch und zwei Stühle standen für die Bewohnerin bereit, und das schmale Dachfenster war zum Lüften weit geöffnet.
    Die Spur führte von dort zum Schrank. Federn, grau. Blut, rot.
    Vorsichtig öffnete ich die angelehnte Schranktür.
    Zwei schimmernde Augen sahen mich von unten ängstlich an. Das Gesicht war grau und schwarz, der Rest vermutlich ebenso, im Dämmer kaum zu erkennen.
    »Unser Hausgespenst«, stellte ich leise fest.
    »Mirrr?«
    Es klang so eigenartig fragend, dass ich lächeln musste. Ich kniete nieder und betrachtete die kleine Katze. Entweder war es noch ein sehr junges oder ein besonders kleinwüchsiges Tier, auf jeden Fall aber schien es wenig Angst zu haben.
    »Du bist wohl über die Dächer gekommen, Kleiner?«
    Warum ich ihn gleich beim ersten Anblick für einen Kater hielt, weiß ich nicht. Es lag wohl an seiner Haltung. Trotzig, mutig, hoffnungsvoll.
    Ich streckte meine Hand aus. Er zuckte ganz kurz zurück, kam dann aber mit seiner Nase näher und schnupperte vorsichtig daran.
    »Du könntest bei uns wohnen, wenn du möchtest. Ich glaube, Melli hätte gerne wieder eine Katze. Sie hat Murzik sehr geliebt.«
    Er schien meine Stimme zu mögen, und als ich in den Schrank griff, ließ er sich anstandslos auf den Arm nehmen. Menschenscheu war er also nicht. Er krallte sich allerdings ängstlich in den Stoff meines Kleides, als ich die Treppen zur Küche hinunterstieg, und zappelte heftig, als ich eintrat. Ich ließ ihn zu Boden, und er entwischte hinter den Herd.
    »Das, Mattes«, erklärte ich mit fester

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