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Göttin der Wüste

Göttin der Wüste

Titel: Göttin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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verbrennt einen von innen wie Feuer, und die Hitze läßt die Gedanken kochen. Ihr nennt das Wahnsinn, nicht wahr? Ja, gewöhnliche Menschen können wahnsinnig werden, wenn sie ungeschützt dort hingehen. Das ist der Ort, an dem die Große Schlange lebt. Sie streift umher, immer auf der Suche nach Dingen, die sie zerstören kann. Doch alles, was sie findet, ist Sand, nichts als endloser Sand.« Qabbo fuhr mit den Händen die Konturen einer unsichtbaren Dünenlandschaft nach. »Heute aber, in diesem Augenblick, ist sie auf dem Weg nach Westen. Es ist ein weiter Weg, sogar für sie. Aber sie kommt, daran besteht kein Zweifel.«
    »Qabbo«, sagte Cendrine und versuchte sehr ruhig und vernünftig zu klingen, »für dich mag das alles ja sehr wichtig sein. Du glaubst an diese Dinge, du bist damit aufgewachsen. Aber für mich sind das nur Legenden. Wichtige Teile eurer Folklore, sicher, aber am Ende doch nichts weiter als Legenden.«
    »Aber die Große Schlange existiert! Sie ist keine Legende. Du hast sie selbst gesehen!«
    »Tut mir leid«, meinte sie kopfschüttelnd, »aber –«
    »Du hast sie gesehen!« fiel er ihr scharf ins Wort.
    »Eine Schlange? Ich weiß nicht, was du meinst.« Aber war das tatsächlich die Wahrheit? Eine Schlange war es gewesen, die Eva im Garten Eden verführt hatte. Sie war der Teufel, der Versucher, war die Verkörperung dessen, was im christlichen Glauben das Böse bedeutete. War nicht auch sie dem Versucher begegnet, erst gestern nacht?
    Zu ihrer Überraschung wollte Qabbo jedoch auf etwas anderes hinaus. »Der Sturm aus deinen Visionen – der Sturm am Horizont! Er ist die Große Schlange.«
    »Ein Wirbelsturm?«
    »Ja. Und nein. Die Große Schlange mag aussehen wie ein Sturm, aber sie ist viel mehr als das. Sehr viel mehr.«
    Sie rief sich die Bilder aus ihren Träumen in Erinnerung. Die Gestalt in den weißen Gewändern, die den Sturm wie einen Kettenhund durch die Wüste führte – oder von ihm gejagt wurde, das war nicht genau zu erkennen. Ein Inferno, das den Horizont zu zerreißen drohte, schlimmer als alles, was sie sich je hätte ausmalen können. Ein Riß in der Nacht, der sogar die Sterne aufsaugte, ein Rachen aus purer Schwärze, der alles verheerte, was in seine Reichweite kam.
    Vielleicht hatte Qabbo recht und diese Erscheinung war wirklich mehr als nur ein Sturm.
    Aber, Himmelherrgott, es war doch nur ein Traum gewesen! Oder eine ganze Reihe von Träumen. Visionen, bestenfalls. Sie würde doch jetzt nicht anfangen, Qabbos Gerede von Geisterschlangen und – vor allen Dingen – von rätselhaften Missionen ernst zu nehmen. Ja, natürlich, bis zu einem gewissen Grad glaubte sie an ihre Begabung – Adrian glaubte daran, weshalb also sollte sie es nicht tun? –, aber sie war noch weit davon entfernt, sich selbst als Gegnerin von etwas zu sehen, das die Eingeborenen für einen Aspekt ihrer Götterwelt hielten. Cendrine Muck, Bezwingerin der Großen Schlange. Es war wirklich lächerlich, durch und durch albern.
    »Du redest dir ein, nicht daran glauben zu können«, sagte Qabbo. »Dabei kennst du insgeheim doch die Wahrheit. Du mußt sie nur noch … wie sagt ihr? Akzeptieren!«
    »Ich kann so etwas nicht akzeptieren, Qabbo. Verstehst du, ich kann es nicht!«
    »Warum glaubst du dann an so etwas wie den bösen Blick?«
    Sie sah ihn erstaunt an. »Wie kommst du darauf?«
    »Erinnerst du dich an den kleinen Schuhputzer in Windhuk? Das warst du, Cendrine.«
    »Er hatte einen Anfall. Möglicherweise Epilepsie.«
    »Du weißt es besser.«
    Sie sprang auf und war so erregt, daß sie sogar den anfänglichen Schwindel unbeachtet ließ. »Du unterstellst mir diese Dinge. Du versuchst, sie mir einzureden.«
    »Das muß ich nicht, und du weißt es. Die Gewißheit ist längst in dir.« Er preßte die Handfläche an seine gedrungene Stirn. »Dort oben ist alles, was du wissen mußt, Cendrine. Horch in dein Inneres. Alles ist wahr!«
    »Woher weißt du das? Ich meine, woher weißt du, was mit dem Jungen passiert ist?«
    »So etwas spricht sich herum.«
    Sie schüttelte energisch den Kopf. »Du hast mich beobachten lassen.«
    Sein Blick war Eingeständnis genug, und es hätte seiner Worte nicht mehr bedurft. Trotzdem sagte er: »Ja, das stimmt.«
    »Seit wann?«
    »Die ersten von uns spürten deine Anwesenheit, kurz nachdem du an Land gegangen bist.«
    »Und seitdem habt ihr mich verfolgt?«
    »Nicht immer mit den Augen. Nicht immer körperlich. Aber wir waren stets bei dir, ja.«
    Sie war

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