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Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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angeordnet, dass eine jüngst Verstorbene dich zum Palast des Hades geleiten wird. Sie wird dir bei den Fragen helfen, die dir deine innere Stimme nicht beantwortet.« Energisch eilte die Göttin über die Wiese, und Lina musste sich anstrengen, um mit ihr Schritt zu halten. »Aber niemand darf wissen, dass du nicht wirklich Persephone bist.«
    »Was? Aber wie soll ich …?«, stieß Lina hervor.
    »Es wäre eine Beleidigung«, unterbrach Demeter sie. »Die Toten verdienen mehr Respekt als zu glauben, dass man ihnen nicht den Kontakt zu einer wahren Göttin gewährt.«
    »Aber ich
bin
keine wahre Göttin!«
    »Bist du wohl!« Demeters strenger Blick ließ Lina innehalten. »Ich habe dich mit der Macht meiner Tochter ausgestattet. Glaube daran, dass du eine Göttin bist, und verhalte dich entsprechend. Und vergiss nicht: In deiner Welt hält sich Persephone an dieselbe Regel. Niemand wird wissen, dass sie nicht wirklich Carolina Francesca Santoro ist. Jetzt gib mir dein Wort, dass du deine wahre Identität nicht verraten wirst.«
    »Ich verspreche, dass ich geheim halten werde, wer ich bin«, schwor Lina nach nur kurzem Zögern. Was hatte sie für eine Wahl?
    Linas Schwur majestätisch entgegennehmend, neigte Demeter den Kopf. Dann ging sie weiter, verließ die Wiese und betrat einen Wald.
    Lina hatte kaum Zeit, sich zu fragen, in was sie da geraten war, denn sie musste der sich entfernenden Gestalt der Göttin nacheilen.
    Sie bahnten sich ihren Weg durch einen dichten Wald. Es wehte eine leichte Brise, die noch einen Hauch sommerlicher Wärme trug, doch die trockenen Blätter von den kräftigen Ästen und Zweigen holte, die über ihren Köpfen ein Dach aus Herbstfarben bildeten.
    »Hier ist kein Frühling«, stellte Lina fest.
    Demeter warf der Frau im Körper ihrer Tochter einen Blick über die Schulter zu.
    »Nein, wie ich schon erklärt habe, vergeht die Zeit hier anders, Carolina. Der Frühling hat diese Welt verlassen, und die ruhigen Jahreszeiten Herbst und Winter stehen vor uns, weshalb meine Tochter deine Welt besuchen kann, wo gerade das frühlingshafte Sprießen beginnt.«
    Lina presste die Lippen aufeinander. Na, das war ja großartig. Dass es im von ihr verlassenen Oklahoma Frühling war, passte gut, besonders da Persephone dort eingetroffen war. Es erinnerte sie an einen alten Mythos …
    Schlagartig blieb Lina stehen.
    Eirene stolperte und wäre fast von hinten in sie hineingelaufen.
    »Du musst dich beeilen«, sagte die alte Frau verärgert. »Wir haben keine Zeit zum …«
    Linas Gesichtsausdruck brachte sie zum Schweigen. Demeter spürte das Problem und drehte sich um. Linas nächster Satz durchschnitt die Luft zwischen ihnen.
    »Der Raub der Persephone.« Abwehrend verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Jetzt erinnere ich mich an den Mythos. Hades, der König der Unterwelt, entführt die jungfräuliche Göttin Persephone. Er schändet und täuscht sie, indem er sie dazu bringt, sechs Teile einer Frucht zu essen. Deshalb muss sie da unten bei ihm bleiben.« Lina versuchte sich zu erinnern, dann fiel ihr der Name ein. »Sechs Kerne von einem Granatapfel. Deshalb ist es sechs Monate lang Herbst und Winter – weil ihre Mutter, also du, Demeter, beim Verlust der Tochter in solche Trauer verfiel, dass sie sich weigerte, etwas wachsen zu lassen, solange Persephone fort war.«
    Lina schnappte nach Luft, kämpfte gegen ihre eigene Angst. Sie war keine unschuldige Jungfrau. Sie war eine reife Frau in den besten Jahren und würde sich nicht widerstandslos in eine Falle führen lassen. »Du willst mich hereinlegen. Du willst, dass ich den Platz deiner Tochter einnehme, damit nicht Persephone diejenige ist, die geraubt wird.«
    Sie hörte, dass Eirene bei ihren Worten entsetzt nach Luft schnappte, doch bevor Lina weitersprechen konnte, überwand Demeter die Distanz zwischen ihnen so schnell, dass Lina sie nur noch verschwommen sah. Die Göttin packte Lina an den Schultern und sah ihr tief in die Augen. »Du darfst diese Lüge nicht glauben, Lina«, sagte Demeter.
    »Ich habe die Geschichte gelesen; ich weiß, wie sie geht.«
    »Nicht hier, Lina, nicht in dieser Welt.« Demeter spürte, wie der vertraute Körper zwischen ihren Händen bebte. Sie konzentrierte ihre Willenskraft auf Linas Augen. Sie musste diese sterbliche Frau glauben machen, dass sie die Wahrheit sprach. »Ich würde niemals zulassen, dass so etwas passiert. Weder meiner eigenen Tochter noch dir.«
    »Aber ich kann mich erinnern. Genau

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