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Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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Figuren, aufgeregt hüpften und tanzten sie auf Lina zu. Die Gruppe bestand aus jungen, schönen Frauen. Um ihre schlanken Körper waren fließende Stoffe aufreizend gewunden. Wenn sie nicht so halb durchsichtig und damit als Geister der Unterwelt auszumachen gewesen wären, hätte Lina geglaubt, sie sei mitten in die Karnevalsparty einer Studentinnenverbindung geraten.
    Hades gab Dorado mit dem Knie ein Zeichen, so dass das Pferd zu Lina ging und der Gott ihr mit leiser Stimme zuflüstern konnte: »Das sind Jungfrauen, die starben, bevor sie heiraten konnten. Sie tollen gerne herum, bevor sie sich entscheiden, von Lethe zu trinken.«
    Als die Gruppe sich den beiden Pferden näherte, wurden die jungen Mädchen langsamer, bemühten sich erkennbar, ihre Aufregung in Zaum zu halten, um den einschüchternden Rössern nicht zu nahe zu kommen. Der Geist, der die Göttin gerufen hatte, machte einen anmutigen, tiefen Knicks, und der Rest der Jungfrauen tat es ihm nach. Die erste erhob sich und sprach die Gottheiten an. »Ich habe gehört, dass du gesehen wurdest, und wollte es so gerne glauben. O Göttin! Es ist so herrlich, dich hier bei uns zu haben.«
    Ein Chor von »Ja! Wir freuen uns so!« begleitete ihre Worte.
    »Danke euch. Ich genieße meinen Besuch hier sehr«, sagte Lina.
    Die erste Jungfrau runzelte die Stirn. »Du bist nur zu Besuch? Du willst uns wieder verlassen?«
    Auf der Lichtung wurde es so still, als warte jeder einzelne Grashalm und jedes Blatt auf Linas Antwort.
    Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    »Persephone mag so lange in der Unterwelt bleiben, wie es ihr gefällt«, durchbrach Hades’ gefühlsschwangere Stimme das Schweigen.
    Lina hielt den Atem an, so glücklich machten sie seine Worte. Sie verdrängte den ernsten, verantwortungsbewussten Gedanken, der sie ermahnte, dass sie hier nicht bleiben konnte, weil sie nur sechs Monate zu Besuch war. Stattdessen lächelte sie den Gott an und dachte, wie gerne sie ihn wieder küssen würde.
    »Dann hast du keinen Grund weiterzueilen. Komm und tanz mit uns, Göttin!«, rief die Jungfrau.
    Lina riss ihren Blick von Hades los. »Mit euch tanzen? Aber es gibt doch gar keine Musik«, entgegnete sie dem jungen Geist.
    »Für diese Kleinigkeit ist schnell gesorgt«, sagte Hades. »Unsere Göttin wünscht Musik!«, befahl er mit einer Verbeugung. Der Wind trug seine Worte fort und wirbelte sie mit einem sonderbar pfeifenden Geräusch umher, das immer lauter wurde, bis es in den melodischen Klang von Musikinstrumenten überging. Gnädig neigte der Gott den Kopf. »Jetzt hast du Musik.«
    »So scheint es.« Linas Herz klopfte so laut, dass sie überzeugt war, trotz der Musik könne es jeder hören. Tanzen? Sie wusste nicht, wie sie mit diesen Mädchen tanzen sollte.
    »Oh, ja! Bitte!«
    »Jetzt kannst du mit uns tanzen!«
    »Komm und beweg dich zur Musik des Gottes, Persephone!«
    »Aber … ich … also …« Lina sah sich hilflos um. »Was soll ich denn mit Orion machen?«, stammelte sie.
    »Den lässt du hier bei Dorado und mir«, sagte Hades und stieg ab. Er stellte sich an Orions Seite und streckte die Arme aus, so dass Lina keine andere Wahl hatte, als vom Pferd zu rutschen. Hades drückte sie kurz an sich und flüsterte ihr ins Ohr: »Bitte tanze für mich hier im Elysium. Das hat noch keine Göttin getan.«
    Lina sah ihm in die Augen, sah das Begehren ebenso wie seine Verletzlichkeit, und wusste, dass sie sich nicht weigern konnte. Sie musste für ihn tanzen.
    »Das tue ich gerne für dich«, sagte sie.
    »Meine Streitrösser und ich warten auf dich.« Hades überlegte kurz und fügte dann hinzu. »Sehnsüchtig.«
    »Gut. Also.« Sie strich über ihr Gewand, tat so, als müsse der bereits glatte Stoff geglättet werden. »Es dauert nicht lange.«
    »Persephone! Wir haben schon einen Kreis gebildet!«, rief eine Jungfrau ihr zu.
    »Oh, gut«, sagte Lina und näherte sich der wartenden Gruppe. Tatsächlich hatten sie sich in der Mitte der Wiese in einem lockeren Zirkel aufgestellt. Lina war so nervös, dass ihr ein wenig übel wurde. Mit einer Gruppe toter Jungfrauen tanzen? Ausgerechnet dafür hatten sie ihre Erfahrungen nicht vorbereitet. Ihre Hände waren verschwitzt. Dies war etwas anderes als Nektarsammeln; sie konnte es niemandem nachmachen. Die Frauen erwarteten, dass sie es ihnen zeigte. Sollte sie ein Solo hinlegen wie John Travolta in
Saturday Night Fever
? Das würde sie in den Sand setzen. Sie würde sich hier komplett zum Narren machen.

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