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Göttin des Frühlings

Göttin des Frühlings

Titel: Göttin des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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Hoffnungslosigkeit und Qual. Dort wohnt nur das Böse.
    Es war die Hölle. Lina konnte ihren Blick nicht von dem düsteren Abgrund abwenden. Auf einmal wurde ihr kalt. Die Dunkelheit schien nach ihr zu greifen wie die Tentakel eines bösartigen Wesens.
    »Persephone!« Die Schärfe in Hades’ Stimme riss ihre Gedanken aus der Leere des Tartarus. Lina erwiderte den durchdringenden Blick des Gottes. »Du darfst dich in meinem Reich aufhalten, wo du willst, mit mir oder ohne mich an deiner Seite – nur nicht im Tartarus. Ihn darfst du nicht betreten, noch darfst du dich seiner Grenze nähern. Das Reich ist verdorben vom zersetzenden Charakter seiner Bewohner.«
    »Dort ist es schrecklich, nicht wahr?« Linas Gesicht war blutleer.
    »Das muss es sein. Du weißt, dass es viel Böses in der Welt gibt. Möchtest du es ungestraft geschehen lassen?«
    Lina dachte an ihre Welt der Sterblichen. Zeitungsmeldungen blitzten in ihrer Erinnerung auf wie Albträume: das Bombenattentat in Oklahoma City, die Grausamkeit von Erwachsenen, die wehrlose Kinder missbrauchten und töteten, und natürlich der 11 . September und die Feigheit der Terroristen.
    »Nein. Ich möchte es nicht ungestraft geschehen lassen«, sagte sie bestimmt.
    »Ich genauso wenig. Deshalb verbiete ich dir, dieses Reich zu betreten.«
    Lina erschauderte. »Ich will gar nicht dorthin.«
    Hades’ strenger Gesichtsausdruck wurde weicher. Er nickte in Richtung der Helligkeit, die die rechte Seite der Straße erleuchtete. »Ich würde dir gerne ein wenig von der Schönheit des Elysiums zeigen.«
    Mit bewusster Willensanstrengung wandte Lina den Schrecken des Tartarus den Rücken zu, lächelte Hades an und tätschelte Orions warmen Hals. »Du musst mir einfach nur den Weg zeigen. Wir folgen dir.«
    Mit funkelnden Augen nahm der Gott Dorados Zügel in die Hände. »Es ist schon richtig, dass du mir folgst. Du reitest ja das langsamere Pferd.«
    Lina sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an und antwortete mit perfekter John-Wayne-Stimme: »Du solltest besser nichts über mein Pferd sagen, Pilger.« Dann wies sie den Abhang hinunter. »Siehst du die große Kiefer am Rande des Feldes da unten?«
    Hades nickte. »Dorado und ich werden sie zuerst erreichen. Er ist das schnellere Pferd.«
    »Er mag das schnellere Pferd sein, aber er muss auf jeden Fall mehr totes Gewicht tragen«, gab Lina zurück. »Ups, das ist wahrscheinlich keine gute Formulierung in der Unterwelt, aber … HÜAH !!!«, rief sie und überrumpelte den Gott völlig unvorbereitet. Orion reagierte augenblicklich, stürzte nach vorn an Dorado vorbei und flog den Abhang hinunter. Der Wind pfiff über Linas Wangen. Sie schmiegte sich an den Hals des Hengstes, und er beschleunigte, so dass die Welt an ihr vorbeischoss. Dicht hinter sich hörte sie Dorado, der immer näher kam. »Sie dürfen uns nicht einholen!«, rief sie Orion in die angelegten Ohren, und er wurde noch schneller. Dann sprengten sie an dem hohen grünen Umriss vorbei, der Kiefer, und Lina richtete sich im Sattel auf, bejubelte ihren Sieg, während Orion zu einem schnaubenden Trab verlangsamte und schließlich stehenblieb. Schwer atmend kam Dorado neben ihnen zum Stehen.
    Lina lachte laut über den Ausdruck in Hades’ Gesicht.
    »Das schnellste Pferd, ja? Unterschätze nie die Macht einer findigen Frau.«
    »Ich finde, du hast geschummelt«, sagte Hades und versuchte erfolglos, sein Lächeln zu verbergen.
    »Ich sehe es eher so, dass ich all meine Fähigkeiten zum Gewinnen ausgenutzt habe.«
    »Ich wusste ja nicht, dass du so ehrgeizig bist.«
    »Es gibt vieles, was du nicht über mich weißt, Herr der Unterwelt«, sagte Lina und streichelte immer noch den Hals des Hengstes. »Ich bin keine normale Göttin.«
    Hades schnaubte verächtlich. Orion tat es ihm nach. Dorado warf den Kopf in den Nacken.
    Der Gott tätschelte sein Pferd. »Gräme dich nicht, altes Ross. Wir werden unseren Sieg noch erleben.« Mit gut vernehmlichem Flüstern fügte er hinzu: »Wir dürfen diese Göttin nicht aus dem Auge lassen – sie ist gerissen«, sagte er eher zu sich selbst als zu Dorado.
    »Genau«, bestätigte Lina, und beide mussten lachen.
    »Persephone!«, rief eine junge Stimme. Lina drehte sich um, wollte sehen, wer sie angesprochen hatte.
    »Ja, es ist die Göttin des Frühlings! Ich wusste es!« Eine schlanke Gestalt löste sich aus dem Kieferwäldchen, das die liebliche kleine Wiese umgab, auf der die Pferde standen. Schnell folgten ihr weitere

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