Göttin des Lichts
ihm hingab. Durch sie kehrte sein Geist in die Welt der Menschen zurück, und ein unsichtbarer, tödlicher Nebel zog sich um Caesars Palace zusammen. Er suchte … suchte … und dann, mit einem triumphierenden Schrei, fand er, wonach er gesucht hatte. Perfekt. Sie waren so unwissend – so in ihre eigenen belanglosen Dramen verstrickt, dass sie seine Gegenwart gar nicht wahrnahmen.
Zufrieden konzentrierte er all seine Macht auf die allzu willige Sterbliche. Er war in ihr, strömte durch ihre Venen und erfüllte ihre Gedanken mit dunklen Begierden.
Ja, das machst du sehr gut!,
trieb er sie an, als sie ihren Arbeitsplatz verließ.
Jetzt aber schnell, uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich werde dir genau sagen, was du zu tun hast …
32
Apollo und Pamela sprachen kein Wort, während sie Hand in Hand den Weg entlangschlenderten, der sich um die Bellagio-Fontänen schlängelte. Das Wasser lag wieder still und dunkel da, aber auf dem Bürgersteig tummelte sich eine bunte Masse munter plaudernder Menschen, und die angrenzende Straße war dicht befahren. Apollos Aufmerksamkeit galt dem Hupen und Reifenquietschen der Autos, nicht etwa der glitzernden Akropolis, die sich auf der anderen Straßenseite erhob. Er ignorierte den stets gegenwärtigen Schmerz, der sich von seiner Hand bis in den Arm hinaufzog. Er war unwichtig und würde bald vergehen. Er hatte keine Konsequenzen, ganz im Gegensatz zu der Schwere in seinem Herzen.
Bald würde die Sonne untergehen. Das hier war nicht seine Welt, aber dennoch war er untrennbar mit dem Licht im Himmel verbunden. Er konnte fühlen, wenn es am Morgen erwachte, und er wusste immer ganz genau, wann es hinter dem Horizont verschwand. Er hatte nicht mehr viel Zeit.
Er sollte hierbleiben. Es wäre möglich. Es wäre ganz einfach. Wenn das Portal erst wieder geöffnet war, würde er seine Kräfte zurückbekommen. Er könnte Pamelas Gedächtnis manipulieren und ihr weismachen, dass sie ihn gebeten hatte zu bleiben … Wie ein böser Geist flüsterte ihm sein Verstand diese Möglichkeiten ein … Er könnte sie auch in sein Reich mitnehmen. Die Götter entführten ihre sterblichen Geliebten schon seit Äonen in ihre Welt. Der Olymp war ein Ort von unfassbarer Schönheit, der unzählige Wunder barg. Sicher könnte sie dort glücklich werden. Sicher liebte sie ihn genug, um ihm zu vergeben.
Aber dann wäre er kein Stück besser als ihr Ehemann. Von Pamela hatte er gelernt, dass Liebe nicht eingefordert, erzwungen oder gefangen genommen werden konnte. Er würde sie nicht an sich ketten, er konnte sie nur lieben.
War es wirklich erst eine Woche her, dass er gedacht hatte, er hätte die Liebe erobert? Wie naiv er doch gewesen war. Die Liebe machte keinen Unterschied zwischen sterblich und unsterblich, sie scherte sich nicht um Status oder Privilegien. Die Liebe war eine Angelegenheit der Seele, und sie ließ sich nicht manipulieren, weder von Menschen noch von Göttern.
Apollo wurde langsamer und führte Pamela zu einer nahegelegenen Bank, als die Gruppe, die vor ihnen hergelaufen war, plötzlich zum Stehen kam. Wie eine Rinderherde traten sie unruhig von einem Fuß auf den anderen und blökten sich gegenseitig an.
»Sie warten auf die Ampel«, erklärte Pamela, setzte sich neben ihn und starrte gedankenverloren auf das dunkle Wasser hinab. Sie klang fast normal, aber aus ihrem sonst strahlenden Gesicht waren das Licht und die Lebhaftigkeit gewichen, und sie wirkte blass und bedrückt. »Die Gruppe ist zu groß – sie brauchen wahrscheinlich zwei Grünphasen, um alle über die Straße zu kommen.« Mit traurigen Augen sah sie zu ihm auf. »Nach einer Woche in der Wüste kriege ich in so einer Menschenmenge fast Platzangst. Haben wir genug Zeit, um kurz hier sitzenzubleiben, bis sie weg sind?«
»Klar«, antwortete er und legte einen Arm um sie. Pamela lehnte ihren Kopf an seine Schulter und schmiegte sich an ihn. »Wir müssen nicht gleich in dem Moment da sein, in dem sich das Portal öffnet. Wir haben Zeit.«
»Wie viel Zeit?«
»Nicht viel. Wenn Zeus denkt, ich ignoriere seinen Befehl, wird er nur noch wütender.«
»Was wirst du ihm sagen?«
»Die Wahrheit.« Er küsste ihre Stirn. »Dass ich meine Seelenverwandte in der modernen Welt gefunden habe und es mein Herzenswunsch ist, für immer bei ihr zu bleiben.«
»Ich hoffe, dass dein Herzenswunsch genauso leicht erfüllt werden kann wie meiner.« Sie hob ihm ihr Gesicht entgegen. Als er sie küsste, atmete sie seinen Duft
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