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Göttin des Lichts

Titel: Göttin des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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in ihren Ohren wie silberne Glöckchen klang. »Wenn Sie mir damit ein Kompliment machen wollen, hätten Sie vorher meine Konkurrenten aber nicht als grauhaarige alte Männer beschreiben sollen. Genau genommen bin ich auch keine Architektin, aber es ist wichtig für meinen Job, dass ich etwas von Architektur verstehe. Ich bin Innendesignerin.«
    »Innendesignerin«, wiederholte Apollo die sonderbare Berufsbezeichnung, mit der er nicht allzu viel anfangen konnte. Was genau arbeitete sie? Er hatte keine Ahnung. Und dann tat Apollo, Gott des Lichts, Meister der Musik, der Heilkunst und der Wahrheit, Liebhaber unzähliger sterblicher und unsterblicher Frauen etwas, was er noch nie getan hatte. Er zerbrach sich den Kopf darüber, was er sagen sollte, damit er nicht wie ein Dummkopf dastand.
    »Ist Architektur denn wichtig für eine Innendesignerin?«, platzte er mit dem Erstbesten heraus, was ihm in den Sinn kam.
    »Selbstverständlich.« Erneut zeigten sich zarte Falten zwischen ihren Brauen. »Es ist doch naheliegend, dass man als Designerin erst einmal die Architektur eines Gebäudes verstehen muss, ehe man den Raum angemessen gestalten kann. Ich meine, wenn ich die Struktur eines Gebäudes nicht verstehen würde, wäre das, wie wenn ein Koch nicht versteht, in welcher Reihenfolge er die Zutaten mischen muss, um ein Soufflé zuzubereiten. Außerdem arbeite ich auch oft direkt mit den Bauunternehmern zusammen und bin an der Planung eines Projekts von der Grundsteinlegung bis zum Einzug meiner Kunden beteiligt – und auch den meistens ziemlich feudalen Einweihungspartys.«
    Im Kopf ging Apollo rasch die ganzen seltsamen Worte ihrer Antwort durch, konzentrierte sich aber absichtlich auf das, was ihm vertraut war. Anscheinend ging es in Pamelas Job vor allem darum, die Wohnstätten ihrer Mitmenschen zu gestalten. Vielleicht war das so ähnlich wie bei Zeus’ Schwester, Hestia, der Göttin des Herdes. Antike Sterbliche riefen Hestias Unterstützung an, wenn sie sich ein neues Heim bauten, und in vielen Dörfern hüteten die Frauen eine ewige Flamme, die ihr als Symbol ihres Wunsches nach Sicherheit und Harmonie im Haushalt gewidmet war.
    »Sie sorgen also dafür, dass man es zu Hause gemütlich hat«, meinte er nachdenklich. »Das ist bestimmt eine sehr erfüllende Aufgabe.«
    Pamela grinste. »Na ja, ich versuche es zumindest, und ich bin sehr glücklich darüber, dass ich eine eigene Firma habe. Ich verwirkliche gern meine eigenen Ideen.« Ihr Lächeln verblasste, und sie wurde ernst. »Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es besser ist, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, als ständig zu versuchen, die Erwartungen von anderen zu erfüllen.«
    Apollo nickte bedächtig und dachte daran, dass er in letzter Zeit auch zunehmend unzufrieden mit der Rolle gewesen war, die ihm seit Jahrtausenden auferlegt war. Anscheinend sah man ihn immer nur als den großen Gott des Lichts, und sein wahres Wesen interessierte niemanden. Er blickte Pamela in die Augen und überraschte sich selbst damit, als er seinen Gedanken laut aussprach.
    »Ich beneide Sie um Ihre Unabhängigkeit. Ich weiß, wie es ist, wenn man sich von den Erwartungen anderer eingeschränkt und kontrolliert fühlt.«
    »Man hat das Gefühl zu ersticken«, sagte Pamela leise.
    »Genau«, bestätigte Apollo.
    Angenehm überrascht darüber, dass es so leicht gewesen war, Gemeinsamkeiten zu finden, musterten sie einander, und nippten ihren Wein.
    Dann kehrte Pamelas Lächeln zurück. »Na ja, obwohl ich meine eigene Firma habe, bin ich natürlich nicht bei jedem Auftrag völlig unabhängig. Manchmal habe ich ziemlich genaue Vorgaben. Zum Beispiel bei dem Job, wegen dem ich nach Las Vegas gekommen bin – da hat mein Auftraggeber sehr ausgeprägte eigene Vorstellungen.«
    »Dann leben Sie also nicht hier im Forum?«
    »Sie meinen, ich wohne nicht in Las Vegas?«, korrigierte sie ihn mechanisch. »Nein, ganz und gar nicht. Ich bin zum ersten Mal hier. Ich komme aus Colorado.« Mit ironischem Blick sah sie zu dem Brunnen hinüber und schüttelte den Kopf. »Manitou Springs ist so ziemlich das Gegenteil von Las Vegas. Und Sie? Ich erkenne Ihren Akzent nicht, aber Sie sind offensichtlich auch nicht von hier.«
    Apollo wünschte sich, er hätte sich besser auf solch einfache Fragen vorbereitet – wer er war und woher er kam. Um seine Verlegenheit zu überspielen, trank er einen Schluck Wein und machte sich auf die Schnelle eine möglichst einleuchtende Antwort

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