Göttin des Lichts
dass sie davon wusste, nackt zu sehen.
»Pamela«, flüsterte er, und ganz langsam erwachte sie, dem gleichen inneren Befehl gehorchend, demzufolge sie vorhin eingeschlafen war.
»Oh!«, sagte sie, setzte sich auf und schaute sich um. »Was ist passiert? Mein Knöchel!« Sie beugte sich vor, hielt aber abrupt inne und betrachtete mit gerunzelter Stirn ihr Bein. »Aber ich dachte, der Knöchel wäre gebrochen. Ich hätte schwören können, dass er schon anfing zu schwellen. Jetzt sieht er fast normal aus.« Prüfend beugte sie den Knöchel und ließ den Fuß dann kreisen. »Und fühlt sich auch so an.«
»Du musstest dich nur ein bisschen ausruhen. Es war lediglich eine Zerrung, weiter nichts.« Apollo reichte ihr ein Handtuch, und sie begann, sich gedankenverloren das Gesicht abzutrocknen.
»Ich komme mir ein bisschen dumm vor. Ich meine, du hast mich hier raufgetragen. Im Regen.«
»Ich bin Arzt. Heilen ist mein Beruf.«
Sie sah zu ihm auf. Er war ebenfalls durchnässt, sein Hemd klebte wie flüssige Seide an seinen gut ausgebildeten Brustmuskeln, und seine Haare ringelten sich in feuchten Locken um die Stirn. Und diese Augen! Der Song von Faith Hill beschrieb sie perfekt: unmöglich … unaufhaltsam … undenkbar … unsinkbar …
»Tja, wie gut, dass du in der Nähe warst.« Es kostete sie einige Anstrengung, den Blick von ihm loszureißen, und sie begann, sich mit wesentlich mehr Engagement die Haare trockenzurubbeln, als nötig gewesen wäre.
Apollo beobachtete sie. Sie war zerzaust und nass, ihre Haare klebten am Kopf, ihre Kleider waren feucht. Ihr verbliebener Schuh hatte auf die elfenbeinweiße Decke abgefärbt. Auf einmal machte sein Herz einen Satz. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte eine Frau, ganz gleich, ob sterblich oder göttlich, eine solche Anziehung auf ihn ausgeübt.
»Ich sollte lieber gehen«, sagte er abrupt.
Pamela lugte unter ihrem Handtuch hervor. »Oh?« Sie sah auf ihre Armbanduhr, die ebenfalls einige Nässe abbekommen hatte, zum Glück aber wasserdicht war. Es war vier Uhr morgens! »Ich hab nicht gewusst, dass es so spät ist!« Sie rief sich ins Gedächtnis, dass er ein Fremder war, und obgleich es ihr äußerst unwahrscheinlich erschien, dass er ein Vergewaltiger oder Serienkiller war – vor allem, wenn man bedachte, dass er sie »gerettet« hatte –, befand er sich dennoch mitten in der Nacht allein mit ihr im Zimmer. Die Situation hatte das Zeug für ein Film-Highlight der Woche, und solche Geschichten gingen nie gut aus.
»Ja, es ist spät.« Er wollte nicht gehen, aber gerade deshalb sagte ihm sein Gewissen in aller Deutlichkeit, dass er gehen musste.
»Ich vermute, dass deine Schwester sich schon fragt, was mit dir passiert ist.«
Apollo wurde blass. »Du hast ja keine Ahnung.«
»Ich glaube doch«, meinte Pamela und grinste über sein kleinlautes Gesicht. »Mein Bruder würde schon im Zimmer auf und ab marschieren und sich genau ausmalen, wie er mich anbrüllt, weil ich so lange weg war und ihm Sorgen gemacht habe.«
Sein Mund zuckte. »Ja, sie wird garantiert wissen wollen, was mich so lange aufgehalten hat.«
»Und was willst du ihr sagen?«, fragte sie.
»Ich will ihr sagen, dass ich von einem unerwarteten Zwischenfall aufgehalten wurde.« Er ging auf sie zu und kniete sich neben ihr Bett. Dann berührte er behutsam ihren Knöchel, streichelte ihn, ließ seine Finger ein Stück weit ihre Wade hinaufwandern und spürte, wie sie kurz die Luft anhielt. »Ein sehr hübscher unerwarteter Zwischenfall.«
Sie konnte kaum atmen, wenn er sie so ansah und berührte. Sie wollte ihn bitten, nicht zu gehen, sondern die Nacht mit ihr zu verbringen … Auf einmal zog sich ihr Magen zusammen. Es war nicht gut, dass sie ihn so sehr begehrte und so ungeduldig war, sie kannte ihn doch kaum. Er war weiter nichts als ein attraktiver, begehrenswerter, wundervoller Fremder …
Apollo beobachtete das Wechselbad der Gefühle, das sich auf ihrem Gesicht abzeichnete. Dass sie ihn begehrte, war unverkennbar, er erkannte das sanfte Verlangen in ihren Augen. Er konnte sie haben – er brauchte sie nur in die Arme zu schließen und die begonnene Verführung zu Ende zu bringen. Deswegen war er im Grunde ja hier, genau das erwartete Artemis von ihm, er selbst hatte es so geplant. Pamela hatte nicht gesagt, dass sie von ihm geliebt werden wollte, als sie ihren Herzenswunsch ausgesprochen und die Beschwörung vollständig gemacht hatte, aber das Bedürfnis danach war ihren
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