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Goettin in Gummistiefeln

Goettin in Gummistiefeln

Titel: Goettin in Gummistiefeln Kostenlos Bücher Online Lesen
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Vögelchen.
    »Meine Liebe«, sagt sie schließlich, »ich weiß nicht, wo Sie waren oder was Sie gemacht haben. Aber was immer es war, Sie haben sich verändert.«
    »Ich weiß, meine Haare ...« Mrs. Farley schüttelt den Kopf.
    »Ich habe Sie immer gesehen, wie Sie aus Ihrer Wohnung rein und raus gehuscht sind. Sie haben immer so müde ausgesehen. So fertig. Und ich dachte immer, sie sieht aus wie ... wie die leere Hülle eines Menschen. Wie ein vertrocknetes Blatt. Eine Hülse.«
    Ein vertrocknetes Blatt? Eine Hülse? Ich bin empört.
    »Aber jetzt - jetzt sind Sie erblüht! Aus der Raupe ist ein Schmetterling geworden! Sie sehen gesünder aus, fitter .... Sie sehen glücklich aus ...« Sie stellt ihren Becher ab und beugt sich erneut vor. »Was immer Sie auch gemacht haben, Liebes, es ist Ihnen wundervoll bekommen.«
    »Oh. Danke sehr.« Ich lächle verlegen. »Naja, ich fühle mich auch anders. Viel entspannter.« Ich nippe an meinem Kaffee und lehne mich nachdenklich im Sessel zurück. »Ich denke, ich genieße das Leben jetzt ein bisschen mehr, als früher ... ich sehe mehr, höre mehr ...
    »Sie haben nicht gehört, dass Ihr Telefon zu klingeln angefangen hat«, unterbricht mich Mrs. Farley milde und weist mit einem Nicken auf meine Hosentasche.
    »Ach!« Überrascht krame ich mein Handy hervor. »Entschuldigen Sie, da muss ich leider rangehen.«
    Ich mache die Klappe auf und sofort tönt mir Kettermans Stimme entgegen.
    »Samantha.«
    Geschlagene drei Stunden verbringe ich in den Büros von Carter Spink und spreche nacheinander mit einem Vertreter der Anwaltskammer, zwei Seniorpartnern und einem Abgesandten der Third Union Bank. Ich fühle mich wie ausgepumpt. Ständig immer wieder dasselbe sagen zu müssen, während dein Gegenüber keine Miene verzieht. Und von den Leuchtstoffröhren im Büro kriege ich Kopfschmerzen. Ich hatte ganz vergessen, wie trocken die Luft, wie erstickend die Atmosphäre hier ist.
    Ich habe immer noch keine Ahnung, was eigentlich vorgeht.
    Rechtsanwälte sind so verflucht diskret. Ich weiß, dass jemand bei Arnold war, ihn zu Hause aufgesucht hat, aber das ist schon alles. Ich weiß auch, dass ich Recht habe, auch wenn es niemand zugibt. Was mich betrifft, bin ich von jedem Vorwurf entlastet.
    Nach dem letzten Gespräch/Verhör hat man mir eine Platte mit Brötchen, eine Flasche Mineralwasser und einen Muffin reingebracht. Ich stehe auf, strecke mich und trete ans Fenster. Ich komme mir hier wie eingesperrt vor. Plötzlich klopft es an der Tür, und Ketterman tritt ein.
    »Bin ich denn noch immer nicht fertig?«, frage ich. »Ich bin jetzt schon Stunden hier.«
    »Wir brauchen Sie vielleicht noch.« Er weist auf die Brötchen. »Essen Sie etwas.«
    Ich halte es nicht länger in diesem Zimmer aus. Ich muss mir wenigstens kurz die Beine vertreten.
    »Erst will ich mich ein bisschen frisch machen«, sage ich und drücke mich an ihm vorbei, bevor er etwas einwenden kann.
    Als ich die Damentoilette betrete, erstirbt sogleich jedes Gespräch der dort Anwesenden. Ich verschwinde in einer Kabine. Draußen wird aufgeregt getuschelt und geflüstert. Als ich die Kabine verlasse, sehe ich, dass keine Einzige gegangen ist. Sämtliche Blicke sind auf mich gerichtet wie eine Reihe von Scheinwerfern.
    »Dann sind Sie jetzt also wieder bei uns, Samantha?«, fragt eine Juniorpartnerin namens Lucy.
    »Eigentlich nicht.« Verlegen trete ich ans Waschbecken.
    »Sie sehen so anders aus«, bemerkt ein anderes Mädchen.
    »Ihre Arme!«, sagt Lucy, während ich mir die Hände wasche. »So braun gebrannt und so ... so muskulös. Waren Sie in einem Fitnessstudio oder in einem Wellnesscenter?«
    »Ah ... nö.« Ich lächle geheimnisvoll. »Aber trotzdem danke. Und - wie war‘s bei euch?«
    »Gut. Prima.« Lucy nickt ein paar Mal. »Echt viel zu tun. Habe letzte Woche Sechsundsechzig Stunden abgerechnet, darunter zwei ganze Nächte.«
    »Bei mir waren‘s drei«, wirft ein anderes Mädchen dazwischen. Sie sagt es beiläufig, aber ich sehe trotzdem, wie stolz sie ist. Und ich sehe die dunklen Ringe unter ihren Augen. Habe ich auch immer so ausgesehen? So blass, so angespannt, so erschöpft?
    »Toll!«, sage ich höflich und trockne mir die Hände ab. »Also, ich muss dann wieder. Bis dann.«
    Ich verlasse die Toilette und mache mich, ganz in Gedanken versunken, auf den Weg zurück ins »Verhörzimmer«. Plötzlich reißt mich eine Stimme ins Hier und Jetzt zurück.
    »Großer Gott - Samantha?«
    »Guy?« Ich

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