Goettin in Gummistiefeln
soll ...«
»Ich war eine Weile weg.« Ich lächle. »Tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht Bescheid gesagt habe, aber es kam auch für mich ganz unerwartet.«
»Ach so.« Mrs. Farleys Augen huschen über mich hinweg, meine neu erblondeten Haare, mein Gesicht, an mir vorbei in die Wohnung, als wäre sie auf der Suche nach Hinweisen.
»Danke, dass Sie meine Pakete angenommen haben.« Ich strecke die Hände aus. »Soll ich ...«
»Ach ja! Ja, sicher.« Brennend vor Neugier, reicht sie mir ein paar gefutterte Versandtaschen und einen Pappkarton. »Nun ja, bei Ihrer Art von Beruf muss man wohl damit rechnen, jederzeit auf Geschäftsreise geschickt zu werden ...«
»Ich war nicht auf Geschäftsreise.« Ich stelle die Pakete ab. »Nochmals vielen Dank.«
»Ach, nicht der Rede wert! Ich weiß ja, wie das ist, wenn man ... familiäre Probleme hat«, rät sie.
»Ich habe keine familiären Probleme«, antworte ich höflich.
»Aber natürlich nicht!« Sie räuspert sich. »Nun ja. Jetzt sind Sie ja wieder da. Von ... woher auch immer.«
»Mrs. Farley.« Ich versuche, eine ernste Miene zu bewahren. »Möchten Sie vielleicht wissen, wo ich gewesen bin?«
Mrs. Farley zuckt schockiert zurück. »Meine Güte, nein! Das geht mich doch überhaupt nichts an! Es würde mir nicht im Traum einfallen ... Ich muss jetzt... ja.« Sie weicht zurück.
»Nochmals danke!«, rufe ich ihr nach, bevor sie in ihrer Wohnung verschwindet.
Als ich die Tür zumache, fängt das Telefon an zu klingeln. Ich nehme ab und frage mich dabei unwillkürlich, wie viele Leute wohl in den letzten Wochen versucht haben müssen, mich unter dieser Nummer zu erreichen. Der Anrufbeantworter ist jedenfalls gerammelt voll, aber ich habe das Abhören nach den ersten drei Anrufen aufgegeben, die alle von Mutter waren, einer wütender als der andere.
»Hallo?«
»Samantha«, kommt es sachlich durch die Leitung. »John Ketterman.«
»Ach.« Jetzt werde ich doch nervös. »Hi.«
»Ich möchte Sie bitten, sich heute zu unserer Verfügung zu halten. Es könnte nötig sein, dass Sie mit ein paar Leuten sprechen.«
»Mit welchen Leuten?«
Kleine Pause, dann sagt Ketterman: »Ermittlungsbeamten.«
O mein Gott. O mein Gott. Am liebsten hätte ich die Faust in die Luft gereckt oder geheult oder sonst was. Aber irgendwie gelingt es mir, ganz ruhig zu bleiben.
»Dann sind Sie also auf etwas gestoßen?«
»Ich kann im Moment noch nichts sagen.« Ketterman klingt so kühl und distanziert wie immer. »Ich wollte mich nur versichern, dass Sie uns gegebenenfalls zur Verfügung stehen.«
»Selbstverständlich. Und wo?«
»Wir würden Sie dann bitten, zu Carter Spink zu kommen«, sagt er ohne den kleinsten Hauch von Ironie.
Ich schaue den Hörer an und hätte am liebsten gelacht. Wären das dann dieselben Büroräume, aus denen ich gestern rausgeworfen wurde?, liegt es mir auf der Zunge. Das Gebäude, für das ich Hausverbot bekommen habe?
»Ich werde Sie auf Ihrem Handy anrufen«, fügt Ketterman hinzu. »Es könnte jedoch noch etwas dauern.«
»Gut, ich halte mich bereit.« Ich hole tief Luft. »Aber bitte, verraten Sie mir eins: Ich weiß, Sie dürfen nicht in die Einzelheiten gehen, aber ... liege ich mit meiner Theorie richtig?«
Stille in der Leitung. Ich wage kaum zu atmen.
»Nicht in jeder Hinsicht«, räumt Ketterman schließlich ein, und ein wilder Triumph durchzuckt mich. Das bedeutet, dass ich zumindest teilweise richtig lag.
Er hat aufgelegt. Ich lege ebenfalls auf. Mein Blick fällt in den Spiegel, und ich sehe, dass meine Wangen gerötet sind und meine Augen leuchten. Ich hatte Recht. Und sie wissen es.
Die werden mir meinen alten Posten wieder anbieten, schießt es mir plötzlich durch den Kopf. Oder mich gar zum Seniorpartner machen. Ich bin ganz aufgeregt bei dem Gedanken - gleichzeitig aber auch eigenartig verstört.
Nun, dazu kommen wir, wenn es so weit ist.
Total aufgewühlt gehe ich in die Küche zurück. Ich kann kaum still stehen. Was zum Teufel soll ich in den nächsten Stunden machen? Ich gieße heißes Wasser über meinen Teebeutel und rühre einen Moment lang gedankenversunken um. Doch, ich hätte da eine Idee.
Es dauert keine halbe Stunde, um alles Nötige zu besorgen: Butter, Eier, Mehl, Vanillestangen, Zuckerglasur. Backformen. Einen Mixer. Eine Küchenwaage. Eigentlich alles. Kaum zu lassen, wie schlecht ich ausgerüstet war. Wie zum Teufel habe ich in dieser Küche je eine Mahlzeit zustande gebracht?
Ach ja, habe ich ja gar
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