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Goettin in Gummistiefeln

Goettin in Gummistiefeln

Titel: Goettin in Gummistiefeln Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht.
    Da auch keine Schürze vorhanden ist, binde ich mir kurzerhand ein altes T-Shirt um. Eine Rührschüssel habe ich auch nicht, doch ich improvisiere mit einem Plastikbassin, das zu einer Aromatherapieausrüstung gehört, die ich irgendwann mal geschenkt bekommen habe.
    Nach einer Stunde fleißigen Wiegens, Rührens, Mixens und Backens stehe ich vor einem fertigen Kuchen. Dreistöckig. Vanillebiskuitteigböden, dazwischen Buttercreme, außen Zitronenglasur und als Verzierung bunte Zuckerröschen.
    Voller Stolz begutachte ich mein Werk. Das ist mein fünfter Kuchen überhaupt und der erste dreistöckige, an den ich mich gewagt habe. Ich nehme das alte T-Shirt ab, überzeuge mich davon, dass ich mein Handy dabeihabe, nehme den Kuchen und gehe hinüber, um bei Mrs. Farley zu klingeln.
    Mrs. Farley ist vollkommen platt über mein unerwartetes Auftauchen.
    »Hi!«, sage ich fröhlich. »Ich habe was für Sie, als Dankeschön dafür, dass Sie immer meine Post annehmen.«
    »Ach!« Sie starrt den Kuchen erstaunt an. »Samantha! Der muss ja ein Vermögen gekostet haben!«
    »Der ist nicht gekauft«, verkünde ich mit kaum verhohlenem Stolz. »Den hab ich selbst gebacken.«
    Mrs. Farley sieht aus, als würde sie gleich tot umfallen.
    »Sie haben den gebacken?«
    »Mhm.« Ich strahle. »Soll ich ihn schon mal reinbringen und einen Kaffee machen?«
    Mrs. Farley scheint nicht in der Lage zu sein, darauf zu antworten, also schlüpfe ich an ihr vorbei in ihre Wohnung. Ich merke zu meiner Schande, dass ich noch nie hier drin war. In den ganzen drei Jahren, seit wir uns kennen, habe ich kein einziges Mal den Fuß über ihre Schwelle gesetzt. Die Wohnung ist blitzblank, voller kleiner Tischchen und Nippes. Auf dem Sofatisch steht ein Potpourri aus Rosenblüten.
    »Setzen Sie sich ruhig«, sage ich zu der alten Dame. »Ich finde mich schon in der Küche zurecht.« Mrs. Farley lässt sich wie betäubt in einen Ohrensessel sinken.
    »Bitte«, stößt sie schwach hervor. »Machen Sie nichts kaputt.«
    »Aber ich werde doch nichts kaputtmachen! Möchten Sie die Milch aufgeschäumt? Mit einer Prise Kakao, vielleicht?«
    Zehn Minuten später tauche ich mit zwei Bechern Kaffee und dem Kuchen aus der Küche auf.
    »Hier, bitte.« Ich schneide Mrs. Farley ein Stück ab. »Probieren Sie mal.«
    Mrs. Farley nimmt den Teller und starrt ihn einen Moment lang wie betäubt an.
    »Sie haben den gebacken«, stößt sie langsam hervor.
    »Ja!«
    Mrs. Farley führt die Kuchengabel zum Mund, doch dann zögert sie sichtlich nervös.
    »Keine Angst!«, sage ich und nehme selbst eine Gabel voll. »Sehen Sie? Ganz ungefährlich! Ich kann kochen, glauben Sie mir!«
    Mrs. Farley nimmt einen vorsichtigen Bissen. Sie kaut, dann schaut sie mich verblüfft an. »Das ... das schmeckt ja wunderbar! So leicht! Sie haben das wirklich selbst gebacken?«
    »Man muss das Eiweiß separat schlagen«, erkläre ich. »Das macht den Biskuit besonders locker. Ich kann Ihnen gerne das Rezept geben. Bitte, Ihr Kaffee.« Ich reiche ihr den Becher. »Ich habe Ihren elektrischen Mixstab zum Aufschäumen der Milch genommen, ich hoffe, Sie haben nichts dagegen. Das geht prima, wenn die Milch die richtige Temperatur hat.«
    Mrs. Farley schaut mich an, als würde ich chinesisch reden.
    »Samantha«, stößt sie schließlich hervor. »Wo sind Sie die letzten paar Wochen gewesen?«
    »Ich war ... woanders.« Mein Blick fällt auf einen Staubwedel und eine Dose Möbelpolitur, die auf einem Beistelltischchen liegen. Sie muss gerade beim Staubwischen gewesen sein, als ich geklingelt habe. »Also, diese Staubwedel sind nicht gut«, bemerke ich höflich. »Da kann ich Ihnen was Besseres empfehlen.«
    Mrs. Farley stellt ihren Becher ab und beugt sich vor. Auf ihrer Stirn stehen Sorgenfalten. »Samantha, Sie haben sich doch nicht ... einer Art Sekte angeschlossen, oder?«
    »Nein!« Ich muss laut auflachen, ich kann nicht anders. »Ich habe ... einfach mal was anderes gemacht. Mehr Kaffee?«
    Ich eile in die Küche und schäume noch ein bisschen Milch auf. Als ich wieder ins Wohnzimmer komme, ist Mrs. Farley gerade bei ihrem zweiten Stück Kuchen.
    »Der schmeckt wirklich gut«, sagt sie mit vollem Mund. »Vielen Dank.«
    »Na ... Sie wissen schon.« Ich zucke verlegen mit den Achseln. »Als Dankeschön dafür, dass Sie sich immer so nett um mich gekümmert haben.«
    Mrs. Farley isst ihr Stück Kuchen auf, stellt den Teller ab und begutachtet mich dann mit schief gelegtem Kopf wie ein

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