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Goettin in Gummistiefeln

Goettin in Gummistiefeln

Titel: Goettin in Gummistiefeln Kostenlos Bücher Online Lesen
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blicke total überrascht auf und sehe ihn den Flur entlang auf mich zu eilen. Er sieht fit und braungebrannt aus, und sein Lächeln ist umwerfender denn je.
    Guy hätte ich nicht erwartet. Um ehrlich zu sein, ich fühle mich ein bisschen überrumpelt.
    »Schau dich bloß an!« Er packt mich bei den Schultern und mustert mein Gesicht. »Du siehst fantastisch aus.«
    »Ich dachte, du wärst in Hongkong.«
    »Bin heute Vormittag zurückgekommen. Man hat mich gerade über die Situation unterrichtet. Menschenskind, Samantha, das ist einfach unglaublich.« Er senkt die Stimme. »Nur du konntest auf so was kommen. Ausgerechnet Arnold, nicht zu fassen. Ich war vollkommen platt . Alle waren wir es. Jedenfalls die, die Bescheid wissen«, fügt er mit noch leiserer Stimme hinzu. »Natürlich darf im Moment noch nichts nach draußen.«
    »Ich weiß ja nicht mal, wie >die Situation< konkret aussieht«, entgegne ich ein wenig gekränkt. »Mir sagt ja keiner was.«
    »Naja, das kommt schon noch.« Guy greift in seine Tasche, holt seinen BlackBerry raus und späht auf den Bildschirm. »Du bist jetzt der Liebling der Kanzlei. Na, zumindest der Chefetage. Ich hab‘s immer gewusst.« Er blickt auf. »Ich wusste, dass du keinen Fehler gemacht hast.«
    Ich starre ihn wortlos an. Wie kann er so was behaupten?
    »Nein, das stimmt nicht«, sage ich, sobald ich meine Sprache wiedergefunden habe. »Das hast du nicht >immer gewusst<. Du hast sehr wohl gesagt, ich hätte Fehler gemacht. Du hast gesagt, ich sei >unzuverlässig<.«
    Ich spüre, dass diese alte Wunde, die Demütigungen noch nicht verheilt sind. Ich wende den Blick von ihm ab.
    »Was ich gesagt habe, ist, dass andere meinten, du hättest Fehler gemacht.« Guy unterbricht sich beim Tippen und blickt stirnrunzelnd auf. »Mensch, Samantha. Ich hab mich für dich eingesetzt. Ich war auf deiner Seite. Da kannst du jeden fragen!«
    Klaro. Deshalb wolltest du ja auch nicht, dass ich bei euch unterschlüpfe.
    Aber ich sage nichts mehr. Ich will das Ganze wirklich nicht noch mal aufwühlen. Das ist jetzt Vergangenheit.
    »Gut. Was immer du meinst.«
    Wir gehen zusammen den Flur entlang, Guy immer noch in seinen BlackBerry vertieft. Gott, der ist echt abhängig von dem Ding, denke ich leicht irritiert.
    »Also, wo zum Teufel hast du die ganze Zeit gesteckt?« Endlich hört er zu tippen auf. »Was hast du gemacht? Du arbeitest doch nicht wirklich als Bedienung, oder?«
    »Nein.« Ich kann mir ein Lächeln über seine Miene nicht ganz verkneifen. »Nein, ich habe einen Job.«
    »Wusste ich‘s doch, dass die da draußen ganz scharf auf dich sind.« Er nickt zufrieden. »Bei wem bist du jetzt?«
    »Och ... niemand, den du kennst«, sage ich ausweichend.
    »Aber du bist doch noch auf demselben Gebiet tätig, oder?« Er steckt seinen BlackBerry weg. »Dieselbe Arbeit?«
    Ich sehe mich plötzlich in meiner blauen Haushälterinnentracht, wie ich Trishs Badezimmerfliesen schrubbe.
    »Äh ... nö, eigentlich nicht.« Ich weiß nicht wie, aber es gelingt mir, ernst zu bleiben.
    Guy wirkt überrascht. »Aber du bist doch noch im Bankrecht tätig, oder? Sag bloß nicht, du hast total umgesattelt?« Er wirkt auf einmal wie elektrisiert. »Du bist doch wohl nicht etwa in die freie Wirtschaft abgewandert, oder?«
    »Ah ... so ungefähr. Also, ich muss dann wieder.« Ich öffne die Tür zum Besucherzimmer. »Bis später.«
    Ich esse meine Brötchen, ich trinke mein Mineralwasser. Eine halbe Stunde lang bleibe ich vollkommen ungestört. Ich komme mir vor, als hätte man mich in Quarantäne gesteckt, als hätte ich eine ansteckende Krankheit. Die hätten mir wenigstens ein paar Zeitschriften bringen können. Ich bin nämlich mittlerweile auf den Geschmack gekommen, was Klatschzeitschriften betrifft. Kein Wunder, bei Trishs Überangebot an diesen Dingen.
    Endlich klopft es wieder an der Tür, Ketterman tritt ein.
    »Samantha, wir möchten Sie gerne im Vorstandszimmer sehen.«
    Im Vorstandszimmer? Mich laust der Affe.
    Ich folge Ketterman durch den Flur, begleitet von Getuschel und Gewisper. Er öffnet die wuchtige Doppeltür zum Vorstandszimmer, und ich trete ein. Etwa die Hälfte aller Seniorpartner erwartet mich dort bereits. Es herrscht Stille, während Ketterman die Türen schließt. Ich werfe einen Blick auf Guy, der mir ein aufmunterndes Grinsen schenkt, aber nichts sagt.
    Soll ich vielleicht was sagen? Habe ich was verpasst? Ketterman ist zu den anderen getreten. Jetzt wendet er sich zu mir

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