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Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Titel: Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Angelini
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dieser Geruch. Es war ein ekelhafter und dennoch gruselig bekannter Geruch nach verbrannten Haaren und Ozon. Dann fiel Kate in sich zusammen wie eine Marionette, der man die Schnüre durchgeschnitten hatte. Instinktiv streckte Helen die Arme aus, um Kates Fall abzufangen, aber der Angreifer nutzte diese Gelegenheit, Helen von hinten einen Sack über den Kopf zu stülpen.
    Sie war zu geschockt, um zu schreien. Als sie von hinten gegen eine weiche Brust gezerrt wurde, erkannte sie, dass ihr Angreifer eine Frau war.
    Helen wusste längst, dass sie stark war – und nicht nur stark für ein Mädchen. Sie war stark wie ein Bär. Sie beugte die Knie und stemmte die Fersen in den Asphalt, um ihrer Möchtegernentführerin den Schock ihres Lebens zu versetzen. Mit gekrümmtem Rücken versuchte sie, den Klammergriff der Frau zu sprengen, musste aber zu ihrer Verblüffung feststellen, dass es ihr nicht gelang. Die geheimnisvolle Frau war genauso stark wie sie. Aber Helen hatte mehr zu verlieren.
    Die Sohlen ihrer Turnschuhe rissen vom Oberleder ab, als sie sich abdrückte. Sie machte einen Schritt nach vorn, dann noch einen. Ihre kaputten Schuhe blieben hinter ihr zurück, als sie die Frau Stück für Stück mit sich zerrte. Dann hörte Helen einen Aufprall, ein Schnaufen, und sie fiel vornüber, weil die Frau sie plötzlich losgelassen hatte.
    Helen zog an dem Sack aus schwarzem Samt, den sie über dem Kopf hatte, und hörte hinter sich eine schnelle Folge von Schlägen und keuchenden Schnaufern. Dann vernahm sie das Geräusch von Schritten, die sich eilig entfernten. Endlich konnte sie den Sack loswerden und wischte sich die Haare aus dem Gesicht.
    Lucas Delos stand über ihr, mit angespanntem Körper, den Blick in die Ferne auf etwas gerichtet, das Helen aus ihrer Position am Boden nicht sehen konnte.
    »Bist du verletzt?«, fragte er mit leiser, unsicherer Stimme und sah immer noch über ihren Kopf hinweg. Seine Lippe war blutig und sein Hemd zerrissen. Helen hatte gerade genug Zeit, ihm zu sagen, dass sie in Ordnung sei, bevor sie das Geflüster der schluchzenden Schwestern hörte.
    Er sah sie an, und als sich seine eisblauen Augen und ihre braunen trafen, durchzuckte es Helen wie ein Blitz. Sie sprang auf und nahm die geduckte Haltung einer Kämpferin ein. Das Flüstern steigerte sich zum Heulen, und Helen sah die gesenkten Köpfe und bebenden weißen Körper der drei Schwestern immer wieder in ihrem Augenwinkel auftauchen. Sie wich zurück, und es kostete sie ihre ganze Willenskraft, die Augen zuzukneifen. Ihre Wut war so heftig, dass es sich anfühlte, als hätten ihre Organe Feuer gefangen.
    »Bitte geh, Lucas«, flehte sie. »Du hast mir geholfen und dafür bin ich dir sehr dankbar. Aber ich will dich wirklich, wirklich umbringen.«
    Einen Moment war Stille, dann hörte Helen, wie Lucas Luft holte.
    »Für mich ist das auch nicht einfach«, sagte er mit halb erstickter Stimme.
    Von dort, wo er stand, kam ein kratzendes Geräusch. Dann ging ein Luftzug, und Helen wagte es, ihre Augen wieder zu öffnen. Er war weg und zum Glück waren die elenden Poltergeister mit ihm verschwunden.
    Helen hockte sich neben Kate und versuchte zu erkennen, ob sie irgendwo blutete. Merkwürdigerweise waren keine Schnitt- oder Schürfwunden oder Prellungen zu sehen. Kate atmete gleichmäßig, war aber immer noch bewusstlos. Helen riskierte es, sie hochzuheben, und hoffte nur, dass es kein Fehler war, sie zu bewegen. Sie legte Kate vorsichtig auf den Rücksitz ihres Wagens, und während sie um den Wagen herum zum Fahrersitz rannte, wählte sie die Handynummer ihres Vaters. Sie hatte gerade den Motor angelassen, als ihr Dad sich meldete.
    »Dad! Komm ins Krankenhaus«, stieß sie sofort hervor, als sie seine Stimme hörte.
    »Was ist passiert? Bist du …«, begann er panisch.
    »Nicht ich. Es ist Kate. Ich bin auf dem Weg in die Notaufnahme und ich kann nicht gleichzeitig fahren und telefonieren. Triff mich dort«, sagte sie, beendete das Gespräch und warf das Telefon auf den Beifahrersitz, ohne auf seine Antwort zu warten.
    Jetzt musste sie sich eine richtig gute Lüge ausdenken, und zwar schnell, denn das Krankenhaus war nur wenige Minuten entfernt.
    Als sie vor der Notaufnahme hielt, rief sie bei der Polizei an und sagte nur, dass ihre Freundin angegriffen worden war unddass sie jetzt im Krankenhaus waren. Dann stand sie einen Moment unschlüssig in der Einfahrt, weil sie nicht wusste, wie sie Kate in die Notaufnahme bringen sollte.

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