Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt
presste. Seine Brust erweiterte sich zu einer fast normalen Form, dann ließ Lucas die Luft wieder ausströmen und keuchte. Eine Träne rann ihm aus dem Augenwinkel in die Haare.
Sein Vater munterte ihn weiter auf, stieg anschließend mühelos aus dem Loch und besprach das weitere Vorgehen mit Hector. Nach einigen Augenblicken, die er brauchte, um wieder normal zu atmen, rollte Lucas den Kopf zur Seite, damit er Helen ansehen konnte.
»Ich glaube, das Schlimmste ist überstanden«, sagte er und drückte ihre Hand. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie sich an den Händen hielten, aber es fühlte sich richtig an. Sie drückte sanft zurück und lächelte. Er sah grauenvoll aus. Viel schlimmer, als Helen befürchtet hatte.
»Ein Kinderspiel«, sagte sie locker, in dem Bemühen, ihn abzulenken. »Was machst du nächsten Freitag?«
»An was hattest du gedacht?«
»Wir könnten uns gegenseitig mit dem Auto überfahren«, schlug sie fröhlich vor.
»Das hab ich letztes Wochenende schon mit Jase gemacht«, sagte er mit gespieltem Bedauern.
»Dann gehen wir in den Zoo und werfen uns den Löwen zum Fraß vor?«, konterte sie hastig, damit er sich weiter auf sie konzentrierte und nicht auf seine eingedrückte Brust.
»Ach, das haben die Römer schon so abgenutzt. Weißt du nichts Originelleres?«
»Ich werde mir was überlegen«, warnte sie ihn.
»Kann es kaum erwarten«, hauchte er und wandte den Kopf ab, weil ihn eine weitere Schmerzattacke überfiel.
»Hey! Hilfe, bitte!«, brüllte Helen, deren Stimme in ein Kreischen überging, als sie sah, wie Lucas zitterte. »Lucas geht’s nicht so gut!«
»Nein, es geht ihm wirklich nicht so gut «, sagte auf einmal Cassandra mit verbitterter Stimme. Helen hatte gar nicht gemerkt, dass jemand bei ihnen im Loch gewesen war, als sie Händchen gehalten und Witze gerissen hatten, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass Cassandra nicht gefiel, was sie gesehen hatte.
»Lass die Bretter herunter, wir können sie jetzt bewegen«, rief Cassandra zu ihrem Vater hinauf, als hätte sie das Kommando übernommen.
Helen machte vor lauter Staunen große Augen. Dass eineVierzehnjährige so mit ihrem Vater sprach und dieser auch noch gehorchte, war verblüffend, aber die Bretter wurden tatsächlich ohne jeden Kommentar zu ihnen abgeseilt. Jason und Ariadne legten Helen und Lucas vorsichtig auf die langen Planken und sagten ihnen, dass sie stillhalten sollten. Die Zwillinge fuhren mit ihren leuchtenden Händen über Lucas’ Körper, und Helen beobachtete, wie er die Zähne zusammenbiss, als sie seine Heilung beschleunigten. Gerade, als es so aussah, als würde Lucas jeden Moment losschreien, hörten die Zwillinge auf, sahen einander wortlos an und nickten erschöpft. Sie hatten so viel Gesichtsfarbe verloren, dass ihre Wangen ganz grau waren, aber sie wirkten dennoch merkwürdig glücklich. Helen versuchte, ihnen zu danken, aber Ariadne drückte ihr sanft einen Finger auf die Lippen und befahl, ihre Kräfte zu sparen.
Helen und Lucas wurden liegend aus dem Krater gehoben und nebeneinander in denselben riesenhaften Geländewagen gelegt, der Helen zu so boshaften Gedanken inspiriert hatte. Aber jetzt, wo er ihr als Krankenwagen diente, schwor sie sich, nie wieder über riesige Fahrzeuge zu lästern.
Castor saß am Steuer und konnte es nicht erwarten, endlich loszufahren. Je länger sie am Strand blieben, desto höher stieg die Sonne, und desto größer wurde die Gefahr, dass sie jemand sah. Cassandra saß mit ihnen im Auto, aber Jason, Ariadne und Hector blieben zurück, um den Krater zuzuschaufeln und den Strand wieder in seinen Normalzustand zu versetzen.
»Können wir nicht einfach einen Steinbrocken in die Mitte werfen und behaupten, dass es ein Asteroid war?«, hörte Helen Hector erschöpft fragen.
»Meinst du, das könnte klappen?«, fragte Jason in der Hoffnung, eine Stunde früher ins Bett zu kommen.
»Nein«, sagte Cassandra entschieden. »Dieser Teil der Insel ist Naturschutzgebiet. Hier wimmeln überall Wissenschaftler herum. Die würden sofort merken, dass der Stein nicht aus dem Weltraum stammt.«
Jason und Hector stießen einen Seufzer aus und machten sich sofort an die Arbeit. Erneut hatte Cassandras Meinung den Ausschlag gegeben. Bisher hatte Helen immer vermutet, dass Lucas der Anführer aller Geschwister war und sein Vater Castor das Oberhaupt der ganzen Familie, aber mittlerweile hatte sie den Eindruck, dass es in der Familie Delos eine ganz andere, weniger
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